I. Beim gemeinschaftlichen Testament
Rz. 20
Wechselbezüglichkeit besteht dann ganz oder teilweise nicht, wenn im Ehegattentestament ein Abänderungsvorbehalt aufgenommen ist. Die Testierfreiheit bzw. die Beseitigung der Bindungswirkung hängt in diesem Falle stets von dem Umfang der Abänderungsklausel ab (vgl. hierzu § 19 Rdn 67 ff.).
In vielen Fällen ist bei Ehegattentestamenten eine Abänderungsmöglichkeit innerhalb des Kreises der ehegemeinschaftlichen Kinder vorgesehen. Dies würde beispielsweise dazu führen, dass die Bindungswirkung dann nicht besteht, wenn der überlebende Ehegatte einem als Schlusserben eingesetzten gemeinschaftlichen Kind eine Zuwendung macht bzw. diese innerhalb des Kreises der Schlusserben abändert.
Rz. 21
Ist dagegen ein allgemeiner Abänderungsvorbehalt ohne jegliche Einschränkung vorgesehen, so wird hierin in der Regel eine Aufhebung der Wechselbezüglichkeit zu sehen sein mit der Folge, dass eine Bindungswirkung nicht besteht.
Der BGH hat entschieden, dass durch eine solche allgemeine "Freistellungsklausel" in einem Ehegattentestament nicht notwendig die Wechselbezüglichkeit von beiderseitigen Verfügungen ausgeschlossen wird.[48] Diese Freistellungsklausel kann aber je nach den Umständen dahin ausgelegt werden, dass die Einsetzung des Schlusserben nicht wechselbezüglich sein soll.[49]
II. Beim Erbvertrag
Rz. 22
Auch bei einem Erbvertrag können die Parteien grundsätzlich einen Änderungsvorbehalt vereinbaren.[50] Ihnen steht es somit grundsätzlich frei, den Umfang der vertragsgemäßen Bindungswirkung festzulegen. So können sich die Parteien z.B. das Recht vorbehalten, nachträglich Vermächtnisse und Auflagen anzuordnen, bei einem eingesetzten Alleinerben weitere Miterben zu bestimmen oder bei Ehegatten dem Überlebenden in einem bestimmten Rahmen das Recht zur Abänderung der Erbfolge für den zweiten Todesfall einzuräumen.[51]
Demgegenüber ist ein Abänderungsvorbehalt ohne jegliche Einschränkung beim Erbvertrag aufgrund dessen Rechtsnatur wohl nicht möglich, da ein Erbvertrag ohne rechtliche Bindung sich nicht mehr von einem Testament unterscheiden würde.[52] Vom Abänderungsvorbehalt muss also mindestens eine vertragsmäßige Verfügung ausgenommen werden.[53] Andernfalls läge ein Vertrag gar nicht vor.[54]
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