Rz. 67

Kommt es zu einem Personenschaden, ist bei der Bezifferung des daraus resultierenden Schmerzensgeldes zu berücksichtigen, dass dies i.d.R. zu einer erleichterten Beweisführung für den Eintritt des Schadens führt, jedoch im Gegenzug auch Abzüge bei der Höhe erfolgen.

 

Rz. 68

Das Vorhandensein von Vorschäden begründet für die Bemessung der Höhe durchaus Kausalitätsprobleme, da bestimmt werden muss, in welchem Umfang die erlittenen Schmerzen und sonstigen Beeinträchtigungen bereits durch die Vorerkrankung verursacht wurden. Es reicht jedoch für die Haftung dem Grunde nach aus, dass das Unfallgeschehen sich mitursächlich ausgewirkt hat.

 

Rz. 69

Muster 9.17: Berücksichtigung von Vorerkrankungen bei der Bemessung des Schmerzensgeldes

 

Muster 9.17: Berücksichtigung von Vorerkrankungen bei der Bemessung des Schmerzensgeldes

_________________________ Versicherung AG

_________________________

_________________________

Schaden-Nr./VS-Nr./Az. _________________________

Schaden vom _________________________

Pkw _________________________, amtl. Kennzeichen _________________________

Sehr geehrte Damen und Herren,

soweit Sie mit Schreiben vom _________________________ die Auffassung vertreten, der Schmerzensgeldanspruch meiner Mandantin sei erheblich zu reduzieren, vermag ich mich damit nicht einverstanden zu erklären. Ihre hierzu angeführten Argumente überzeugen nicht. Sie stehen im Widerspruch zur einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur.

Dies gilt zunächst für Ihre Auffassung, der erhebliche Personenschaden meiner Mandantin sei Folge ihrer Vorerkrankung. Tatsächlich kommt es hierauf nicht an. Für die Bezifferung des Schmerzensgeldes ist entscheidend, ob und inwieweit degenerative Vorschäden konkreten Einfluss auf das jetzige Beschwerdebild hatten.

Richtig ist zwar, dass meine Mandantin bereits seit längerem an _________________________ erkrankt ist. Die Erkrankung führte jedoch bis zum Verkehrsunfall zu keinerlei Beschwerden im Bereich der _________________________. Dies wird erforderlichenfalls durch den Hausarzt meiner Mandantin zeugenschaftlich bestätigt werden können. Folglich führt die Vorerkrankung zu keiner Reduzierung des Schmerzensgeldanspruchs.

Dasselbe gilt für den von Ihnen erhobenen Einwand, meine Mandantin habe aufgrund ihrer Vorerkrankung eine besondere Veranlagung zu _________________________. Das Risiko, durch einen verhältnismäßig geringfügigen Unfallhergang einen weit reichenden Personenschaden zu verursachen, trägt allein der Schädiger und nicht der Geschädigte (OLG Köln MDR 1968, 1008). Die besondere Anfälligkeit des Geschädigten zu Personenschäden ist allein vom Schädiger zu vertreten (BGH zfs 1996, 290). Im Übrigen ist eine Unfallursächlichkeit auch bereits dann anzunehmen, wenn aufgrund einer Vorverletzung ausnahmsweise schon geringe auf den Körper einwirkende Kräfte zur Herbeiführung der Verletzungsfolgen ausreichen können (OLG Stuttgart VersR 2005, 424). Folglich können Sie sich nicht darauf berufen, meine Mandantin habe lediglich einen geringeren Anspruch auf Schmerzensgeld.

Zusammenfassend habe ich Sie aufzufordern, den mit Schreiben vom _________________________ bezifferten Schmerzensgeldbetrag in Höhe von _________________________ unverzüglich, spätestens jedoch bis zum

_________________________ (14-Tages-Frist)

auszugleichen. Andernfalls werde ich meiner Mandantin empfehlen, eine gerichtliche Klärung dieser Frage herbeizuführen.

Mit freundlichen Grüßen

(Rechtsanwalt)

 

Rz. 70

 

Hinweis

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass der BGH[77] dennoch die Auffassung vertritt, eine besondere Schadensbereitschaft könne bei der Bezifferung der Schmerzensgeldhöhe Berücksichtigung finden.

 

Rz. 71

Muster 9.18: Berücksichtigung von Vorerkrankungen bei der Höhe des Schmerzensgeldes

 

Muster 9.18: Berücksichtigung von Vorerkrankungen bei der Höhe des Schmerzensgeldes

Bei Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes ist unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit zu berücksichtigen, dass die Handlung des Schädigers nur eine schon vorhandene Schadensbereitschaft ausgelöst hat und/oder entsprechende Vorverletzungen bereits vorhanden gewesen sind (BGH VersR 1981, 1178; OLG Celle, Urt. v. 1.2.2011 – 14 W 47/10 und LG Magdeburg, Urt. v. 18.7.2007 – 9 O 361/01 – jeweils juris). Bei erheblichen und überwiegenden Vorschäden bzw. einer primär ursächlichen Schadensveranlagung kann das in vergleichbaren Fällen ohne diese Gesichtspunkte für angemessen erachtete Schmerzensgeld unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit um bis zu 80 % zu reduzieren sein (OLG Frankfurt VersR 1993, 853 = NZV 1993, 67).

Dies ist vorliegend auch der Fall. Selbst wenn die von der Klägerseite behaupteten Verletzungen als unfallbedingt angesehen werden, ist ein erheblicher Abschlag in Höhe von _________________________ % geboten. Dies insbesondere unter Berücksichtigung, dass _________________________.

[77] BGH zfs 1998, 93.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge