Leitsatz

Der Beschluss, eine Notarkanzlei mit dem Entwurf einer Änderung der Teilungserklärung zu beauftragen und die Kosten hierfür der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer aufzubürden, ist mangels Beschlusskompetenz nichtig.

 

Normenkette

WEG §§ 8, 21

 

Das Problem

Wohnungseigentümer W1 unterteilt sein Wohnungseigentum mit der ursprünglichen Bezeichnung S9 unter Anlegung von Grundbuchblättern (Nrn. 867 und 938), die nunmehr die Bezeichnungen S9 und W 10 tragen sollen. Andere Wohnungseigentümer wollen ihr Teil- in Wohnungseigentum umwidmen. Vor diesem Hintergrund beschließen die Wohnungseigentümer, einen Notar damit zu beauftragen, eine Änderung der Teilungserklärung zu entwerfen bzw. die bestehende Teilungserklärung zu überprüfen, wobei die voraussichtlichen Kosten von 3.000 EUR von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu tragen seien. Gegen diesen Beschluss wendet sich Wohnungseigentümer K. Er rügt die fehlende Beschlusskompetenz. Die Änderung der Teilungserklärung stelle keine Verwaltungsmaßnahme dar. Sie betreffe das Grundverhältnis der Wohnungseigentümer. Darüber hinaus bedürfe es einer Änderung der Teilungserklärung nicht. Die Klage hat Erfolg.

 

Die Entscheidung

  1. Den Wohnungseigentümern habe für den angefochtenen Beschluss eine Beschlusskompetenz gefehlt. Nach § 23 Abs. 1 WEG könnten Wohnungseigentümer in den Angelegenheiten Beschlüsse fassen, die durch Gesetz oder Vereinbarung der Wohnungseigentümer solches zuließen. Daraus folge, dass solche Gegenstände, die die Wohnungseigentümer zwar beträfen, aber nur durch eine Vereinbarung geregelt werden könnten, keiner Beschlussfassung unterworfen werden dürften. Angelegenheiten des Grundverhältnisses der Wohnungseigentümer seien damit der Beschlusskompetenz entzogen, weil diese nur durch das Gesetz und/oder durch Vereinbarung geregelt werden könnten.
  2. Zwar greife der Beschluss nicht in "die Gesetzes- bzw. Vereinbarungslage" und damit in das Grundverhältnis der Wohnungseigentümer ein. Er betreffe jedoch Maßnahmen zur Vorbereitung eines solchen Eingriffs, weil er auf die Abänderung der Teilungserklärung und damit der maßgeblichen Vereinbarung zur Regelung des Grundverhältnisses der Wohnungseigentümergemeinschaft ziele. Dies könne aber nur im Vereinbarungswege geschehen. Denn es entspreche allgemeinen Rechtsgrundsätzen, dass verbindliche Regelungen zur Vorbereitung von Maßnahmen, die einer bestimmten Form oder eines bestimmten Procederes bedürften, auch in der entsprechenden Form bzw. im entsprechenden Procedere erfolgen müssten. So bedürfe beispielsweise ein Vorvertrag zu einem Grundstücksübertragungsvertrag genauso der notariellen Form, wenn der Hauptvertrag notariell zu beurkunden sei. Dies gelte erst recht, wenn – wie hier – damit eine verbindliche Regelung zur Tragung der damit verbundenen Kosten gewollt sei.
  3. Dass im Vereinbarungswege vorzugehen sei, werde auch anhand folgender Erwägung deutlich: Die Wohnungseigentümer hätten lediglich einen Beschluss gefasst. Ließe man die Mehrheitsentscheidung zu – wofür sich im Gesetz keinerlei Anhalt finde –, so könnte auch die sachenrechtliche Zuordnung oder Definition des konkreten Wohnungseigentums gegen den Willen des Betroffenen geändert werden.
  4. Die Kostenregelung im angegriffenen Beschluss begegne darüber hinaus weiteren Bedenken. Denn die geplante Änderung der Teilungserklärung liege vordergründig im Interesse derjenigen Wohnungseigentümer, deren Wohnungseigentum aufgeteilt bzw. einer anderen Nutzung zugeführt worden sei bzw. werden solle. Deswegen bedürfe es weiterer rechtfertigender Gründe, die Kosten dafür den anderen, insoweit nicht Vorteile genießenden Miteigentümern ganz oder teilweise aufzuerlegen. Die Beklagten hätten weder etwas dargetan noch sei in sonstiger Weise ersichtlich, dass Gründe dafür sprechen würden, die anderen Wohnungseigentümer in die Kostenverantwortung für Entwürfe zur Abänderung der Teilungserklärung mit hineinzunehmen.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Soweit die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht durch Vereinbarung geregelt ist, können die Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 3 WEG eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung durch Stimmenmehrheit beschließen. Der Begriff "Verwaltung" umfasst zum einen die Verwaltungsentscheidungen. Dies sind Vereinbarungen im Sinne von § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG und Beschlüsse zur Verwaltung und zur Art und Weise des Gebrauchs. Zum anderen meint der Begriff die Verwaltungsmaßnahmen. Verwaltungsmaßnahmen sind sämtliche Maßnahmen, die in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht auf eine Änderung des bestehenden Zustands des gemeinschaftlichen Eigentums abzielen oder sich als Geschäftsführung oder als Vertretung in Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum gegenüber Dritten darstellen.
  2. Als "Verwaltungsbereiche" lassen sich die allgemeine Verwaltung mit Innenorganisation (Bürobetrieb, Buchführung), die Objektverwaltung, die Objektbewirtschaftung (sämtliche Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen), die organisatorisch...

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