Leitsatz

Vorliegend kein sachlicher Grund für eine Änderung des Betriebskosten-Verteilerschlüssels von Miteigentumsanteilen auf qm-Fläche

 

Normenkette

§ 16 Abs. 3 WEG

 

Kommentar

  1. Nach dem missverständlichen Wortlaut des § 16 Abs. 3 WEG ist für eine Schlüsselumstellung nicht Voraussetzung, dass die Betriebskosten zunächst nach Verbrauch oder Verursachung erfasst werden, um sie anschließend umzustellen. Die Aufzählung in der Vorschrift bedeutet nur, dass die Gemeinschaft mehrere Beschlusskompetenzen besitzt; sie kann zunächst beschließen, Betriebskosten bzw. Verwaltungskosten nach Verbrauch oder Verursachung zu erfassen; ferner hat sie dann die Beschlusskompetenz, die Kosten nach einem anderen Maßstab zu verteilen; dies kann zunächst der Maßstab sein, den man aus der zuvor beschlossenen Erfassung ermittelt; es kann aber auch ein ganz anderer Maßstab sein.
  2. Nach § 16 Abs. 5 WEG kann auch durch einen solchen Mehrheitsbeschluss nach § 16 Abs. 3 WEG von einer Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung abgewichen werden; dies gilt auch dann, wenn keine Öffnungsklausel vereinbart wurde. Gerade für solche Fälle wurde § 16 Abs. 3 WEG durch die Reform des Gesetzes eingeführt.
  3. Eine Einschränkung dergestalt, dass § 16 Abs. 3 WEG nur die Abänderung von sinnlosen oder unklaren Kostenverteilungsschlüsseln der Teilungserklärung gestatte, ist auch mit § 16 Abs. 3 und Abs. 5 WEG nicht vereinbar (vgl. auch LG München, ZMR 2010 S. 66).
  4. Auch Argumente, dass ein Vertrauenstatbestand gesetzt worden sei, stehen einer Änderung nicht entgegen. Der Gesetzgeber wollte gerade eine zusätzliche Beschlusskompetenz auch für die Fälle einräumen, in denen Änderungen gerade nicht vorgesehen wurden. Eine Gemeinschaft hat insoweit einen grundsätzlichen Ermessensspielraum, ob sie einen bestimmten Abrechnungsschlüssel beschließen will oder nicht. Dabei sind die Grenzen des Ermessens anhand aller Umstände des Einzelfalls zu bestimmen.
  5. Grenze einer solchen Entscheidung nach § 16 Abs. 3 WEG ist allerdings das allgemeine Willkürverbot. Insoweit heißt es in der Gesetzesbegründung, dass sowohl für die Entscheidung des "Ob" einer Änderung der Kostenverteilung als auch für die des "Wie" ein sachlicher Grund gegeben sein muss, wie dies auch bei der Anwendung eines Öffnungsklauselbeschlusses der Fall ist. Damit dürfen Wohnungseigentümer also nicht willkürlich entscheiden (vgl. BT-Drucks. 16/887, S. 23, NZM 2006 S. 413).

    Insoweit ist zu berücksichtigen, dass eine höhere Kostengerechtigkeit allein i.d.R. für eine Änderung nicht ausreichend sein wird. Im vorliegenden Fall wurde ein sachlicher Grund allerdings vom Gericht für die Schlüsseländerung von Miteigentumsanteilen zu qm-Fläche verneint, da sich baulich wie auch nutzungsrechtlich in der Anlage bis heute (also 14 Jahre lang) nichts geändert hatte. Von Anfang an war den Beteiligten die Höhe ihres Miteigentumsanteils bekannt. Damit konnten sie auch erkennen, dass ein Kläger mit seinem Sondereigentum auch zusätzliche Nutzfläche im Souterrain besaß, ebenso weitergehende Raumsondernutzungsrechte. Damit konnten sie auch leicht erkennen, unter Berücksichtigung welcher Flächen die Miteigentumsanteile errechnet wurden. Die Einbeziehung von Nutzflächen im Souterrain in die Kostenverteilung würde auch im Übrigen nicht Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen. Nach § 2 Abs. 3 der Wohnflächenverordnung gehören auch Flächen von Zubehörräumen wie z.B. Kellerräumen und Heizungsräumen nicht zur Wohnfläche. Nicht dazu gehören ferner Räume, die nicht den an ihre Nutzung zu stellenden Anforderungen des Bauordnungsrechts der Länder genügen. Ferner hat der Gesetzgeber in § 4 der Wohnflächenverordnung bestimmt, wie die Grundflächen von Räumen, die grundsätzlich bei der Ermittlung der Wohnfläche mitzuberücksichtigen sind, dann angerechnet werden müssen. Bestimmte Räume werden damit nicht so wie "normale Wohnräume" genutzt. Zum Beispiel Räume mit einer nur lichtenHöhe von mindestens 1 m und weniger als 2 m sind nur mit ½ anzurechnen. Alles dies muss im vorliegenden Fall auch bei der Beurteilung eines Beschlusses nach Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung mitberücksichtigt werden. Es kann auch nicht Wohnfläche mit Nutzfläche völlig gleichgesetzt werden; dies entspräche nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Der Sondernutzung zugewiesene Räume wurden auch in die Verteilung miteinbezogen.

 

Link zur Entscheidung

AG Dortmund, Urteil v. 16.2.2010, 512 C 57/09

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