Leitsatz

Ein Beschluss, mit dem die Wohnungseigentümer im Einzelfall – bezogen auf eine konkrete Abrechnung – von den Vorgaben der HeizkostenV abweichen, ist anfechtbar, aber nicht nichtig.

 

Normenkette

WEG § 16 Abs. 3; HeizkostenV § 7, § 9a

 

Das Problem

  1. Nach der Gemeinschaftsordnung sind die Kosten für Wärme und die Bereitung von Warmwasser auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen, im Verhältnis von 30 % Grundkosten zu 70 % verbrauchsabhängigen Kosten zu ermitteln.
  2. Wohnungseigentümer K erhält unter dem 7.3.2016 eine Hausgeldabrechnung für den Zeitraum vom 1.1.2015 bis zum 31.12.2015. Dieser ist eine Einzelabrechnung „Energie- und Betriebskosten„ beigefügt, wonach auf K ein Betrag von 637,25 EUR entfällt. Die hierin enthaltenen Heizkosten, die sich insgesamt auf 18.236,67 EUR belaufen, sind zu 30 % nach Grundkosten und zu 70 % nach Verbrauch verteilt.
  3. In der Versammlung vom 22.3.2016 diskutieren die Wohnungseigentümer über die Richtigkeit der Heizkostenabrechnung, da auf 2 Teileigentumsrechte ein vergleichsweise hoher Anteil entfällt. Insofern bestehen bei den Wohnungseigentümern Zweifel. Unter dem Tagesordnungspunkt (TOP) 3 Beschluss II beschließen die Wohnungseigentümer daher, einen Sachverständigen für Heizungstechnik mit der Ermittlung der Ursachen zu beauftragen. Unter dem TOP 3 Beschluss III wird ferner folgender Beschluss gefasst:

    Sofern sich keine verwertbaren Erkenntnisse durch den Sachverständigen ergeben, die sich auf die Heizkostenabrechnung auswirken, soll die Abrechnung für 2015 nach Wohnfläche erfolgen.

  4. Mit Schreiben vom 22.6.2016 teilt der Verwalter dem Wohnungseigentümer K mit, die Überprüfung des Sachverständigen habe "keine verwertbaren Erkenntnisse ergeben". Die Heizkostenabrechnung sei daher jetzt nach Wohnfläche erstellt worden. In der dem Schreiben beigefügten korrigierten Einzelabrechnung sind zulasten des Klägers für das Abrechnungsjahr 2015 jetzt Energie- und Betriebskosten von 1.176,45 EUR aufgeführt, d.h. 539,20 EUR mehr als in der Abrechnung vom 7.3.2016.
  5. Wohnungseigentümer K klagt vor diesem Hintergrund auf Feststellung der Nichtigkeit des zu TOP 3 III gefassten Beschlusses. Das Amtsgericht (AG) weist diese Klage ab. Die Berufung bleibt erfolglos, denn das Landgericht (LG) hält den Beschluss nicht gemäß § 23 Abs. 4 Satz 1 WEG für nichtig. Der Beschluss könne zwar nicht auf § 9a Abs. 1, Abs. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 5 HeizkostenV gestützt werden. Denn es sei nicht ersichtlich, dass der anteilige Wärme- oder Warmwasserverbrauch von Nutzern für den Abrechnungszeitraum 2015 wegen Geräteausfalls oder aus anderen zwingenden Gründen nicht ordnungsgemäß habe erfasst werden können. Ein Geräteausfall liege nicht vor; zudem sei unstreitig eine Verbrauchserfassung erfolgt – wobei es unerheblich sei, ob diese fehlerhaft sei. Dies führe aber nicht zur Nichtigkeit. Denn gemäß § 16 Abs. 3 WEG könnten die Wohnungseigentümer im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung den Umlageschlüssel mit Stimmenmehrheit ändern. Widerspreche die beschlossene Kostenverteilung ordnungsmäßiger Verwaltung, sei der Beschluss anfechtbar, aber nicht nichtig. Mit der Revision verfolgt K seinen Klageantrag weiter. Ohne Erfolg!
 

Die Entscheidung

Verstoß gegen die Regelungen der HeizkostenV

Der angefochtene Beschluss sei tatsächlich nicht mit den Regeln der Heizkostenverordnung zu vereinbaren. Insbesondere lägen die Voraussetzungen des § 9a Abs. 1, Abs. 2 HeizkostenV nicht vor.

  1. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenV, der gemäß § 3 Satz 1 HeizkostenV auch auf Wohnungseigentum anzuwenden sei, seien von den Kosten des Betriebs der zentralen Heizungsanlage mindestens 50 vom Hundert, höchstens 70 vom Hundert, nach dem erfassten Wärmeverbrauch der Nutzer zu verteilen. Die übrigen Kosten seien gemäß § 7 Abs. 1 Satz 5 HeizkostenV nach der Wohn- oder Nutzfläche oder nach dem umbauten Raum zu verteilen. In diesem Rahmen halte sich die Gemeinschaftsordnung.
  2. Eine Abweichung von dem in § 7 Abs. 1 HeizkostenV vorgesehenen Verteilungsmaßstab sei gemäß § 9a Abs. 1 Satz 1 HeizkostenV möglich, wenn der anteilige Wärme- oder Warmwasserverbrauch von Nutzern für einen Abrechnungszeitraum wegen Geräteausfalls oder aus anderen zwingenden Gründen nicht ordnungsgemäß erfasst werden könne. Im Fall lägen die Voraussetzungen des § 9a Abs. 1 Satz 1 HeizkostenV aber nicht vor. Dies folge allerdings nicht bereits daraus, dass kein Geräteausfall vorgelegen habe und eine Verbrauchserfassung tatsächlich erfolgt sei. Denn ein "anderer zwingender Grund" für eine nicht ordnungsgemäße Erfassung des Verbrauchs liege auch dann vor, wenn Umstände gegeben seien, die einem Geräteausfall gleichzusetzen seien, weil sie eine rückwirkende Korrektur der Erfassungsmängel ausschlössen (Hinweis auf BGH v. 16.11.2005, VIII ZR 373/04, NZM 2006 S. 102 Rn. 15). Dies sei u.a. dann der Fall, wenn der am Heizkörper abgelesene Messwert aus zwingenden physikalischen Gründen nicht dem tatsächlichen Verbrauchswert entsprechen könne und damit fehlerhaft sei (Hinweis auf BGH v. 5.3.2013, VIII ZR ...

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