Rz. 397

Von den vermehrten Bedürfnissen sind auch diejenigen Hilfsmittel abzusetzen, die vom Sozialversicherungsträger nach § 31 SGB VII gewährt werden können. Um welche Hilfsmittel es sich dabei handelt, ergibt sich aus dem Hilfsmittelverzeichnis des § 139 SGB V. Es lässt sich im Internet unter www.rehadat.de finden. Es handelt sich dabei um alle ärztlich verordneten Dinge, die der Heilbehandlung dienen. Daher ist bei jedem Hilfsmittel, das bei einem sozialversicherten Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der "vermehrten Bedürfnisse" geltend gemacht wird, zuvor die Frage des gesetzlichen Forderungsübergangs gem. § 116 SGB X zu prüfen.

a) Medizinische Notwendigkeit

 

Rz. 398

Alle erforderlichen und tatsächlich angefallenen Kosten sämtlicher Heilbehandlungsmaßnahmen und Hilfsmittel sind dem Geschädigten grundsätzlich zu ersetzen. Erforderlich ist, was medizinisch notwendig und objektiv betrachtet zweckmäßig ist. Auf den tatsächlich eingetretenen Heilerfolg kommt es nicht an, eine retrospektive Betrachtungsweise ist also unzulässig.

b) Unzulässigkeit fiktiver Abrechnung

 

Rz. 399

Allerdings sind nur die konkret angefallenen Kosten zu ersetzen, nicht etwa fiktive. Das gilt insbesondere auch bei Schönheitsoperationen, die zwar medizinisch geboten erscheinen, von dem Geschädigten aber tatsächlich nicht durchgeführt wurden. Der Geschädigte kann sich dann nicht etwa diese Heilbehandlungskosten im Vorgriff auf die Zukunft schon jetzt auszahlen lassen. Heilbehandlungskosten sind stets zweckgebunden (BGH NJW 1986, 1538).

 

Rz. 400

Unterbleibt eine solche kosmetische Nachoperation aus verständlichen und akzeptablen Gründen (z.B. hat der Verletzte nach einer Vielzahl komplizierter Operationen einfach keine Lust mehr, sich erneut operieren zu lassen), kann ein Ausgleich nur über die Höhe des Schmerzensgeldes erfolgen. Natürlich ist auch eine Feststellungsklage für die Kosten etwaiger künftiger Operationen möglich.

c) Besuchskosten

 

Rz. 401

Immer wieder gibt es Streit über den Ausgleich der Besuchskosten naher Angehöriger im Krankenhaus.

aa) Medizinische Notwendigkeit

 

Rz. 402

Alleiniges Bemessungskriterium ist die Frage der medizinischen Notwendigkeit derartiger Besuche im Hinblick auf den Heilungsprozess (BGH DAR 1991, 220). Diese Frage kann nur der Arzt beurteilen (OLG Hamm NZV 1993, 151), nicht der Versicherer des Schädigers.

 

Rz. 403

 

Tipp

Versicherer versuchen immer wieder, die Anzahl der für erforderlich gehaltenen Besuchsfahrten so weit wie möglich zu kürzen, oft mit Pauschalierungen wie: 1. Woche Krankenhaus = jeden Tag einmal; 2. Woche = alle zwei Tage; 3. Woche = einmal pro Woche, dann gar nicht mehr. Das ist so lange unzulässig, wie der Arzt die Notwendigkeit der Besuche im Heilungsinteresse des Patienten anders beurteilt. Daher: Stets den Krankenhausarzt anschreiben und sich diese Frage gesondert beantworten lassen. Das dadurch bedingte Arzthonorar hat der Schädiger zu ersetzen.

 

Rz. 404

Wichtig ist, dass es sich bei diesem Anspruch nicht etwa um einen mittelbaren Drittschaden handelt, sondern er dem Geschädigten unmittelbar selbst – als Heilbehandlungsmaßnahme – zusteht (BGH NJW 1979, 598). Die Anzahl der als erforderlich anzusehenden Besuche hängt u.a. von der Schwere der Verletzungen und dem Verwandtschaftsgrad des Besuchers ab. Eltern, Kinder, Ehepartner, Verlobte und Lebensgefährten (vgl. Rdn 414 ff.) haben also besondere Priorität, dann Geschwister und Großeltern.

 

Rz. 405

Auch ohne förmlichen Beweis kann die Anwesenheit des Ehepartners/Lebensgefährten am Krankenbett einer schwer verletzten Person als medizinisch notwendig indiziert angesehen werden, weil der psychische Beistand aus medizinischer Sicht einen wesentlichen Beitrag zur Rekonvaleszenz zu leisten pflegt (OLG Hamm DAR 1998, 317).

bb) Grundsätze der BGH-Rechtsprechung

 

Rz. 406

Der BGH (NZV 1991, 225 = VersR 1991, 559) hat diese Rechtsprechung später noch weiter konkretisiert und die Besuchskosten an folgende Voraussetzungen geknüpft:

nur für nächste Angehörige,
nur bei stationärem Krankenhausaufenthalt,
nur bei medizinischer Notwendigkeit, Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens reicht nicht,
nur unvermeidbare Kosten.

cc) Einzelne Positionen

 

Rz. 407

Hinsichtlich der Fahrtkosten ist stets die wirtschaftlichste Beförderungsart zu wählen. Bei der Benutzung des eigenen Kfz können nur die reinen Betriebskosten ersetzt verlangt werden, die z.B. der ADAC-Tabelle "Was kostet mein Pkw" entnommen werden können.

 

Rz. 408

Als Richtschnur können – je nach Größe des benutzten Pkw (ist also stets anzugeben) – die steuerlich anerkannten km-Sätze, d.h. bis zu 0,25 EUR angesetzt werden. In letzter Zeit werden vermehrt einheitlich 0,20 EUR angesetzt (OLG Schleswig und LG Dortmund zfs 1990, 259; OLG Hamm DAR 1994, 496; 1994, 496; 1997, 56; 1998, 317). Angesichts der Kostensteigerungen allein schon bei den Treibstoffen dürfte heute mindestens 0,30 EUR bis 0,40 EUR gerechtfertigt sein (vgl. § 8 Rdn 415).

 

Rz. 409

Übernachtungskosten sind nur ersetzbar, soweit sie sich zumutbar nicht vermeiden lassen.

 

Rz. 410

Verpflegungsaufwand ist ebenfalls nur in den engen Grenzen der Schadensminderungspflicht ersetzbar.

 

Rz. 411

Verdienstausfall ist nur insoweit zu ersetze...

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