Rz. 343

Der Bundesgerichtshof hat aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seine Kernbereichstheorie entwickelt. Der Zugewinnausgleich ist hierbei aber weniger Ausfluss nachehelicher Solidarität als Ausdruck einer Teilhabegerechtigkeit, die zwar im Einzelfall ehebedingte Nachteile ausgleichen kann, in ihrer Typisierung aber weit über dieses Ziel hinausgreift. Das Bundesverfassungsgericht habe zwar verdeutlicht, dass beide Ehegatten grundsätzlich auch Anspruch auf gleiche Teilhabe am gemeinsam Erwirtschafteten haben. Diese fiktive Gleichgewichtung schließt jedoch die Möglichkeit der Ehegatten, ihrer individuell vereinbarten Arbeitsteilung oder einer evident unterschiedlichen ökonomischen Bewertung ihrer Beiträge in der Ehe durch eine vom Gesetz abweichende einvernehmliche Regelung angemessen Rechnung zu tragen, nicht aus.

 

Rz. 344

Im Übrigen greife der Zugewinnausgleich über die teleologischen Grundlagen der Verfassungsgerichtsrechtsprechung insofern hinaus, als er aus Pauschalierungsgründen auch solche Wertschöpfungen ausgleiche, die überhaupt keine gemeinsame Lebensleistung der Ehegatten darstellen.[193] Die autonome Bewertungsbefugnis, wie sie in der gesetzlichen Eröffnung des Güterstands der Gütertrennung liege, sei nicht durch eine verfassungsrechtlich gebotene ökonomische Gleichbewertung ausgeschlossen. Hierfür fehle es an einer verfassungsrechtlichen Herleitung.[194]

 

Rz. 345

Der Zugewinnausgleich spielte daher in der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zunächst praktisch keine Rolle.

[193] Gemeint sind wohl Lottogewinne und Schmerzensgelder.

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