Rz. 25

Bei den Darstellungen zu den Vergütungsvorschriften konnten Sie bereits sehen, dass im Wesentlichen im gerichtlichen Verfahren die Verfahrensgebühr, die Terminsgebühr und unter Umständen die Einigungsgebühr entsteht.

 

Rz. 26

Von den Gebühren hängt es nicht ab, ob die Vergütungsberechnung "hoch" oder niedrig ausfällt.

 

Rz. 27

 

Praxistipp:

Sie sollten für sich eine Statistik führen:

Welche Anzahl von Rechnungen endet mit einem Betrag von bis zu 200,00 EUR?
Welche Anzahl von Rechnungen endet mit einem Betrag von bis zu 500,00 EUR?
Welche Anzahl von Rechnungen endet mit einem Betrag von bis zu 1.000,00 EUR?

usw.

 

Rz. 28

Sie werden je nach Art der Kanzlei feststellen können, dass es nur wenig Rechnungen (wenn überhaupt) gibt, die auf einen Rechnungsbetrag von über 10.000,00 EUR lauten. Die dazu gehörigen Akten fallen Ihnen üblicherweise sofort ein.

 

Rz. 29

Eine Anwaltskanzlei ist nichts anderes als ein Wirtschaftsunternehmen. Von den erzielten Bruttobeträgen muss zunächst die Umsatzsteuer abgeführt werden (fast 20 % des Ergebnisses verbleibt nicht für Ihre Kanzlei), dann sind die laufenden Kosten zu finanzieren: Miete (oder bei Eigentum die dafür aufzuwendenden Kosten), Gehälter, Sozialabgaben, sonstige Kosten (Büroeinrichtung und Ausstattung, Wartungen, Leasingraten, Softwarekosten, diverse Versicherungen, Reparaturen, Instandhaltungen, Neuanschaffungen, Büromaterial, Fachliteratur, Fahrtkosten …). Dann muss der RA oder die RAe die Kosten für die eigene Altersvorsorge, Krankenversicherungen, Verdienstausfallversicherung, Haftpflichtversicherung, Berufsunfähigkeitsversicherungen u.v.m. bezahlen. Nach Ermittlung der für die Einkommenssteuer abzugsfähigen Kosten (nicht alle Aufwendungen sind bei der Berücksichtigung des zu versteuernden Einkommens in voller Höhe zu berücksichtigen) ergibt sich dann irgendwann der Nettoertrag aus einer Akte. Und genau dies ist der Zeitpunkt, wo man vor Entsetzen aufschreit: "So wenig bleibt übrig!". Viele Akten sind für die Kanzlei ein sog. Zuschussgeschäft. Der Umsatz in der Akte ist so gering, dass für den RA trotz oft sehr hohen Arbeitseinsatzes nichts verbleibt. Es hört sich vielleicht merkwürdig an, aber auch Sie haben ein Interesse daran, dass die erzielte Vergütung einen Gewinn erwarten lässt. Nur, wenn der RA genügend Vergütungsforderungen erzielt, kann er Ihr Gehalt zahlen. Nur, wenn der RA ein hinreichend hohes Einkommen hat, kann er überhaupt daran denken, Ihr Gehalt zu erhöhen.

 

Rz. 30

Eine weitere Regel, die gerne vergessen wird: Erzielt ein RA nicht genügend Einnahmen, dann muss er Sparmaßnahmen ergreifen. Dies kann er auf verschiedene Weise machen, wie z.B. andere Räumlichkeiten, weniger Fachliteratur, geringe Büroausstattung. Aber es gibt noch eine Möglichkeit, sog. Kosten (also Ausgaben der Kanzlei) einzusparen. Der RA kann sich auch von Mitarbeitern trennen und diese Mitarbeiter durch günstigeres Personal ersetzen. Oft wird aber auch eine Kündigung ausgesprochen und der Arbeitsplatz nicht neu besetzt. Die verbleibenden Mitarbeiter müssen die zusätzliche Arbeit übernehmen, dies ist ggf. nur möglich, wenn Überstunden geleistet werden. Ob durch den RA eine Vergütung dieser Überstunden erfolgt, hängt neben diversen anderen Faktoren natürlich auch davon ab, ob überhaupt eine Leistungsfähigkeit gegeben ist.

 

Rz. 31

Wenn also ein Auftraggeber Ihnen ein Mandat anträgt, das über einen gesetzlichen Gegenstandswert von 100,00 EUR verfügt, dann wissen Sie spätestens jetzt: Der RA erzielt mit diesem Mandat keine Vergütung, die auch nur ansatzweise angemessen ist.

 

Rz. 32

Hier können Sie jetzt (selbstverständlich nur nach Rücksprache mit dem RA, je nachdem wie selbstständig Sie Entscheidungen treffen dürfen) dem Auftraggeber eine Vergütungsvereinbarung vorschlagen und den Gegenstandswert abweichend vereinbaren. Sie können auch einen pauschalen Festbetrag vereinbaren, den der Auftraggeber zusätzlich zur gesetzlichen Vergütung zu zahlen hat.

 

Rz. 33

Natürlich kann es sein, dass der Auftraggeber Ihnen den Auftrag dann nicht erteilt. Die Frage ist: Haben Sie dann wirklich etwas verloren?

 

Rz. 34

Viele RA übernehmen ein Mandat in der Hoffnung, dass der Auftraggeber ihnen irgendwann ein gewinnbringendes Mandat übertragen wird. Hält Ihr Arbeitgeber Ihnen diesen Einwand entgegen, wenn Sie ihm raten, eine Vergütungsvereinbarung abzuschließen oder das Mandat nicht zu übernehmen, dann bitten Sie ihn (oder sie) doch einfach, Ihnen auch nur einen einzigen Fall zu nennen, der zu Ihren Lebzeiten bei ihm in der Kanzlei eingetreten ist, bei dem dies geschehen ist. Dann sollten Sie, falls er sich tatsächlich an einen solchen Fall erinnert, schleunigst prüfen, ob der damalige Auftraggeber die Vergütung jemals gezahlt hat. Es ist weitaus günstiger, ein Mandat nicht anzunehmen, als ein Mandat zu führen, bei dem von Anfang an klar ist, dass es die Kosten nicht decken wird.

 

Rz. 35

Viele RAe denken auch, sie könnten das Mandat ja auch schnell nebenbei erledigen. Dies bewahrheitet sich in der Praxis nicht. We...

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