Leitsatz

  1. Gültiger Mehrheitsbeschluss zur Änderung des Kostenverteilungsschlüssels hinsichtlich einzelner Betriebskosten zulasten eines von Anfang an quotenbegünstigten Teileigentümers
  2. Höhere Abrechnungs- bzw. Kostengerechtigkeit kann eine Änderung des Verteilungsschlüssels von Miteigentumsanteilen auf Flächenverteilung hinsichtlich einzelner Betriebskosten im Einzelfall rechtfertigen
  3. Beschlussfassung nach § 16 Abs. 3 WEG steht im Rahmen des Selbstorganisationsrechts einer Gemeinschaft mit weitem Gestaltungsspielraum allein unter Einschränkung einer Willkürlichkeitskontrolle (Fortführung des Senatsurteils v. 1.4.2011, V ZR 162/10, NJW 2011 S. 2202)
 

Normenkette

§§ 10, 16 Abs. 3 WEG

 

Kommentar

  1. In einer Wohnungs- und Teileigentümergemeinschaft war die Größe der Miteigentumsanteile bei den Teileigentümern nach Teilungserklärung erheblich niedriger angesetzt als bei vergleichbar großen Wohnungen. Die bisherige Verteilung der Nutzungen, Lasten und Kosten entsprach hier nach Teilungserklärung der gesetzlichen Regelung nach § 16 Abs. 1 und 2 WEG.

    Zuletzt kam es zu einem Beschluss in der Gemeinschaft, die Kosten für Müllabfuhr, Straßenreinigung, Schneebeseitigungsmittel, Hausreinigung, Gartenpflege, Versicherungen, Schädlingsbekämpfung, Niederschlagswasser sowie Wartungskosten für Notstrom- und Brandsicherung in Zukunft nicht mehr nach Miteigentumsanteilen, sondern nach der Fläche der jeweiligen Sondereigentumseinheiten abzurechnen. Bei den Kosten für Aufzug, Hausbeleuchtung, Waschanlage, Haustelefon und Hauswart sollte es demgegenüber nach wie vor bei der Verteilung nach Miteigentumsanteilen verbleiben, bei den Heiz- und Wasserkosten nach Verbrauch.

    Der Revisionskläger als Eigentümer zweier Teileigentumseinheiten nutzte diese Räume (mit ebenfalls vereinbarter Gestattung teilgewerblicher Nutzung nach Teilungserklärung) derzeit als Abstellräume.

    In allen Instanzen wurde der Beschluss zur Änderung des Kostenverteilungsschlüssels als gültig erachtet.

  2. Bereits in der Senatsentscheidung vom 1.4.2011 (BGH, Urteil v. 1.4.2011, V ZR 162/10, NJW 2011 S. 2202) räumte der BGH Eigentümern bei einer Beschlussfassung zu Änderungen des Umlageschlüssels nach § 16 Abs. 3 WEG aufgrund des gemeinschaftlichen Selbstorganisationsrechts einen weiten Gestaltungsspielraum ein. Dabei müssten die Interessen der Gemeinschaft und der einzelnen Eigentümer angemessen berücksichtigt werden; eine Änderung dürfe auch nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung einzelner Eigentümer führen (BT-Drucks. 16/887 S. 23). Wenn in der Gesetzesbegründung zum hier normierten Begriff "ordnungsgemäße Verwaltung" vom Vorliegen eines sachlichen Grundes im Fall einer Schlüsseländerung gesprochen wird, soll dies nach Meinung des BGH nur soviel bedeuten, dass sowohl das "Ob" als auch das "Wie" der Änderung nicht willkürlich sein darf.
  3. Vorliegend ist bei einigen Betriebskostenpositionen die Änderung des § 16 Abs. 2 WEG in einen flächenabhängigen Verteilungsmaßstab nicht zu beanstanden, auch wenn sich hier für den Kläger die Kosten der erwähnten Positionen um über das Sechsfache gegenüber ursprünglichen Kostenbeiträgen erhöhen. Die bisherige Kostenverteilung hat den Kläger unbillig privilegiert, der neue Verteilungsschlüssel führt zu höherer Kostengerechtigkeit.

    Zu überprüfen waren auch die Auswirkungen bisheriger Verteilungsbestimmung nach der Größe der Miteigentumsanteile (vgl. bereits BayObLG, NJW-RR 1992 S. 342, 343). Nach Gesetz besteht zwar grundsätzlich zum Verhältnis zwischen Sondereigentumsfläche und Miteigentumsanteilen freie Bestimmung bei Begründung von Wohnungseigentum (vgl. Senat mit Entscheidung v. 18.6.1976, NJW 1976 S. 1976). Bei nicht sachgerechter Festlegung der Miteigentumsanteile kann dies allerdings zu unbilligen Ergebnissen führen. Vorliegend wurde die Bewertung der Teileigentumseinheiten im Verhältnis zu den Wohnungen deutlich zu gering bewertet, wenn hier Teileigentümer grundsätzlich nur ein Zehntel der Kosten tragen sollten, die ein Wohnungseigentümer für eine Wohnung mit vergleichbarer Flächengröße zu zahlen hatte. Insoweit ist von einer unausgewogenen Kostenverteilung der streitgegenständlichen Betriebskosten auszugehen, die durch den neuen Abrechnungsschlüssel beseitigt werden konnte. Auf die Frage, ob ein Kläger seine beiden Teileigentumseinheiten nur als Abstellraum nutze, woran nach Teilungserklärung mit vereinbarter Erlaubnis teilgewerbliche Nutzung ohnehin Zweifel bestehen, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Die erwähnten Betriebskostenpositionen fallen unabhängig von der Art und Intensität einer Nutzung von Sondereigentumseinheiten an. Der bisherige Schlüssel wird jedenfalls der Nutzungsberechtigung der Teileigentümer nicht gerecht, sodass die neu beschlossene Kostenverteilung zu höherer Abrechnungsgerechtigkeit führt.

    Auch die nunmehr unterschiedliche Kostenverteilung hinsichtlich der Nutzungen, Lasten und Kosten führt nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Klägers. Nutzungsverteilung muss nicht zwingend mit dem Vertei...

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