Rz. 227

Der Erbe haftet nach Annahme der Erbschaft den Nachlassgläubigern wie ein Beauftragter (§§ 1978 Abs. 1 S. 1; 662 ff. BGB). Hier wird im Nachhinein ein Auftragsverhältnis fingiert.[266] Gemäß § 667 BGB hat er das Erlangte herauszugeben. Auch hier gibt ihm das Gesetz einen Ersatzanspruch gegen den Nachlass nach §§ 1979, 1978, 670, 683 BGB, wenn der Erbe den Umständen nach annehmen durfte, dass der Nachlass zur Berichtigung aller Nachlassverbindlichkeiten ausreichen würde. In der Nachlassinsolvenz ist die Forderung des Erben ebenfalls bevorrechtigt nach § 324 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Herausgabe- und Ersatzansprüche fallen in den Nachlass (§ 1978 Abs. 2 BGB) und sind vom Nachlassverwalter bzw. Nachlassinsolvenzverwalter geltend zu machen. U.U. kann die Rückzahlung der Betreuervergütung aus dem Nachlass der betreuten Person angeordnet werden.[267]

 

Rz. 228

Die privilegierte Stellung eines vorrangigen Massegläubigers hat der Erbe dann nicht, wenn er aus eigenen Mitteln eine Nachlassschuld tilgte, obwohl er den Umständen nach nicht annehmen durfte, dass der Nachlass zur Erfüllung aller Nachlassverbindlichkeiten ausreichen würde (§ 1979 BGB). Dann hat er gegen den Nachlass nur einen Bereicherungsanspruch nach §§ 1978 Abs. 3, 684 BGB.[268] Aber im Nachlassinsolvenzverfahren kommt dem Erben doch noch eine Vorzugsstellung zu, indem die erloschene Forderung des Nachlassgläubigers wieder auflebt und dem Erben zufällt, der sie im Insolvenzverfahren geltend machen kann, § 326 Abs. 2 InsO, und nach §§ 412, 401 BGB auch die Sicherungsrechte erhält (in Fortentwicklung der Rechtsprechung des Reichsgerichts RGZ 55, 158).

 

Rz. 229

Den Erben trifft – nach Annahme der Erbschaft – eine Schadensersatzpflicht gemäß § 1980 BGB, wenn er trotz Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der Überschuldung des Nachlasses nicht unverzüglich das Nachlassinsolvenzverfahren beantragt.[269]

Handelt ein Erbe bei Zahlung aus Nachlassmitteln fahrlässig i.S.d. § 1979 BGB, ist er nicht ohne Weiteres verpflichtet, sämtliche zur Schuldentilgung verwendeten Beträge zu erstatten. Der Berechnung des Erstattungsanspruchs ist vielmehr das Ergebnis des Insolvenzverfahrens, soweit es sich nach dem Stand der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatrichter übersehen lässt, zugrunde zu legen. Ersatz kommt nur in Betracht, soweit andere vorrangige oder gleichrangige Gläubiger weniger erhalten, als sie erlangt haben würden, wenn die vorzeitigen Zahlungen unterblieben wären. Wären die Zahlungen unterblieben, würden die jetzt befriedigten Gläubiger mit ihren Forderungen am Nachlassinsolvenzverfahren teilnehmen. Schon daran zeigt sich, dass der Schaden der anderen Gläubiger nicht in der vollen Summe der geleisteten Zahlungen besteht. Der BGH[270] hat diese Erfordernisse zur Ermittlung der Schadenshöhe zwar nur für die Haftung des Nachlassverwalters gemäß § 1985 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1979 BGB aufgestellt. Diese Grundsätze müssten aber gleichermaßen für den gemäß §§ 1978 Abs. 1 S. 1, 1979 BGB haftenden Erben Anwendung finden. In beiden Fällen geht es um die Haftung für eine schuldhafte Verletzung der Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses. Die Höhe des Schadens richtet sich jeweils nach § 249 BGB. In beiden Fällen handelt es sich um Schadensersatzansprüche, die den Nachlassgläubigern zustehen. Dementsprechend hat der BGH in seiner vorgenannten Entscheidung auch keinen wesentlichen Unterschied zwischen der Ersatzpflicht des Erben und des Nachlassverwalters gesehen.[271]

 

Rz. 230

Übersicht: Verantwortlichkeit des Erben gegenüber Nachlassgläubigern für bisherige Verwaltung des Nachlasses

Nach der

Anordnung der Nachlassverwaltung oder der
Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens

ist der Erbe den Nachlassgläubigern für die bisherige Verwaltung des Nachlasses wie der Beauftragte verantwortlich, § 1978 Abs. 1 S. 1 BGB.

Dies gilt auch bei späterer Erhebung der Dürftigkeitseinrede (§ 1990 BGB) oder der Überschwerungseinrede (§ 1992 BGB).

Bei pflichtwidriger Handlungsweise (Auftragsrecht) hat der Nachlassgläubiger einen Schadensersatzanspruch.

Pflichten des Erben gegenüber den Nachlassgläubigern:

Herausgabe des Nachlasses an Nachlassverwalter/Nachlassinsolvenzverwalter
Herausgabe gezogener Nutzungen
Herausgabe von Surrogaten
Ersetzung verbrauchter Nachlassmittel
Schadensersatz wegen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses.

Rechenschaftslegung gem. § 666 BGB und ggf. eidesstattliche Versicherung (§§ 259, 260 BGB nach Anordnung eines der förmlichen Nachlassverfahren:

Detaillierte, übersichtliche, in sich verständliche Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben
Entwicklung der Erbschaft.

Pflicht des Erben zur Beantragung Nachlassinsolvenzverfahren:

Der Erbe hat das Nachlassinsolvenzverfahren zu beantragen, sobald dies zumutbar ist, § 1980 Abs. 1 S. 2 BGB. Ansonsten:

Schadensersatz bei Pflichtverletzung
Haftungsmaßstab: Vorsatz und Fahrlässigkeit
Vermutung der Fahrlässigkeit: kein Gläubigeraufgebot.

Ansprüche aus §§ 1978, 1980 BGB sind

keine Nachlassve...

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