Rz. 26

Wozu ist das Wohngeldrecht im Kontext mit Erbfall und Schenkung von praktischer Bedeutung?

 

Fallbeispiel 79: Ererbtes Vermögen und der behinderte Erbe

Der Sohn S ist in einer Einrichtung der Behindertenhilfe untergebracht und bezieht

Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII (§§ 41 ff.),
Eingliederungshilfe nach § 102 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX (Leistungen zur sozialen Teilhabe).

Seine Eltern haben ein Berliner Testament mit der gegenseitigen Alleinerbeneinsetzung auf den Erstversterbenden errichtet. Ein Pflichtteilsanspruch in Höhe von 54.000 EUR ist entstanden. Der Sozialhilfeträger hebt den Grundsicherungsbescheid wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse nach § 48 SGB X auf und verweist auf den vorrangigen Verbrauch des Geldes aus dem Pflichtteil. Auf was ist jetzt zu achten?

 

Rz. 27

Die Aufhebung der existenzsichernden Grundsicherung (§§ 41 ff. SGB XII, §§ 82 Abs. 7, 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII) hat bedeutsame Folgen. Wer Grundsicherung bezieht, hat einen Anspruch auch auf Kranken- und Pflegeversicherung. Fällt sie weg, fällt auch die Versicherung weg und er muss sich sofort darum kümmern. Gleichzeitig muss man sich umso mehr darum kümmern – insbesondere als Betreuer – welche anderen Leistungen man stattdessen generieren kann.

 

Rz. 28

Die Eingliederungshilfeberechtigung fällt nicht weg, denn der Pflichtteilszufluss stellt nach § 135 SGB IX kein Einkommen dar. Maßgeblich für die Ermittlung des sozialrechtlichen Eigenbeitrags nach § 136 SGB IX ist die Summe der Einkünfte des Vorvorjahres nach § 2 Abs. 2 EStG. Darunter fällt der Pflichtteil nicht. Er ist vielmehr Vermögen i.S.v. § 139 SGB IX und liegt unterhalb des dortigen Vermögensschonbetrags (150 % von 39.480 EUR = 59.220 EUR, Bezugsgröße nach § 18 SGB IV für die alten Bundesländer und 150 % von 37.380 EUR = 56.700 EUR für die neuen Bundesländer).

 

Rz. 29

Ergebnis Fallbeispiel 79:

Sinnvoll und notwendig ist es, einen Wohngeldantrag zu stellen. Bis zum Zufluss des Pflichtteilsanspruchs war S als Grundsicherungsempfänger nämlich vom Wohngeld nach § 7 WoGG ausgeschlossen.

Mit dem Wegfall der Grundsicherung ist auch der Ausschlusstatbestand des § 7 WoGG weggefallen und damit entsteht Wohngeldberechtigung. Das ist selbstverständlich keine Kompensation, aber für Betreuer pflichtgemäß zu beachten.

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