Rz. 450

Die Haushaltsführung einschließlich Kindererziehung stellt eine eigene Erwerbstätigkeit dar. Sie wird als wirtschaftlich sinnvolle Verwertung der Arbeitskraft für den Familienunterhalt, also als gleichwertige Unterhaltsleistung erbracht. Die Behinderung bei der Hausarbeit findet aber auch bei der Führungs- bzw. Leitungsaufgabe des Verpflichteten statt. Es genügen alle begleitenden, unterstützenden, helfenden Tätigkeiten, geschlechtsneutral und grundsätzlich auch altersunabhängig.

 

Rz. 451

Die Arbeiten im häuslichen, familiären Umfeld müssen für sich gesehen Vermögenswert haben. Deshalb ist nur der nachhaltige, ernsthafte, "produktive", also mehr als geringfügige Beitrag schadensrechtlich relevant. Unterhalb der Schwelle der Erheblichkeit der Arbeit geht es nicht um wirtschaftliche Momente.

 

Rz. 452

Schon innerhalb primärer Tätigkeitsbereiche (Beschaffen benötigter Güter und Nahrungsmittel; Zubereitung der Nahrung; Instandhaltung der Wäsche; Reinigung der Wohnräume und des Geschirrs sowie der Wäsche und Kleidung; Aufräumen; Organisieren, Betreuung von anderen Haushaltsangehörigen) gibt es Unterschiede in der Handhabung. Andererseits können sekundäre Tätigkeiten, wie die Gartenpflege, Hobby sein. Eine Beeinträchtigung bei der Gartenarbeit führt dann nicht zwangsläufig zum Mehrbedarf und kaum zum Erwerbsschaden, sondern allein zum Schmerzensgeldausgleich. Gartenarbeiten jeder Art können aber auch als Unterhaltsbeitrag empfunden werden. Der tatsächliche Aufwand kann von Saison zu Saison, nach Geschmack und anderen Einflussfaktoren unterschiedlich sein. Des Weiteren ist z.B. die Frage ungeklärt, ob die Haltung von Kleintieren und/oder eines (kleinen) Hundes Hausarbeit sein kann, die Haltung eines Ponys oder (erst?) von (zwei?) Reitpferden aber Hobby ist (Pardey, Haushaltsführungsschaden bei Verletzung oder Tötung, DAR 2006, 672).

 

Rz. 453

Zeitangaben zur Hausarbeit sind deshalb stets bezogen auf den Einzelfall zu hinterfragen. Nur Häufigkeitswerte, die einen Erfahrungswert erkennen lassen, können Basis einer Schätzung sein. Ein entsprechendes antizipiertes Sachverständigengutachten sind die Tabellenangaben von Schulz-Borck/Pardey (siehe unten Rdn 514 ff.) zum Arbeitszeitaufwand nicht, wohl aber enthalten sie verwertbare, auf statistischen Erhebungen beruhende Erfahrungswerte. Dass z.B. die nichtberufstätige Frau mehr Zeit mit Hausarbeit verbringt als die berufstätige Frau, liegt nahe. Das Gleiche gilt für den Mann. Ob eine Frau/ein Mann 5, 6 oder 7 Tage wöchentlich auf sich und/oder andere bezogene Hausarbeiten erledigt, ist jedoch rein individuell zu bestimmen. Geschlechtsneutrale Untersuchungen gibt es nicht. Der statistische Zeitanteil für die Frau ist keine belegte Zeitgröße für einen Mann – und umgekehrt, auch nicht für Partner in gleichgeschlechtlicher Gemeinschaft. Die Tabelle Schulz-Borck/Pardey bezieht sich – im Gegensatz zu der Vorgängerauflage von Schulz-Borck/Hofmann – demzufolge nicht mehr in erster Linie auf den Haushaltsführungsschaden einer Frau und Mutter, sondern ist nun gleichermaßen auch für den Mann angepasst worden.

 

Rz. 454

In dem teilweisen Verlust der Fähigkeit, den Haushalt zu führen, liegt also ein ersatzfähiger Schaden des Geschädigten. Darunter fällt jeder noch so kleine Handgriff und jede haushaltsbezogene Überlegung, wie z.B.:

sämtliche unmittelbaren Haushaltsaufgaben wie Einkaufen, Reinhaltung der Wohnung und der Wäsche, Geschirrspülen, Aufräumen,
die gesamte Planung der Haushaltsführung,
Herrichten von Möbeln,
Pkw-Pflege,
Führung des Schriftverkehrs,
Instandhaltungsarbeiten in der Wohnung/Haus, Schönheitsreparaturen,
Verbesserungsmaßnahmen, Um- und Anbauten,
Veränderungen der Ausstattung und Einrichtung,
Gartenarbeiten,
sämtliche handwerklichen Arbeiten.
 

Rz. 455

Dabei ist aber zu unterscheiden:

Soweit die Haushaltstätigkeit des Geschädigten (auch) sein Beitrag zum Familienunterhalt gewesen ist, stellt sich sein Schaden als Erwerbsschaden i.S.v. § 843 Abs. 1 Alt. 1 BGB dar (also bei mehrköpfigen Familien der Teil der Haushaltstätigkeiten, der die Betreuung von Angehörigen betrifft).
Soweit die Haushaltstätigkeit jedoch allein der Befriedigung der eigenen Bedürfnisse gedient hat, gehört der teilweise Ausfall dieser Tätigkeit zur Schadensgruppe der vermehrten Bedürfnisse i.S.v. § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB (bei Alleinstehenden bzw. der Teil der Haushaltstätigkeit, welcher der Eigenversorgung dient).
Die Aufteilung des Schadens in Mehrbedarf und Erwerbsschaden erfolgt nach Kopfteilen der dem Haushalt angehörenden Personen.
 

Rz. 456

Der Haushaltsführungsschaden teilt sich somit bei einer mehrköpfigen Familie auf in:

1. einen Teilbereich der vermehrten Bedürfnisse, bezogen auf die verletzte berufstätige Hausfrau einerseits sowie
2. im Übrigen als Minderung der Erwerbsfähigkeit bezogen auf die Versorgung der übrigen Familienmitglieder.

Demzufolge kann eine quotenmäßige Aufteilung nach Kopfteilen (z.B. vierköpfige Familie) mangels weiterer Anhaltspunkte ohne weiteres vorg...

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