Leitsatz

Der abberufene Verwalter muss die Abrechnung erst erstellen, wenn ihm die Verwaltungsunterlagen zur Verfügung gestellt werden.

 

Normenkette

§ 28 Abs. 3 WEG

 

Das Problem

  1. Die Wohnungseigentümer genehmigen im August 2009 die Abrechnung für das Jahr 2008. Gegen diesen Beschluss geht ein Wohnungseigentümer erfolgreich vor. Das AG München (AG) erklärt den Beschluss für ungültig. Das LG München I (LG) bestätigt in der Berufung im Jahre 2011 dieses Urteil. Es meint, die Abrechnung 2008 sei "weitgehend fehlerhaft" gewesen.
  2. Verwalter V, dessen Bestellung im Dezember 2009 endete, weigert sich, eine neue Abrechnung für 2008 zu erstellen. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer klagt daher gegen V auf Schadensersatz von 2.618,03 EUR unter dem Gesichtspunkt des Verzuges. V sei mit der Erstellung der Abrechnung 2008 bereits mit Ablauf des Juni 2009 in Verzug gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe V noch sämtliche Unterlagen besessen. V könne sich deshalb nicht darauf berufen, dass ihm heute keine Verwaltungsunterlagen mehr zur Verfügung stünden. Hilfsweise trägt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vor, dass ein Fall des § 286 Abs. 4 BGB nicht vorliege.

    § 286 BGB (Verzug des Schuldners)

    (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

    (2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

    1. für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
    2. der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
    3. der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
    4. aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

    [...]

    (4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

    [...]

    V habe anlässlich eines Telefonats mit dem neuen Verwalter die Neuerstellung der Abrechnung 2008 abgelehnt. Erst später habe er sich auch darauf berufen, keine Unterlagen mehr zu haben. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer behauptet, sie habe für die Überprüfung der Abrechnung 2008 durch einen externen Dritten 2.142 EUR aufwenden müssen. Des Weiteren seien aufgrund der Neuerstellung der Abrechnung Aufwendungen des neuen Verwalters in Höhe von 476 EUR angefallen.

  3. V meint, die Abrechnung nicht zu schulden, da ihm die Unterlagen zu ihrer Neuerstellung nicht mehr zur Verfügung standen.
 

Die Entscheidung

  1. Die Klage hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen des § 286 BGB lägen nicht vor. Es fehle an der Mitwirkung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. V sei unmöglich gewesen, die Abrechnung 2008 zu erstellen, da ihm die Verwalterunterlagen fehlten.
  2. V sei auch nicht bereits zum Ablauf des 30.6.2009 in Verzug gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe noch nicht festgestanden, ob das Berufungsgericht den Beschluss für ungültig erklären werde. Hätte das Berufungsgericht das Endurteil des AG aufgehoben und die Klage abgewiesen, wäre die Genehmigung der Abrechnung 2008 in Bestandskraft erwachsen.
  3. Unabhängig davon sei auch die Leistungszeit für die Erstellung einer Abrechnung i.S.v. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht kalendermäßig bestimmt. Es sei im WEG nicht geregelt und auch nicht in der Gemeinschaftsordnung bzw. im Verwaltervertrag, wann der Anspruch der Wohnungseigentümer auf Erstellung und Vorlage der Abrechnung fällig wird. Es sei zwar richtig, dass davon ausgegangen werde, dass die Fälligkeit nach Ablauf einer angemessenen Frist von in der Regel 3 – 6 Monaten beträgt. Dies stelle jedoch noch keine konkrete Frist i.S.v. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB dar. Nach Eintritt der Fälligkeit komme der Verwalter erst durch Mahnung in Verzug, sodass erst dann ein Schadensersatzanspruch wegen verspäteter Abrechnung in Betracht komme (Hinweis unter anderem auf OLG Düsseldorf v. 22.12.2006, 3 Wx 160/06, ZMR 2007 S. 287).
  4. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer könne sich auch nicht darauf berufen, V habe die Erfüllung endgültig verweigert. V's Worte "außerdem habe ich keine Unterlagen mehr" hätten keine endgültige Erfüllungsverweigerung dargestellt.
 

Kommentar

Anmerkung

Ist kein Zeitpunkt vereinbart oder Gegenstand des Verwaltervertrages, ist der Erstellungszeitpunkt nach § 271 Abs. 1 BGB den Umständen zu entnehmen. Welche Einnahmen und Ausgaben es gab, muss der Verwalter grds. bereits in den ersten Tagen des dem abzurechnenden Wirtschaftsjahr folgenden Jahrs wissen. Wie hoch die Ausgaben für die Versorgung genau waren (Gas, Strom, Wasser, Wärme) steht hingegen in der Regel erst im Laufe der ersten Monate des Folgejahres fest. Die Rechtsprechung billigt es daher, wenn die Abrechnung entsprechend § 264 Abs. 1 HGB spätestens im 2. Quartal des Folgejahres vorgelegt wird. Ist ausnahmsweise auch im 2. Quartal ohne Verschul...

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