Leitsatz

Geschiedene Eheleute stritten um den nachehelichen Unterhalt. Dabei ging es primär um die Frage, ob die Änderung einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Störungen vertraglicher Unterhaltsvereinbarungen führen kann, die nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage im Wege der Anpassung zu bereinigen sind.

 

Sachverhalt

Die Beteiligten hatten im Dezember 1993 eine Scheidungsfolgenvereinbarung abgeschlossen, im Rahmen derer sich der Kläger zur Zahlung nachehelichen Unterhalts verpflichtet hatte.

Er begehrte nunmehr Abänderung der Vereinbarung, nachdem er im Juli 2008 in den Ruhestand versetzt worden war. Im Übrigen berief er sich auf die Möglichkeit der Befristung nach § 1578b BGB.

Erstinstanzlich war seiner Abänderungsklage stattgegeben worden.

Die hiergegen von der Beklagten eingelegte Berufung blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Entgegen der Auffassung der Beklagten hielt das OLG einen Anspruch des Klägers auf Befristung für nicht verwirkt.

Der BGH habe in seiner Entscheidung vom 12.4.2006 die Rechtsprechung zur Befristung des nachehelichen Aufstockungsunterhalts grundlegend geändert und nicht mehr entscheidend auf die lange Dauer der Ehe, sondern vorgreiflich auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile abgestellt (vgl. BGH FamRZ 2006, 1006, 1007 f.).

Es sei allgemein anerkannt, dass die Änderung einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Störungen vertraglicher Unterhaltsvereinbarungen führen könne, die nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage im Wege der Anpassung zu bereinigen seien (vgl. nur BGH FamRZ 2010, 192 m.w.N.).

Ein Ausschluss der Abänderbarkeit eines Unterhaltsvergleichs wegen nachträglicher Änderung der gesetzlichen Grundlagen oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung bedürfe einer ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung, für die derjenige die Darlegungs- und Beweislast trage, der sich darauf berufe (vgl. BGH FamRZ 2010, 192).

Umstände für einen Ausschluss der Abänderbarkeit habe die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte weder dargetan, noch seien diese sonst ersichtlich. Vielmehr liege es nahe, dass jedenfalls nachträgliche gesetzliche Änderungen oder Änderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die sich unmittelbar auf den geschuldeten Unterhalt auswirkten, Berücksichtigung finden müssten.

Bei Abschluss der Scheidungsvereinbarung vom 14.12.1993 sei die spätere Änderung der höchstrichterlichen Rechsprechung zur Möglichkeit einer Befristung auch bei lang andauernder Ehe nicht absehbar gewesen. Die vereinbarte unbefristete Verpflichtung zur Zahlung von Aufstockungsunterhalt habe der damaligen Rechtspraxis entsprochen, wonach bei einer - wie hier - über 25-jährigen Dauer der Ehe eine Befristung nicht erörtert worden sei. Dass die Parteien eine spezielle Regelung zur Befristung hätten treffen wollen, lasse sich der Scheidungsfolgenvereinbarung nicht entnehmen.

Eine "Verwirkung" könne weder die über 15-jährige ordnungsgemäße Erfüllung des titulierten Unterhaltsanspruchs noch das prozessuale Verhalten des Klägers begründen. Der Gesetzgeber habe gemäß § 36 Nr. 1 EGZPO ausdrücklich die Abänderung von sog. Alttiteln zugelassen. Der Unterhaltsanspruch sei aufgrund der objektiv vorliegenden Kriterien gemäß § 1578b BGB wie in dem angefochtenen Urteil zunächst stufenweise herabzusetzen und sodann bis einschließlich 2010 zu befristen, da ein unbefristeter Unterhaltsanspruch nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig sei.

 

Link zur Entscheidung

OLG Köln, Beschluss vom 23.08.2010, II-4 UF 81/10

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