Rz. 76

Eine Nebenintervention gem. §§ 66 ff. ZPO kommt deutlich seltener vor als ein Beitritt nach einer Streitverkündung. Der Nebenintervenient erhält durch den selbstständigen Beitritt zwar die Möglichkeit, auf den Verlauf und Ausgang des Rechtsstreits Einfluss zu nehmen. Zugleich muss er in einem Folgeprozess die für ihn ggf. negativen Folgen der Interventionswirkung in Kauf nehmen.

Die Nebenintervention kommt in der Praxis der Bauprozesse im Wesentlichen in drei Fallkonstellationen vor, die jeweils die Feststellung von Baumängeln zum Gegenstand haben:

a) der Subunternehmer beteiligt sich an einem zwischen dem Auftraggeber und dem Hauptauftragnehmer geführten Prozess, bei dem Baumängel eine entscheidende Rolle spielen;
b) in dem Prozess zwischen Auftraggeber und Unternehmer, bei dem es auf die Feststellung von Mängeln der Bauleistung ankommt, schaltet sich der Architekt ein;
c) der Unternehmer tritt dem Rechtsstreit zwischen Bauherrn und Architekt bei. Der Beitritt erfolgt sowohl in der Variante, bei der der Bauherr Mängelrechte im Wege der Klage geltend macht, als auch in Fällen, bei denen der Bauherr sich gegen den Werklohnanspruch des Architekten mit Mängelrechten verteidigt.

1. Muster: Beitritt des Subunternehmers, der den beklagten Hauptunternehmer (Generalunternehmer) unterstützt

 

Rz. 77

Muster 9.9: Beitritt des Subunternehmers, der den beklagten Hauptunternehmer (Generalunternehmer) unterstützt

 

Muster 9.9: Beitritt des Subunternehmers, der den beklagten Hauptunternehmer (Generalunternehmer) unterstützt

An das

Landgericht

_________________________

_________________________ (AZ)

In dem Rechtsstreit _________________________ (volles Rubrum)

tritt

das Bauunternehmen _________________________ (genaue Firmenangaben/Anschrift)

Prozessbevollmächtigte: _________________________

der beklagten Partei als Nebenintervenient bei.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung werden wir beantragen,

 
  die Klage abzuweisen.

Begründung:

1. Zulässigkeit der Streithilfe

Gegenstand des vorliegenden Prozesses sind Mängelrechte des Auftraggebers, der von dem beklagten Bauunternehmer _________________________ (Nacherfüllung/Kostenvorschuss/Kostenersatz/Minderung/Schadensersatz) wegen Mängeln an dem Bauvorhaben des Klägers in _________________________ verlangt. Die Streithelferin war an diesem Bauvorhaben als Subunternehmerin der Beklagten (Auftragnehmerin des beklagten Generalunternehmers) tätig. Sie hat ein rechtliches Interesse an der Unterstützung der Hauptunternehmerin, weil die Entscheidung in dem vorliegenden Prozess unmittelbare Auswirkungen auf ihr Rechtsverhältnis zu der Hauptunternehmerin hat. Die Hauptunternehmerin verweigert ihr die Werklohnzahlung unter Hinweis auf den vorliegenden Rechtsstreit.

2.

Die Klageforderung ist nicht begründet. Die Streithelferin hat ihre Bauleistungen mangelfrei erbracht.

Die Streithelferin erhielt von der Beklagten als Subunternehmerin den Auftrag zur Ausführung der _________________________-Arbeiten (genaue Bezeichnung) an dem Bauvorhaben _________________________ (genaue Bezeichnung)

 
  Beweis: anliegendes Auftragsschreiben vom _________________________

Dem Auftrag liegt das Angebot der Streithelferin vom _________________________ zugrunde.

 
  Beweis: anliegendes Angebot vom _________________________

Die von der Streithelferin in Ausführung dieses Subunternehmervertrages erbrachten Leistungen entsprechen den vertraglichen Vereinbarungen und erfüllen die allgemein anerkannten Regeln der Technik. _________________________ (detaillierte Ausführungen zu den Leistungen). Die erbrachte Bauleistung ist mangelfrei.

 
  Beweis: Einholung eines Sachverständigengutachtens

Da die Bauleistungen keine Mängel im Sinne des § 633 Abs. 2 BGB aufweisen, kann die Klage des Auftraggebers keinen Erfolg haben.

(Unterschrift) (Rechtsanwalt)

2. Anmerkungen

a) Zeitpunkt des Beitritts

 

Rz. 78

Ein Rechtsstreit muss schon oder noch anhängig sein. Der Beitritt kann auch nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit dem Ziel ihrer Wiedereröffnung gem. § 156 ZPO erfolgen. Es ist zudem möglich, in der Berufungs- oder in der Revisionsinstanz beizutreten.[105] Nach Urteilszustellung und vor Rechtsmitteleinlegung erfolgt der Beitritt noch in der unteren Instanz. Wird der Beitritt mit dem Rechtsmittel verbunden, § 66 Abs. 2 ZPO, muss der beim Rechtsmittelgericht einzureichende Schriftsatz sowohl die Voraussetzungen des § 70 ZPO als auch des § 519 ZPO bzw. des § 549 ZPO erfüllen. Rechtsmittel i.S.d. § 66 Abs. 2 ZPO sind auch Rechtsbehelfe wie der Widerspruch gegen den Mahnbescheid, der Einspruch gegen ein Versäumnisurteil oder einen Vollstreckungsbescheid und der Widerspruch gem. § 924 ZPO im einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Der Nebenintervenient, der dem Rechtsstreit bis zum Eintritt der Rechtskraft nicht formgerecht beigetreten ist, kann den Beitritt allerdings nicht mehr mit einem Wiedereinsetzungsgesuch nachholen.[106] Die dem Streithelfer gewährte Möglichkeit, die Beitrittserklärung mit der Einlegung des Rechtsmittels zu verbinden, erweitert nicht den Zeitraum, in dem die Beteiligung am Rechtsstreit erklärt werden kann. Die Regelung ändert nichts daran, dass Beitritt und Rechtsmittel zwei ...

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