Rz. 253

Sofern die Erbengemeinschaft Inhaber des Gegenstandes ist, der in Erfüllung des Vermächtnisses auf den Vermächtnisnehmer zu übertragen ist, müssen grundsätzlich alle Miterben gemäß § 2040 BGB als Gesamthänder mitwirken; unbenommen bleibt es diesen, sich wechselseitig zu vertreten (§§ 164 ff. BGB) oder zu ermächtigen (§ 185 BGB) oder später das Geschäft anderer Miterben zu genehmigen (§§ 182 ff. BGB).

 

Rz. 254

Der gesetzliche Vertreter kann hier zugleich mehrere minderjährige Miterben vertreten, weil alle Minderjährigen auf der "gleichen Seite" stehen, also parallel gerichtete Erklärungen an den Vermächtnisnehmer abgeben (siehe Rdn 182).[55] Es kann der gesetzliche Vertreter auch zugleich noch für sich selbst handeln. Die Übertragung des Vermächtnisgegenstandes muss – obgleich aufgrund des Vermächtnisses ein Anspruch darauf besteht – dennoch gegebenenfalls gem. §§ 1643, 1915, 1821, 1822 BGB vom Familiengericht genehmigt werden.[56]

Ist der Vermächtnisnehmer der gesetzliche Vertreter eines minderjährigen Miterben, so steht der Erfüllung des Vermächtnisses § 181 BGB nicht entgegen, da in Erfüllung einer Verbindlichkeit, nämlich des Anspruchs auf das Vermächtnis, gehandelt wird. Gleiches gilt, wenn ein anderer Minderjähriger Vermächtnisnehmer ist.

 

Rz. 255

Ist der Minderjährige nur Vorerbe oder Mit-Vorerbe und fällt der Vermächtnisgegenstand unter §§ 2113, 2114 BGB, handelt es sich insbesondere um ein Grundstück, so bedarf die Erfüllung des Vermächtnisses nicht zusätzlich zur familienrechtlichen Genehmigung der Zustimmung des Nacherben; die Erfüllung des Vermächtnisses beeinträchtigt nämlich nicht die Rechte des Nacherben.[57] Es handelt sich um keine unentgeltliche Verfügung des Vorerben (vgl. § 2113 Abs. 2 BGB), sondern um eine unentgeltliche Zuwendung des Erblassers. Grundbuchmäßig kann deshalb der Nachweis der Entgeltlichkeit durch Einsicht in die Nachlassakten bzw. durch beglaubigte Kopie der Verfügung von Todes wegen nebst Eröffnungsprotokoll erbracht werden.[58]

Die Genehmigung des Familiengerichts nach §§ 1821, 1822 BGB ist selbst dann vonnöten, wenn der Minderjährige nur mit 1/1.000 am Nachlass beteiligt ist, aus dem das Vermächtnis zu erfüllen ist.

Anders als bei der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses (vgl. Rdn 239) vertritt die Mehrheit der Miterben hier nicht die Minderheit, weil es sich nicht um eine Verwaltungsmaßnahme (vgl. Rdn 223) handelt.

[55] Staudinger/Schilken, BGB, 2014, § 181 Rn 8; Soergel/Leptien, BGB, 13. Aufl., § 181 Rn 12; BGHZ 50, 8, 10.
[56] Soergel/Zimmermann, BGB, 13. Aufl., vor § 1822 Rn 4; BayObLG FamRZ 1977, 141.
[57] Staudinger/Avenarius, BGB, 2013, § 2113 Rn 53; Soergel/Harder/Wegmann, BGB, 13. Aufl., § 2113 Rn 13; KG JFG 22, 98.
[58] OLG Hamm NJW-RR 1996, 1230.

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