Rz. 175

Der Ausgleich nach der Scheidung begründet für den Ausgleichsberechtigten keinen eigenständigen Anspruch der ausgleichsberechtigten Person gegen den Versorgungsträger des Ausgleichspflichtigen. Es kann daher eine Versorgungslücke entstehen, wenn der Ausgleichspflichtige stirbt, weil dann dessen Versorgung erlischt (vgl. § 31 Abs. 3 Satz 1 VersAusglG). Dieser Gefahr wird wie im früheren Recht über einen Anspruch gegen den Versorgungsträger oder aber gegen die Witwe bzw. den Witwer des Ausgleichspflichtigen Abhilfe geschaffen. Dieser Anspruch hängt davon ab, dass der Versorgungsträger eine Hinterbliebenenversorgung gewährt. Es handelt sich um einen eigenständigen Anspruch des Ausgleichsberechtigten gegen den Versorgungsträger bzw. gegen die Witwe oder den Witwer des Ausgleichspflichtigen.

 

Rz. 176

Früher wurden die entsprechenden Rechte als verlängerter schuldrechtlicher Versorgungsausgleich bezeichnet. Das heutige Recht spricht zutreffender von einer Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung. Damit wird die Eigenständigkeit der Rechtsstellung des Berechtigten betont.

 

Rz. 177

Geregelt ist die Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung in §§ 25 f. VersAusglG. Die Regelungen ersetzen § 3a VAHRG. § 25 VersAusglG betrifft den Anspruch gegen den Versorgungsträger, § 26 VersAusglG den Sonderfall eines Anspruchs gegen den Hinterbliebenen des Ausgleichspflichtigen. Diese Norm ist zu § 25 VersAusglG lex specialis für Leistungen einer ausländischen Hinterbliebenenrente. Systematisch knüpfen die Regelungen aber beide grds. an dieselben Voraussetzungen an, denn § 26 VersAusglG verweist weitestgehend auf § 25 VersAusglG.

1. Anspruch auf Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung gegen den Versorgungsträger

 

Rz. 178

Die grundlegenden Regelungen für den Anspruch auf Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung finden sich in § 25 VersAusglG. Diese Regelung ist grds. auf alle nicht ausgeglichenen Anrechte anwendbar, bei denen überhaupt eine Hinterbliebenenversorgung stattfindet (vgl. aber § 25 Abs. 2 VersAusglG). Nur für Anrechte bei einem ausländischen, zwischen- oder überstaatlichen Versorgungsträger kommt § 26 VersAusglG als Spezialregelung in Betracht.

 

Rz. 179

Anknüpfungspunkt für den Anspruch aus § 25 VersAusglG ist immer, dass der Versorgungsträger eine Hinterbliebenenversorgung gewährt. Ist das nicht der Fall, endet der Anspruch auf die schuldrechtliche Ausgleichsrente mit dem Tod des Ausgleichspflichtigen (§ 31 Abs. 3 Satz 1 VersAusglG).[81] Dem Gesetzgeber ging es nicht darum, dem Ausgleichsberechtigten des Ausgleichs nach der Scheidung auf jeden Fall eine Hinterbliebenenversorgung zukommen zu lassen. Vielmehr handelt es sich weiterhin um einen subsidiären Anspruch auf Teilhabe an einer vom Versorgungsträger ohnehin zugesagten Hinterbliebenenversorgung. Ziel der Bestimmungen ist es also nur, die Hinterbliebenenversorgung in diesen Fällen demjenigen zuzuordnen, dem sie auch wirtschaftlich zusteht (weil die zur Begründung dieser Versorgung erwirtschafteten Beiträge mit seiner Unterstützung in der Ehezeit erworben wurden).

 

Rz. 180

Der Anspruch auf die Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung richtet sich grds. gegen den Versorgungsträger und nur ausnahmsweise (bei Anrechten bei ausländischen, zwischen- oder überstaatlichen Versorgungsträgern) gegen den Hinterbliebenen des Ausgleichsverpflichteten. Damit hat sich das Regel-/Ausnahmeverhältnis ggü. der Lage zu Lebzeiten des Ausgleichspflichtigen (vgl. §§ 20, 21 VersAusglG) umgekehrt.

[81] OLG München FamRZ 2015, 1293.

a) Voraussetzungen des Anspruchs auf Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung

aa) Tod des Ausgleichspflichtigen

 

Rz. 181

Voraussetzung der Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung gegen den Versorgungsträger des Ausgleichspflichtigen ist zunächst, dass ein Ausgleichspflichtiger stirbt. Vor seinem Tod kann ein Anspruch nach § 25 VersAusglG nicht geltend gemacht werden (auch wenn der Tod absehbar ist), weil der Anspruch erst mit dem Tod des Ausgleichspflichtigen entsteht. Das kann für den Ausgleichsberechtigten eine erhebliche Verzögerung mit sich bringen. Der Gesetzgeber hat diese Schwierigkeiten für den Ausgleichsberechtigten aber bewusst hingenommen.

bb) Noch nicht ausgeglichenes Anrecht

 

Rz. 182

Es muss ein noch nicht ausgeglichenes Anrecht bestehen. Das ist zum einen der Fall, wenn der verstorbene Ehegatte vor seinem Tod selbst schon eine noch auszugleichende laufende Versorgung bezog, aber auch dann, wenn er vor Erreichen des Rentenalters starb, sodass er die daraus fließende Versorgung gar nicht in Anspruch nehmen konnte. Auch in diesem Fall war der verstorbene Ehegatte im Hinblick auf dieses Anrecht über Ausgleichsansprüche nach der Scheidung dem Grunde nach aber noch im Wege des Ausgleichs nach der Scheidung ausgleichspflichtig,[82] sodass daran auch ein Anspruch auf Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung anknüpfen kann.

 

Rz. 183

Zu beachten ist, dass auch bei nicht ausgeglichenen Anrechten eine Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung nicht in Betracht kommt, soweit der Ausgleichsberechtigte zu Lebzeiten des Ausgleichspflichtigen auch dem Grunde nach keinen Anspruch auf eine Ausgleichsrente hatte. Das betrifft die Fälle der geringwertigen Anrechte (§ 20 Abs. 1 Satz 3, § 18 VersAusglG) ...

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