Rz. 76

OLG Schleswig OLGR 2006, 634: Kein Nachlassverzeichnis

Zitat

Hat ein Erblasser zur Ausführung seines letzten Willens und zur Nachlassabwicklung zwei Testamentsvollstrecker eingesetzt, die gem. § 2224 Abs. 1 S. 1 BGB zur gemeinschaftlichen Amtsführung verpflichtet sind, dann sind beide gem. § 2227 Abs. 1 BGB wegen grober Pflichtverletzung zu entlassen, wenn diese nach dem Erbfall kein ordnungsgemäßes, gem. § 2215 Abs. 2 Hs. 1 BGB von beiden persönlich unterschriebenes, auf den maßgeblichen Stichtag bezogenes zeitnahes Nachlassverzeichnis erstellt haben und ihre mangelnde Kooperationsbereitschaft sowie Einigungsschwierigkeit für die Nachlassabwicklung hinderlich sind, wodurch die Interessen des Nachlasses und der Erben gefährdet werden.

OLG Sachsen-Anhalt FamRZ 2006, 971: Täuschung über die Werthaltigkeit des Nachlasses

Zitat

Der Umstand allein, dass ein Testamentsvollstrecker die testamentarischen Erben über die Werthaltigkeit des Nachlasses getäuscht hat, kann einen wichtigen Grund für seine Entlassung als Testamentsvollstrecker begründen. Auf das Vorliegen irgendwelcher gesetzlicher Pflichten zur richtigen Auskunft kommt es nicht an.

OLG Köln NJW-RR 2005, 94 = ZEV 2005, 207: Verzögerte Abwicklung

Zitat

Die langjährige Dauer einer Abwicklungsvollstreckung (hier zehn Jahre) kann die Entlassung eines Testamentsvollstreckers rechtfertigen, wenn die Ursachen für diese Verzögerung in dessen Verhalten begründet sind.

Auch wenn die Erben zunächst auf die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses durch den Testamentsvollstrecker verzichtet haben, können sie von diesem zu einem späteren Zeitpunkt die Anfertigung eines entsprechenden Verzeichnisses verlangen.

Bei einer Entlassung eines Testamentsvollstreckers ist eine mündliche Anhörung der Erben durch das Nachlass- oder Beschwerdegericht nicht zwingend geboten. Ebenso wenig bedarf es zwingend der Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

OLG Karlsruhe NJW-RR 2005, 527: Nicht gewünschte Nachlassauseinandersetzung

Zitat

Unterbreitet der Testamentsvollstrecker den Erben konkrete Vorschläge zu einer im Testament ausgeschlossenen Nachlassauseinandersetzung, so liegt darin eine seine Entlassung aus dem Amt rechtfertigende grobe Pflichtverletzung auch dann, wenn die Erben ihn zur vorzeitigen Auseinandersetzung gedrängt hatten. Die Unterbreitung eines in hohem Maße eigennützigen Auseinandersetzungsvorschlags stellt eine grobe Pflichtverletzung und damit einen wichtigen Grund für die Entlassung des Testamentsvollstreckers dar. Bei Vorliegen wichtiger Gründe für eine Entlassung ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu überprüfen, ob gleichwohl überwiegende Gründe für ein Verbleiben des Testamentsvollstreckers im Amt sprechen.

Nimmt das Beschwerdegericht die Voraussetzungen für eine Entlassung des Testamentsvollstreckers an, so darf es die Entlassung nicht selbst aussprechen, vielmehr hat es das Nachlassgericht hierzu anzuweisen.

Der Entlassungsantrag kann auch von Pflichtteilsberechtigten gestellt werden.[77]

KG FamRZ 2005, 1595

Zitat

Der Pflichtteilsberechtigte ist als Beteiligter im Sinne des § 2227 Abs. 1 BGB anzusehen, so dass er einen Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers stellen und wegen der Ablehnung durch das Nachlassgericht in seinen Rechten beeinträchtigt sein kann (Bestätigung des Beschlusses vom 9.10.2001 – 1 W 411/01, NJW-RR 2002, 439).

Der Pflichtteilsberechtigte ist durch eine Ablehnung der Entlassung des Testamentsvollstreckers aber dann nicht mehr beschwert, wenn sich seine gegen den Nachlass gerichteten Ansprüche erledigt haben. Eine Beschwer ergibt sich in diesem Fall auch nicht daraus, dass der Pflichtteilsberechtigte mit dem Entlassungsvorbringen Regressansprüche gegen den Testamentsvollstrecker begründen möchte. Diese sind nicht Gegenstand des Entlassungsverfahrens, sondern im Zivilrechtsweg geltend zu machen.

OLG München ZErb 2005, 424 = ZEV 2006, 31

Zitat

Ein Erbe, dessen Erbanteil nicht der Testamentsvollstreckung unterliegt, ist nicht befugt, einen Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers zu stellen, der nur die Anteile der übrigen Miterben verwaltet. Die Rechte und Pflichten des nicht der Testamentsvollstreckung unterworfenen Erbteils richten sich allein nach §§ 2032 ff. BGB.

KG FamRZ 2011, 930 = NJW-RR 2011, 511

Zitat

Das Einziehen einer überhöhten Testamentsvollstreckervergütung zur Unzeit rechtfertigt die Annahme eines wichtigen Grundes i.S.d. § 2227 Abs. 1 BGB für die Entlassung des Testamentsvollstreckers.

[77] BayObLG FamRZ 1997, 905.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge