Rz. 1

Erkundigungen des potenziellen neuen Arbeitgebers bei dem oder den bisherigen Arbeitgebern, entweder direkt oder indirekt über eingeschaltete Personalberater, gehören in der Praxis zum Standard der Personalbeschaffungsarbeit. Sie sind jedoch in ihrer rechtlichen Zulässigkeit, insb. im Hinblick auf die mit der Erkundigung korrespondierende Auskunftserteilung des bisherigen Arbeitgebers vor dem Hintergrund des Datenschutzes und des Persönlichkeitsrechtes, nicht unumstritten (vgl. Schulz, NZA 1990, 717).

 

Rz. 2

Im Ergebnis wird man danach unterscheiden müssen, ob das Arbeitsverhältnis zwischen dem Bewerber und dem um Auskunft ersuchten Arbeitgeber gekündigt oder ungekündigt ist.

 

Rz. 3

Steht der Bewerber in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis, ist es dem potenziellen Arbeitgeber untersagt, ohne Einverständnis des Bewerbers den gegenwärtigen Arbeitgeber zu kontaktieren. Dies gebietet der Schutz des Persönlichkeitsrechtes des Bewerbers, dessen Beachtung der potenzielle Arbeitgeber dem Bewerber aufgrund der in das vorvertragliche Vertrauensverhältnis ausstrahlenden Fürsorgepflicht schuldet. Verletzt der potenzielle Arbeitgeber diese Pflicht und erleidet der Bewerber hierdurch Nachteile, so kann der potenzielle Arbeitgeber dem Bewerber ggü. zum Schadensersatz verpflichtet sein (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 u. 3 BGB).

 

Rz. 4

Erkundigungen bei früheren Arbeitgebern oder bei dem gegenwärtigen Arbeitgeber, mit dem der Bewerber in einem bereits gekündigten Arbeitsverhältnis steht, sind demgegenüber grds. zulässig (BAG v. 18.12.1984 – 3 AZR 389/83). Als tatsächliche Handlung wird die Erlaubnis jedenfalls aus Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO herzuleiten sein, wenn sie zur Erfüllung eines Vertrags oder zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich ist. Die Erforderlichkeit richtet sich dann am zulässigen Umfang des arbeitgeberseitigen Fragerechts aus (vgl. Schwarz, ArbRAktuell 2018, 514).

 

Rz. 5

Ob dies auch bei ausdrücklich erklärtem Verbot des Bewerbers gilt, ist fraglich, für die Praxis jedoch im Hinblick auf die damit verbundene "Selbstauskunft des Bewerbers" unerheblich.

 

Rz. 6

Ob der sich erkundigende Arbeitgeber den Bewerber von sich aus über das Ergebnis der Erkundigungen unterrichten muss, erscheint fraglich, ist in der Praxis aber empfehlenswert, um dem Bewerber Gelegenheit zur Stellungnahme zu bieten. In jedem Fall wird diese Verpflichtung jedoch bestehen, wenn der Bewerber ausdrücklich danach fragt.

 

Rz. 7

Der in zulässiger Weise kontaktierte Arbeitgeber ist ggü. einem potenziellen neuen Arbeitgeber nicht verpflichtet, Auskunft zu erteilen (vgl. Schaub, NWB 2006, 4617). Eine solche Verpflichtung besteht nur für öffentliche Arbeitgeber (BAG v. 15.7.1960 – 1 AZR 496/58, NJW 1960, 2118). Grds. ist der nicht öffentliche Arbeitgeber berechtigt, auch ohne das Einverständnis seines ehemaligen Arbeitnehmers Auskünfte an Dritte zu erteilen, wenn diese ein berechtigtes Interesse an der Auskunft haben (BAG v. 25.10.1957 – 1 AZR 434/55, BB 1958, 593).

 

Rz. 8

Sofern der ehemalige Arbeitgeber Auskünfte erteilt, müssen die erteilten Auskünfte in Anlehnung an § 630 BGB sorgfältig und wahrheitsgemäß sein und dürfen sich grds. nur auf die Leistung und das Verhalten im Arbeitsverhältnis beziehen. Unzulässig sind insb. Aussagen zum Privatleben des Arbeitnehmers, Arbeitsvertragsinhalte (Ausnahme: Wettbewerbsverbote) und sich auf das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers negativ auswirkende Beendigungsgründe. Negative Auskünfte werden jedoch dann zulässig und erforderlich sein, wenn schwerwiegende, die Eignung für die neue Position grds. infrage stellende Tatsachen vorliegen, deren Offenbarung der anfragende Arbeitgeber billigerweise erwarten darf und die auch einen wohlwollenden und verständigen Arbeitgeber von der Einstellung des Arbeitnehmers abhalten würden (z.B. umfangreiche Unterschlagungen eines sich als Kassierer bewerbenden Buchhalters).

 

Rz. 9

Sind die vom bisherigen Arbeitgeber erteilten Auskünfte bewusst unrichtig und kann der zurückgewiesene Bewerber darlegen und beweisen, dass die Nichteinstellung auf der negativen Auskunft beruht, so kommt ein Schadensersatzanspruch wegen des Verlustes der beim potenziellen Arbeitgeber entgangenen Verdienste in Betracht. Ist die Gefahr weiterer Auskunftserteilung zu besorgen, kann der Arbeitnehmer seinen ehemaligen Arbeitgeber zudem auf Unterlassung in Anspruch nehmen. Dem Dritten haftet der Arbeitgeber wegen eines durch eine fehlerhafte Auskunft verursachten Schadens unter den Voraussetzungen des § 826 BGB.

 

Rz. 10

Vielfach werden in der Praxis im Rahmen von Aufhebungsverträgen bereits Sprachregelungen für die vom bisherigen Arbeitgeber zu erteilenden Auskünfte getroffen. Derartige Vereinbarungen sind grds. zulässig. Sie schränken den Umfang und den Inhalt der möglichen Verlautbarungen ein. Sie verpflichten den Arbeitgeber jedoch nicht, der Wahrheit nicht entsprechende Tatsachen mündlich zu wiederholen. Will der bisherige Arbeitgeber dem Spannungsverhältnis zwischen vertraglich vereinbarte...

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