Rz. 8

Begründeter Anlass zu Eignungszweifeln ist der Anlass zur Annahme, dass der Kraftfahrer unter einer Mangeldurchblutung des Gehirns leidet, die zu plötzlichen Bewusstseinsverlusten führen könne. Eine Überprüfung in Form einer medizinisch-psychologischen Untersuchung ist bei hier in Betracht kommenden Bewusstseinsverlusten auch das geeignete und verhältnismäßige Mittel, um die konkret aufgetauchten Eignungszweifel aufzuklären.[20]

 

Rz. 9

Ein Verkehrsunfall, der durch einen Kreislaufzusammenbruch mit einer plötzlich auftretenden Bewusstseinsstörung verursacht wurde, bedarf der Aufklärung durch ein amtsärztliches Gutachten (§ 11 Abs. 2 S. 1 und S. 3 Nr. 2 FeV). Hierbei ist zu begutachten, ob dies nur auf eine einmalige Störung der körperlichen Leistungsfähigkeit zurückzuführen war oder aber auf eine dauerhafte oder wiederkehrende Erkrankung mit einer Gefahr jederzeit möglicher Wiederholung.[21]

 

Rz. 10

Bei psychischen Störungen ist nicht nur ein medizinisches, sondern auch ein psychologisches Gutachten nicht zu beanstanden – Doppelbegutachtung.[22]

 

Rz. 11

Epileptische Anfälle bieten einen hinreichenden Grund für berechtigte Zweifel an der gesundheitlichen Eignung.[23] Unter ausführlicher Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BVerfG[24] kommt das OVG Saarland[25] im Zusammenhang mit epileptischen Anfallsleiden vor und während eines Verkehrsunfalls zum Ergebnis, dass ein Gutachten zu Recht angefordert wurde.

 

Rz. 12

Durch die 5. ÄndVO zur FeV[26] ist nunmehr bei Epilepsie Anlage 4 zur FeV in Nr. 6.6 dahingehend geändert worden, dass bei Fahrerlaubnisklassen der Gruppe 1 ausnahmsweise die Fahreignung besteht, wenn kein wesentliches Risiko von Anfallsrezidiven mehr besteht, z.B. der Betroffene ein Jahr anfallsfrei war. Ebenso ist für Fahrerlaubnisklassen der Gruppe 2 festgelegt, dass ausnahmsweise die Kraftfahreignung besteht, wenn kein wesentliches Risiko von Anfallsrezidiven mehr besteht; in diesem Fall z.B., indem der Betroffene ohne Therapie fünf Jahre anfallsfrei war.[27]

Kein Eignungsmangel besteht hingegen bei einem einmaligen Krampfanfall.[28] Auch andere Anfallsleiden können die Fahreignung ausschließen. Die sichere Diagnose einer Epilepsie ist nicht erforderlich, maßgeblich sind die ärztlich festgestellten verkehrsrelevanten Leistungsbeeinträchtigungen.[29]

 

Rz. 13

Bei stark schwankenden Blutzuckerwerten und insgesamt schwieriger Einstellung eines Diabetes mellitus, die in der Vergangenheit mehrfach zu Verkehrsunfällen geführt haben, ist eine Entziehung der FE zwingend geboten, sofern der Betroffene aus fachärztlicher Sicht aktuell nicht in der Lage ist, ohne Gefahr für sich und andere Verkehrsteilnehmer Kraftfahrzeuge sicher zu führen.[30]

 

Rz. 14

Ist ein an Schizophrenie erkrankter FE-Inhaber verpflichtet, regelmäßig Befundberichte über den Verlauf der Erkrankung und die Auswirkungen auf die Kraftfahreignung vorzulegen, kommt einer derartigen Kontrollauflage aber nicht nach, so darf die Fahrerlaubnisbehörde in entsprechender Anwendung des § 11 Abs. 8 FeV auf die Fahrungeeignetheit des Betroffenen schließen. Ein Widerruf nach Art./§ 49 LandesVwVfG wegen Nichtbeachtung der Auflagen im Sinn von § 2 Abs. 4 S. 2 StVG, § 23 Abs. 2 S. 1 FeV kommt nicht in Betracht, da die Regelungen über den Entzug der FE im StVG und der FeV vorrangig und abschließend sind.[31]

 

Rz. 15

Sind Einlassungen eines Führerscheininhabers im Verwaltungsverfahren nicht nur Meinungsäußerungen, sondern ergeben sich aus ihnen deutliche Hinweise auf Wahnvorstellungen über tatsächliche Geschehensabläufe (ständiges Versprühen giftiger Chemikalien über Berlin, Bestreiten der Rechtsstaatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland und die Gültigkeit deren Gesetze) i.S.v. Nr. 7 der Anlage 4 zur FeV, ist eine sichere Teilnahme des FE-Inhabers am Straßenverkehr durch geistige, ggf. auch durch charakterliche Mängel nicht mehr gewährleistet und seine Begutachtung aus Gründen der Abwehr drohender Gefahren für die Verkehrssicherheit gerechtfertigt.[32]

Zweifel an einem hinreichenden Realitätssinn folgen auch aus einem beharrlichen Vorbringen in Sanktionsverfahren aufgrund von Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr sowie Vollstreckungsverfahren, dass ein Betroffener "Bürger des Deutschen Reiches" sei, er unterstehe nicht den Behörden und Gerichten der "erloschenen BRD".[33]

 

Rz. 16

Auch bei einer erfolgreichen Behandlung von Herzrhythmusstörungen können die Folgeerscheinungen aufgrund einer durch die Herzrhythmusstörungen mit Bewusstseinseintrübungen verursachten Minderdurchblutung des Gehirns das psycho-funktionale Leistungsniveau des Betroffenen in fahreignungsausschließender Weise beeinträchtigen.[34]

 

Rz. 17

Bei Personen, die an der Parkinson’schen Krankheit leiden, sind nach Nr. 6.3 der Anlage 4 zur FeV auch bei leichten Fällen und erfolgreicher Therapie Nachuntersuchungen in Abständen von 1, 2 und 4 Jahren vorzunehmen. Da es sich um eine Erkrankung mit chronisch fortschreitendem Charakter handelt, ist entsprechend dem Sinn und Zweck der Regelung, die Allgemein...

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