Zusammenfassung

Bestimmte wirtschaftlich wichtige Verträge bedürfen nach deutschem Recht der notariellen Beurkundung, insbesondere Verträge über die Übertragung von GmbH-Anteilen und Immobilien. Wenn solche Verträge nachträglich geändert werden, stellt sich die Frage, ob die Änderungen erneut notariell zu beurkunden sind oder nicht. Typische Juristenantwort: Es kommt darauf an. Wir geben hier einen Überblick.

Beurkundungspflicht von Verträgen

Das deutsche Recht schreibt für verschiedene Verträge von besonderer Relevanz vor, dass sie notariell beurkundet werden müssen. Ein (deutscher oder als vergleichbar anerkannter) Notar muss solche Verträge in Anwesenheit der Unterzeichner vorlesen und in diesem Rahmen über besondere Risiken aufklären. Das gilt beispielsweise für die schuldrechtliche Verpflichtung zur Übertragung (§ 15 Abs. 4 GmbHG) und die dingliche Abtretung (§ 15 Abs. 3 GmbHG) von GmbH-Geschäftsanteilen und damit für die meisten Unternehmenskäufe. Auch beim Immobilienkauf ist sowohl der Kaufvertrag (§ 311b Abs. 1 S. 1 BGB) als auch die Einigung über die Eigentumsübertragung (Auflassung, § 925 Abs. 1 S. 1 BGB) notariell zu beurkunden (Immobilienkaufvertrag). Dasselbe gilt für Erb- und Eheverträge (§ 2276 Abs. 1 S. 1 BGB, § 1410 BGB). Wird ein solches Rechtsgeschäft nicht notariell beurkundet, ist es nichtig (§ 125 BGB).

GmbH-Anteilskaufvertrag

Ob die Änderung eines GmbH-Anteilskaufvertrags notariell beurkundet werden muss, hängt davon ab, ob der GmbH-Anteilskaufvertrag bereits vollzogen ist oder nicht, d.h. ob die vertragsgegenständlichen Geschäftsanteile bereits auf den Erwerber übergegangen sind.

  1. Änderungen nach Beurkundung und vor Vollzug des GmbH-Anteilskaufvertrags

    Sofern die Parteien den beurkundeten GmbH-Anteilskaufvertrag vor Vollzug ändern möchten, hängt das Beurkundungserfordernis davon ab, ob die Änderung wesentlich ist oder nicht. Als wesentlich ist eine Änderung dann anzusehen, wenn sie essenzielle Bestandteile des GmbH-Anteilskaufvertrages betrifft. Dementsprechend sind alle Haupt- und Nebenabreden nach dem vom BGH vertretenen sog. Vollständigkeitsgrundsatz (BGH, Urteil v. 27.6.2001, VIII ZR 329/99, NJW 2002 S. 142) beurkundungspflichtig. Das gilt etwa für die Änderung des Kaufgegenstandes oder des Kaufpreises (BGH, Beschluss v. 9.11.1995, V ZR 36/95, NJW 1996 S. 453). Auch wesentliche Nebenabreden wie etwa eine Bedingung oder Befristung der Abtretung sind formbedürftig.

    Demgegenüber sind untergeordnete oder technische Nebenabreden der Abwicklung des Geschäfts z.B. über Zahlungsmodalitäten oder die Verpflichtung zur Genehmigung, des von einem Vertreter abgeschlossenen Kaufvertrags über einen GmbH-Geschäftsanteil, nicht beurkundungspflichtig (BGH, Urteil v. 25.9.1996, VIII ZR 172/95, NJW 1996 S. 3338). Nicht formbedürftig sind zudem reine Klarstellungen bzw. Abreden, die bloß in einem äußeren Zusammenhang mit der Veräußerung getroffen werden (BGH, Urteil v. 15.12.1975, II ZR 17/74, WM 1976 S. 204).

    Wenn eine Änderung der notariellen Beurkundung bedarf, aber nicht beurkundet wird, ist sie nichtig. Das führt – aufgrund der Vermutungsregelung des § 139 BGB – dazu, dass der gesamte Vertrag unwirksam ist, wenn nicht dargelegt werden kann, dass der Vertrag auch ohne die Änderung fortbestehen sollte. Um diese Rechtsunsicherheit zu vermeiden, empfiehlt sich, Vertragsänderungen notariell beurkunden zu lassen, sofern der zu ändernde Punkt nicht offensichtlich unwesentlich ist.

  2. Änderungen nach Vollzug des GmbH-Anteilkaufvertrags

    Anders ist die Situation, wenn bei einem GmbH-Anteilskaufvertrag die Anteile bereits wirksam auf den Käufer übergegangen sind. Dann bedürfen nachträgliche Änderungen des Vertrags nach einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung (BGH, Urteil v. 21.4.1959, VIII ZR 71/58, NJW 1959 S. 1433) keiner notarieller Beurkundung. Die Formbedürftigkeit von Änderungen eines GmbH-Anteilskaufvertrags endet somit in zeitlicher Hinsicht mit dem wirksamen Übergang der Anteile.

    Das leuchtet ein, wird die erfolgte Abtretung durch die Änderung des GmbH-Anteilskaufvertrags doch nicht mehr beeinflusst. Auch konnte der Notar die Parteien bereits im Rahmen der Beurkundung des GmbH-Anteilkaufvertrages ausreichend informieren und über die Vertragsrisiken aufklären. Der ursprüngliche Zweck des Beurkundungserfordernis, den Verkäufer von der spontanen Übertragung von Anteilen abzuhalten, wurde damit erfüllt.

    Nachträgliche Änderungen eines GmbH-Anteilskaufvertrags sind damit formfrei möglich, z.B. Änderungen von nachvertraglichen Pflichten oder Regelungen über den erfolgsabhängigen Anteil des Kaufpreises (sog. "Earn Out"). Auch wenn solche Änderungen wesentlich sind, z.B. den Kaufpreis betreffen, sind sie nicht beurkundungspflichtig.

Immobilienkaufverträge

Bei Immobilienkaufverträgen ist für die Frage, ob Änderungen notariell zu beurkunden sind, zwischen dem Zeitpunkt vor und nach der Auflassung zu unterscheiden. Die Auflassung ist dann erfolgt, wenn sich Veräußerer und Erwerber über den Eigentumswechsel einig sind un...

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