a) Rechtsstellung des Nachlassverwalters
Rz. 402
Der Nachlassverwalter ist Partei kraft Amtes und untersteht der Aufsicht des Nachlassgerichts, §§ 1975, 1961, 1962, 1915, 1837 BGB. Insofern unterscheidet er sich vom Nachlasspfleger i.S.v. §§ 1960, 1961 BGB, der gesetzlicher Vertreter des Erben ist.[370] Im Prozess ist er gesetzlicher Prozessstandschafter. Der Erbe verliert die aktive und passive Prozessführungsbefugnis, § 1984 Abs. 1 BGB. Die durch den Tod des Erblassers unterbrochenen Prozesse nimmt er auf, §§ 239, 246 ZPO. Er hat Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über den Nachlass, §§ 1984 Abs. 1 S. 1; 1985 Abs. 1 BGB, d.h., er kann sich auch mit Wirkung gegenüber dem Nachlass verpflichten, §§ 1975, 1915, 1793 BGB.
b) Aufgaben des Nachlassverwalters
Rz. 403
Die Nachlassverwaltung ist eine Nachlasspflegschaft zum Zwecke der Befriedigung der Nachlassgläubiger. Durch die Anordnung der Nachlassverwaltung überträgt der Erbe die Aufgabe, den Nachlass zu verwalten und die Nachlassverbindlichkeiten zu begleichen, auf den Nachlassverwalter (§§ 1985 Abs. 1, 1986 Abs. 1 BGB).
Rz. 404
Der Nachlassverwalter hat den Nachlass in Besitz zu nehmen, sich einen Überblick über die Aktiva und Passiva zu verschaffen (durch Vorlage des Nachlassverzeichnisses gegenüber dem Nachlassgericht, § 1802 BGB) und ein Aufgebotsverfahren nach §§ 1970 ff. BGB, wenn Grund zur Annahme besteht, dass ihm nicht bekannte Nachlassverbindlichkeiten vorhanden sind, ihn zu verwalten und die Nachlassverbindlichkeiten zu erfüllen, §§ 1985, 1986 BGB. Er entscheidet, ob Nachlassinsolvenz zu beantragen ist (§§ 1985 Abs. 2, 1979, 1980 BGB, § 317 Abs. 1 InsO) und gibt den (Rest-)Nachlass nach Abschluss seiner Tätigkeit an den Erben oder den Insolvenzverwalter heraus, § 1986 BGB. Die Auseinandersetzung des Nachlasses gehört daher auch nicht zu seinen Aufgaben.
Rz. 405
Der Nachlassverwalter kann alle tatsächlichen und rechtlichen Handlungen im Rahmen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft vornehmen. Er ist verpflichtet, über seine Tätigkeit dem Nachlassgericht Auskunft zu geben und jährlich Rechnung zu legen, §§ 1839, 1840, 1841, 1843 BGB.
Gibt der Erbe den Nachlass nicht an den Nachlassverwalter heraus, so muss der Nachlassverwalter Klage auf Herausgabe erheben, denn der Beschluss über die Anordnung der Nachlassverwaltung ist kein Vollstreckungstitel i.S.v. § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO.[371]
c) Rechtshandlungen des Erben
Rz. 406
Rechtshandlungen des Erben sind ab der Anordnung der Nachlassverwaltung absolut unwirksam, § 1984 Abs. 1 S. 2 BGB; § 81 InsO.
Rz. 407
Beispiel
Erblasser E hat an D einen Pkw verkauft, der Kaufpreis ist in monatlichen Raten zu bezahlen, die letzte Rate von 1.000 EUR ist noch offen. Der Sohn des E, S, steht mit D in laufender Geschäftsbeziehung, aus der dem D ein Guthabensaldo von 3.000 EUR zusteht. E stirbt, sein Sohn S wird Alleinerbe. Daraufhin rechnet D mit seiner Forderung in Höhe des Teilbetrages von 1.000 EUR gegen die noch offene Restkaufpreisforderung auf. Einen Monat später wird Nachlassverwaltung angeordnet. Der Nachlassverwalter NV fordert von D die Kaufpreisrate von 1.000 EUR für den Nachlass. D verweigert die Zahlung. NV erhebt im eigenen Namen Klage gegen D auf Zahlung der 1.000 EUR. D beantragt Klagabweisung, weil die Klage sowohl unzulässig als auch unbegründet sei. NV sei nicht aktiv legitimiert, er könne die Kaufpreisforderung nicht im eigenen Namen geltend machen, allenfalls als Vertreter des Erben S. Außerdem sei die Forderung durch Aufrechnung erloschen, die Klage deshalb auch unbegründet.
Lösungsvorschlag
Die Klage ist zulässig. NV hat als Nachlassverwalter die Stellung einer Partei kraft Amtes und kann deshalb als gesetzlicher Prozessstandschafter im eigenen Namen Forderungen für den Nachlass des E geltend machen (§ 1984 Abs. 1 BGB; RGZ 135, 305). Die Klage ist auch begründet. Die durch die Aufrechnungserklärung zunächst erloschene Restkaufpreisforderung ist mit der Anordnung der Nachlassverwaltung wieder aufgelebt. Die Aufrechnung gilt gemäß § 1977 Abs. 2 BGB mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Erbfalls als nicht erfolgt.
d) Genehmigungserfordernisse
Rz. 408
Es bestehen Genehmigungserfordernisse nach §§ 1821 ff. BGB von Seiten des Nachlassgerichts, auch wenn der Erbe volljährig ist (wegen der Verweisung in §§ 1975, 1962, 1915 BGB).
Die Zuständigkeit des Nachlassgerichts ergibt sich aus § 1962 BGB.
Übersicht über die genehmigungspflichtigen Geschäfte und die Rechtsfolgen fehlender Genehmigung
Genehmigungserfordernis = Sollvorschrift
▪ | Anlage mit Sperrvermerk, § 1809 BGB |
▪ | Geldanlage, § 1810 BGB |
▪ | andere Geldanlagen, § 1811 BGB |
▪ | Hinterlegung und Umschreibung von Inhaberpapieren, §§ 1814, 1815 BGB |
▪ | Begründung und Auflösung eines Erwerbsgeschäfts, § 1823 BGB. |
Fehlende Genehmigung = trotzdem wirksam
Genehmigungserfordernis = Mussvorschrift
▪ | Verfügung über Forderung und Wertpapier, § 1812 BGB |
▪ | Verfügung nach Umwandlung von Inhaberpapieren, § 1820 BGB |
▪ | Grundstücksgeschäfte, § 1821 BGB |
▪ | Sonstige Geschäfte Katalog § 1822 BGB. |
Fehlende Genehmigung = Unwirksamkeit
Hauptaufgabe des Na...
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