Deutliche Erhöhung des Gebrauchswerts?

Die Erweiterung eines vorhandenen Gebäudes führt immer zu Herstellungskosten. Dies gilt auch dann, wenn die Erweiterung im Zuge der Renovierung des bereits vorhandenen Gebäudeteils erfolgt. Fraglich ist in diesem Fall, ob möglicherweise auch die Renovierungsaufwendungen zu den Herstellungskosten der Erweiterung rechnen.

Eine Erweiterung liegt vor, wenn

  • ein Gebäude aufgestockt wird,
  • an ein vorhandenes Gebäude angebaut wird,
  • die nutzbare Fläche vergrößert wird,

    (Dies ist z.  B. der Fall bei erstmaligem Einbau einer Dachgaube, bei dem Anbau eines Balkons oder einer Terrasse oder wenn durch ein das Flachdach ersetzendes Satteldach erstmals ausbaufähiger Dachraum geschaffen wird.[1])

  • bisher nicht vorhandene Bestandteile in das Gebäude eingefügt werden (Substanzmehrung) und dies eine "Erweiterung der Nutzungsmöglichkeit des Gebäudes" zur Folge hat.[2]

    Substanzmehrung

    Eine Substanzmehrung liegt vor, wenn der Einbau neuer Gegenstände in neue Installationen erfolgt. Erfolgt der Einbau in vorhandene Installationen, sind die entsprechenden Aufwendungen unter dem Tatbestandsmerkmal der wesentlichen Verbesserung zu prüfen.[3] Unter Installation sind Anlagen und Leitungen in einem Gebäude für Strom, Gas, Wasser, Abwasser, Heizung und Lüftung zu verstehen.

    Eine Substanzmehrung liegt nicht vor, wenn der neue Gebäudebestandteil oder die neue Anlage die Funktion des bisherigen Gebäudebestandteils für das Gebäude in vergleichbarer Weise erfüllt. Dies ist dann der Fall, wenn er dem Gebäude lediglich deshalb hinzugefügt wird, um bereits eingetretene Schäden zu beseitigen oder einen konkret drohenden Schaden abzuwenden.[4]

 
Praxis-Beispiel

Substanzmehrung und Erweiterung der Nutzungsmöglichkeit eines Gebäudes

  • Wintergarten

    Entsteht durch die Umgestaltung einer Dachterrasse zu einem Wintergarten ganzjährig nutzbarer zusätzlicher Wohnraum, sind die Umbaukosten als Herstellungskosten zu beurteilen.[5]

  • Klimaanlage

    Der erstmalige Einbau einer Klimaanlage ist als Substanzmehrung und damit als Erweiterung anzusehen. Begründung: Die Klimaanlage wurde nicht in eine bereits vorhandene Installation (d.  h. in eine Anlage oder Leitung für Strom, Gas, Wasser, Abwasser, Heizung oder Lüftung) integriert. Gleiches gilt für den erstmaligen Einbau einer Alarmanlage.[6]

  • Solaranlage

    Hingegen war der Einbau einer Solaranlage nicht als Erweiterung zu beurteilen, da sie in eine bereits vorhandene Installation – der Heizung – integriert wurde. Ihr Einbau war daher unter dem Gesichtspunkt der wesentlichen Verbesserung zu prüfen, deren Voraussetzungen im Streitfall nicht vorlagen. Die Aufwendungen waren daher als Erhaltungsaufwand sofort abzugsfähig.[7]

  • Umbau Großraumbüro

    Der Umbau eines Großraumbüros in 4 Einzelbüros unter Verwendung von Rigips-Ständerwerk sowie die Anpassung der Elektroinstallation im hierdurch notwendigen Umfang führt nicht zu Herstellungskosten (und auch nicht zu Anschaffungskosten), sondern zu sofort abziehbaren Erhaltungsaufwendungen. Durch die reine Umgestaltung von Räumen durch Verlegung und Entfernen von Zwischenwänden wird weder ein neues Wirtschaftsgut hergestellt noch wird es erweitert (keine Substanzmehrung und keine Erweiterung der Nutzungsmöglichkeit) oder wesentlich verbessert (keine Erhöhung des Gebrauchswerts des Gebäudes).[8] Entgegen dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums v. 18.7.2003[9] reicht daher das bloße Einsetzen von zusätzlichen Trennwänden zur Annahme von Herstellungskosten durch Substanzmehrung nicht aus.

  • Sonnenmarkise

    Der erstmalige Einbau einer Sonnenmarkise führt zu Herstellungskosten, da dem Gebäude hierdurch etwas Neues, zuvor nicht Dagewesenes, hinzugefügt wurde. Daher kommt es für die Annahme von Herstellungskosten nicht darauf an, ob dadurch das Gebäude wesentlich in seiner Substanz vermehrt, in seinem Wesen verändert oder über seinen bisherigen Zustand erheblich verbessert wird. Hatte das Gebäude vor der Maßnahme keine Bestandteile mit vergleichbarer Funktion – hier: Sonnen- und in bedingtem Maße Witterungsschutz –, die durch die Maßnahme erneuert oder ersetzt wurden, so sind die Aufwendungen für die Maßnahme grundsätzlich keine Erhaltungs-, sondern nachträgliche Herstellungskosten.[10]

  • Fassadenverkleidung

    Das Anbringen einer zusätzlichen Fassadenverkleidung zu Wärme- oder Schallschutzzwecken führt hingegen nicht zu einer Substanzmehrung.[11] Die Aufwendungen sind daher Erhaltungsaufwand.

  • Satteldach

    Ersatz eines Flachdachs durch ein Satteldach, wenn dadurch lediglich eine größere Raumhöhe geschaffen wird, ohne die nutzbare Fläche und damit die Nutzungsmöglichkeit zu erweitern, ist Erhaltungsaufwand.

[3] Siehe hierzu oben Abschn. 6.1.
[4] Vgl. BMF, Schreiben v. 18.7.2003, IV C 3 – S 2211 – 94/03, BStBl 2003 I S. 386, Rn. 24. Danach liegt z. B. keine Substanzmehrung vor bei Anbringung einer Betonvorsatzschale zur Trockenlegung der durchfeuchteten Fundamente ...

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