Rz. 227

Ehegattenunterhalt kann als außergewöhnliche Belastung bis zu einem Gesamtbetrag von 13.805 EUR pro Jahr steuerlich geltend gemacht werden (Sonderausgaben). Dies hängt von den individuellen Steuermerkmalen des Pflichtigen ab. Diese Möglichkeit ist allerdings von der Mitwirkung des anderen Ehegatten, nämlich von seiner Zustimmung, abhängig.

Über 13.805 EUR pro Jahr hinausgehende Unterhaltszahlungen können nicht, auch nicht als außergewöhnliche Belastung, geltend gemacht werden.

 

Rz. 228

Sind die Ehegatten getrennt zur Einkommensteuer zu veranlagen, weil die Voraussetzungen zur gemeinsamen Veranlagung nicht mehr vorliegen (die endgültige Trennung erfolgte im Jahr vor dem Steuerjahr), stellt das begrenzte steuerliche Realsplittung einen klassischen Anwendungsfall der "Kuchenvergrößerung" dar. Es werden externe Vorteile generiert, die bei richtiger Handhabung beiden getrennten oder geschiedenen Ehegatten zugutekommen können und, je nach Unterhaltshöhe, im Vergleich zur Geltendmachung des Unterhalts als außergewöhnliche Belastung, höher sein können.

 

Rz. 229

Vielfach wird verkannt, dass Unterhalt im Sinn des Steuerrechts nicht nur geleisteter Barunterhalt ist. Vielmehr kommen hier ebenso Sachleistungen jeder Art in Betracht, insbesondere das zur Verfügung stellen von Wohnraum, wobei es dem Grunde nach nicht darauf ankommt, ob dieser im gemeinsamen oder im alleinigen Eigentum des Unterhaltsverpflichteten steht. Bei gemeinsamem Eigentum sind Sachleistungen allerdings zusätzlich vom Pflichtigen für den Berechtigten übernommene verbrauchsunabhängige Kosten.

 

Rz. 230

Der Unterhaltsberechtigte muss im Gegenzug den Unterhalt als sonstige Einkünfte versteuern und hat daher seinerseits einen Nachteil, den ihm der Verpflichtete wiederum ersetzen muss. Da der Unterhaltsanspruch ein Einkommensgefälle voraussetzt, hat der Pflichtige aufgrund der Progressionsdifferenz aber in der Regel eine höhere Steuerersparnis als der Steuernachteil des Berechtigten beträgt, sodass sich die Sache "rechnet".

 

Rz. 231

Dem Unterhaltspflichtigen obliegt es, den mit dem begrenzten steuerlichen Realsplitting verbundenen Vorteil zu generieren und dem Berechtigen den diesem entstehenden finanziellen Nachteil zu erstatten. Der Berechtigte muss dem Verfahren nur zustimmen, wenn der Pflichtige ihm den Nachteilsausgleich zusichert. Die Zustimmung zum Realsplitting kann im Streitverfahren nur Zug um Zug gegen die Zusicherung des Nachteilsausgleichs verlangt werden, was sich im hier zu erörternden Zusammenhang der Ehe- bzw. Scheidungsfolgenvertragslösung erübrigt.

 

Rz. 232

Bestehen Bedenken gegen die Zahlungswilligkeit oder -fähigkeit des zum Nachteilsausgleich verpflichteten Ehegatten (Zwangsvollstreckung, Vermögensoffenbarung, Insolvenzverfahren), kann eine Sicherheitsleistung verlangt werden.[140]

 

Rz. 233

Die Aufrechnung gegen den Nachteilsausgleich mit anderen Forderungen ist wegen § 394 BGB nicht möglich, da der Nachteilsausgleich Unterhaltscharakter hat.[141]

 

Rz. 234

Hinsichtlich des Nachteilsausgleichs ist Vorsicht geboten: Das Bundessozialgericht betrachtet Unterhalt als Einkommen, sodass, evtl. in Addition mit eigenen, ggf. geringfügigen Einkünften, der Unterhaltsberechtigte sozialversicherungspflichtig werden kann. Auch auf evtl. bezogenes Erziehungsgeld ist zu achten. In diesem Zusammenhang besteht die Möglichkeit, das Realsplitting auf einen Teilbetrag der Unterhaltsleistungen zu begrenzen, sodass der optimale Steuervorteil abgeschöpft wird. Dies zu beurteilen sollte man im Zweifel dem Steuerberater des Mandanten überlassen.

 

Rz. 235

Der Unterhaltspflichtige kann die Nachteile, die dem Unterhaltsberechtigten erwachsen können, mangels Kenntnis der zugrunde liegenden Einzeltatsachen von sich aus nicht abschätzen. Es wird daher vertreten, dass diese vom Unterhaltsberechtigten konkret darzulegen sind, sofern derartige Nachteile im Einzelfall in Betracht kommen. Dies ist nicht der Fall, wenn feststeht, dass der Unterhaltsberechtigte keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.[142]

 

Rz. 236

Bei Geltungsdauer der steuerrechtlichen Erklärungen ist zu unterscheiden:

Die Geltendmachung des Sonderausgabenabzugs muss jährlich neu beantragt werden.
Die Zustimmung des anderen Teils gilt so lange als unbefristet, bis sie zeitlich beschränkt (befristet) oder später widerrufen wird, was jederzeit für die künftigen Steuerjahre möglich ist.
 

Rz. 237

Die Zustimmung kann in formfreier Erklärung oder über die Anlage U erfolgen.

 

Rz. 238

Der Steuervorteil kann bereits monatlich – und nicht erst in der Jahressteuererklärung generiert werden. Hierzu ist ein Lohnsteuerermäßigungsantrag erforderlich, der wiederum zustimmungsbedürftig ist.

 

Rz. 239

Muster 9.33: Zustimmung zum begrenzten steuerlichen Realsplitting

 

Muster 9.33: Zustimmung zum begrenzten steuerlichen Realsplitting

Die Erschienene zu 1) verpflichtet sich dem Erschienenen zu 2), gegenüber dem Finanzamt _________________________ zur Identifikationsnummer _________________________ folgende Erklärung abzugeben: "Ich stimme für den ...

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