Leitsatz

Berechtigung und Verpflichtung des WEG-Verwalters, die eidesstattliche Versicherung für die Wohnungseigentümergemeinschaft abzugeben

 

Normenkette

§ 27 Abs. 3 Nr. 2 WEG; §§ 568, 899 ff., 900 Abs. 4 ZPO; Art. 19 Abs. 4, 101 Abs. 1 Satz 2 GG

 

Kommentar

  1. Hat der Verwalter als Rechtsbeschwerdeführer der vollstreckungsrechtlichen Forderung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung in eigenem Namen für die Gemeinschaft Widerspruch erhoben und nach dessen Zurückweisung sofortige Beschwerde eingelegt, ist er auch zur Rechtsmitteleinlegung berechtigt, wenn er sich zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung für die Gemeinschaft nicht für berechtigt oder verpflichtet halten sollte. Allerdings kann über sein Rechtsmittel nur die Beschwerdekammer entscheiden, nicht der Einzelrichter anstelle des Richterkollegiums. Deshalb musste vorliegend der Streit an das Landgericht unter Aufhebung zurückverwiesen werden. Eine Einzelrichterentscheidung verletzt das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG bei vorliegender Bejahung grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO. Einem Einzelrichter ist die Entscheidung von solchen Rechtssachen schlechthin versagt.
  2. Der Widerspruch des Verwalters im Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung war statthaft (§ 900 Abs. 4 ZPO), da zur Widerspruchserhebung auch ein Dritter berechtigt ist, wenn er geltend machen kann, durch die Verpflichtung zur Abgabe der Versicherung in eigenen Rechten betroffen zu sein. Der Widerspruch nach § 900 Abs. 4 ZPO als Spezialregelung verdrängt auch die Erinnerung nach § 766 ZPO (h.M.). Das Recht des Verwalters entspricht damit auch dem verfassungsrechtlichen Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG.
  3. Allerdings hat das Beschwerdegericht (LG Aurich) im Beschluss v. 26.7.2010 den Verwalter zu Recht für verpflichtet gehalten, die eidesstattliche Versicherung für die Gemeinschaft abzugeben. Dies ergibt sich hier aus § 27 Abs. 3 Nr. 2 WEG, d.h. aus der Berechtigung, Maßnahmen zu treffen, die zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines sonstigen Rechtsnachteils erforderlich sind, insbesondere einen gegen die Gemeinschaft gerichteten Rechtsstreit gemäß § 43 Nr. 5 WEG im Vollstreckungsverfahren zu führen. Klagt insoweit ein Dritter gegen die Gemeinschaft, hat der Verwalter das Recht, die Gemeinschaft zu vertreten. Teil des Vollstreckungsverfahrens ist auch die eidesstattliche Versicherung gemäß §§ 899 ff. ZPO. Die Berechtigung ergibt sich für den vertretenden Verwalter auch aus der Begründung des Gesetzentwurfs zur WEG-Reform 2007 und der überwiegend vertretenen Literaturmeinung.

    Insoweit ist der Verwalter nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, die eidesstattliche Versicherung abzugeben, da dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Verwalteraufgaben gehört. Seine Verfahrensvertretung betrifft sowohl Erkenntnis- als auch Vollstreckungsverfahren. Die Funktion des Verwalters ist insoweit auch nicht auf die eines alleinigen Zustellungsbevollmächtigten beschränkt. Ein Gläubiger hat auch ein schutzwürdiges Interesse daran, vollständige Auskünfte über die Vermögensverhältnisse einer Wohnungseigentümergemeinschaft zu erhalten. Solche können allerdings in der Regel nur durch den Verwalter erfolgen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Beschluss v. 22.9.2011, I ZB 61/10

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