Rz. 15

& 1.

Einstweiliger Rechtsschutz durch das Verwaltungsgericht ist bekanntlich entweder im Verfahren über die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO oder im Verfahren der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO möglich. Der Rechtsschutz nach §§ 80 und 80a VwGO ist vorrangig, siehe § 123 Abs. 5 VwGO. Das Wichtigste – neben der Prüfung der Rechtslage – ist im Eilrechtsschutz die Glaubhaftmachung. Aus Sinn und Zweck des Eilrechtsschutzes ergibt sich, dass keine Beweisaufnahmen stattfinden können, die zeitaufwändig sind, wie zum Beispiel Sachverständigengutachten. Ortsbesichtigungen werden dagegen im Bau- und Abgabensachen regelmäßig durchgeführt und dienen dabei gleichzeitig als Erörterungstermin, § 87 VwGO. Das Gericht kann zusätzlich zu präsenten Beweismitteln auch andere Erkenntnismittel benutzen, wie zum Beispiel

a) Beiziehung von Behördenakten
b) Telefonische Auskünfte von Behörden oder Privaten
c) Fotos, einfache Schreiben
d) Eidesstattliche Versicherungen

Die Erklärungen der Mandanten und Zeugen sollten von diesen selbst formuliert oder mithilfe des Anwalts, aber in eigenen Worten, zu Papier gebracht werden. Eine pauschale Bezugnahme in der e.V. auf einen vom Anwalt formulierten Schriftsatz ist zu vermeiden, da sie von den Gerichten nicht akzeptiert wird, ferner besteht ein erhebliches Haftungsrisiko durch versehentlich falsch gemachter Angaben.

Nach ständiger Rechtsprechung haben die Verwaltungsgerichte im Rahmen der Eilentscheidung nur eine summarische Prüfung von Sachverhalt und Rechtslage vorzunehmen.[2]

 

Rz. 16

& 2.

Achtung: Grundsätzlich ist keine Vorwegnahme der Hauptsache zulässig, das heißt, das Begehren im Eilantrag muss hinter dem im Hauptantrag zurückbleiben. Eine Ausnahme ist unter Umständen dann zulässig, wenn ansonsten ein mögliches Recht des Antragsstellers unwiederbringlich vereitelt würde.

 

Rz. 17

& 3.

Anhaltspunkte für die Reduzierung des Streitwerts der Hauptsache ergeben sich aus dem Streitwertkatalog der Verwaltungsgerichte 2013, Nr. 1.5.[3]

Bei dem Auffangwert von 5.000 EUR ergibt sich für ein Verfahren nach §§ 80, 80a VwGO nur ein Streitwert von i.d.R. 2.500 EUR und damit entsprechend geringe Anwaltsgebühren (siehe Muster Kosten-Beispiele, Rdn 13>). Dies ist noch hinzunehmen, wenn auch gleichzeitig Gebühren für ein Klageverfahren anfallen. Wenn dies aber nicht der Fall ist, z.B. weil der Eilrechtsschutz im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens beantragt wird, empfiehlt sich eventuell eine Vergütungsvereinbarung, mit welcher ein Gegenstandswert in Höhe desjenigen für die Hauptsache vereinbart wird, für den Fall, dass ein Klageverfahren nicht mehr durchgeführt wird.

 

Rz. 18

& 4.

Mandanten vergessen häufig, dass die Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz nur eine vorläufige Entscheidung ist. Die unterschiedliche Bedeutung von Beschluss und Urteil ist ihnen nicht geläufig. Daher sollten sie noch einmal darauf hingewiesen werden, dass eine spätere Abänderung der im einstweiligen Rechtsschutz getroffenen Entscheidung durch Urteil oder eventuell auch schon vorher durch Beschluss nach § 80 Abs. 7 VwGO möglich ist.

 

Rz. 19

& 5. Typische Beispielsfälle für §§ 80 Abs. 5, 80a Abs. 3 VwGO

Fälle, in denen den Mandanten in der Hauptsache mit der Aufhebung eines Verwaltungsakts und vorläufig mit der aufschiebenden Wirkung geholfen ist:

Nachbar richtet sich gegen die einem anderen erteilte Baugenehmigung
Beamter wird gegen seinen Willen in den Ruhestand versetzt
Gastwirt richtet sich gegen den Widerruf seiner Gaststättengenehmigung
 

Rz. 20

& 6. Typische Beispielsfälle für § 123 VwGO VwGO

Fälle, in denen die Beibehaltung des bisherigen Zustands nicht ausreicht, sondern zusätzlich eine Regelung getroffen werden muss:

Nachbar wendet sich gegen ein genehmigungsfreies oder ungenehmigtes Bauvorhaben
Beamter möchte verhindern, dass die begehrte Beförderungsstelle durch einen anderen besetzt wird, bevor über seine Bewerbung endgültig entschieden ist
Schüler wird nicht in die nächste Klasse versetzt oder nicht in die gewünschte Schule aufgenommen
 

Rz. 21

& 7.

Achtung: Für den Erlass einstweiliger Anordnungen gilt gemäß § 123 Abs. 3 VwGO der § 945 ZPO (Schadensersatzpflicht) entsprechend. Für die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO existiert eine solche Verweisung aber nicht.

[2] Sodan/Ziekow, VwGO, § 80 Rn 136; § 123 Rn 94.
[3] www.bverwg.de/informationen/streitwertkatalog.php.

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