Rz. 15

Eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen einen Richter sollte wohl überlegt sein. Sie ist zwar form- und fristfrei möglich, führt aber nicht dazu, dass unerwünschte Entscheidungen geändert werden. Es gilt der Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit aus Art. 97 GG, § 25 DRiG. Die Garantie der richterlichen Unabhängigkeit gewährleistet, dass die richterliche Unabhängigkeit einschließlich der ihr auch nur mittelbar dienenden, sie vorbereitenden und ihr nachfolgenden Sach- und Verfahrensentscheidungen der Einflussnahme durch die Dienstaufsicht entzogen sind.[3] Gerichtliche Entscheidungen können allein mit den gesetzlich vorgesehenen Rechtsbehelfen angefochten werden, über die wiederum unabhängige Gerichte entscheiden. Ist dieser Rechtsmittelweg erschöpft, muss die Entscheidung im Interesse der Rechtssicherheit hingenommen werden. Keinesfalls darf hingegen die dienstaufsichtsführende Stelle eine nur den richterlichen Instanzen obliegende Würdigung des Sachverhalts, der Rechtslage und der Sachbehandlung anstellen. Der Kernbereich der richterlichen Tätigkeit untersteht nicht der Dienstaufsicht. Etwas anderes würde nur für den Fall einer offensichtlich fehlerhaften Amtsausübung, also einem jeden Zweifel entrückten offensichtlichen Fehlgriff, oder bei einem offenkundigen Verstoß gegen richterliche Dienstpflichten in Betracht kommen. Nur in diesem Falle dürfte der Richter das nicht gesetztestreue Verhalten im Wege dienstaufsichtsrechtlicher Maßnahmen vorgehalten werden. Im Zweifelsfalle ist hingegen stets die richterliche Unabhängigkeit zu respektieren.[4]

 

Rz. 16

Zu beachten ist deshalb:

Die Dienstaufsicht kann und darf gerichtliche Entscheidungen mit dem Ziel der Änderung oder Aufhebung nicht prüfen.
Mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde kann nicht erreicht werden, dass die Rechtsfindung des zuständigen Richters überprüft wird.
Es muss eine Verletzung dienstlicher Pflichten vorliegen. Kontrolliert werden kann, ob ein ordnungsgemäßer Geschäftsablauf vorlag und ob der Richter seine Amtsgeschäfte den äußeren Anforderungen entsprechend erledigt hat. Speziell bei einer erheblich verzögerten Terminierung kann eine Dienstaufsichtsbeschwerde angezeigt sein und eingelegt werden.
Auch wenn – sehr selten – die Entscheidung des Richters keine sachlichen Erwägungen mehr erkennen lässt, kommt eine Dienstaufsichtsbeschwerde in Frage.
Dasselbe gilt, wenn sich der Richter erheblich im Ausdruck oder in seiner sonstigen Vorgehensweise vergreift.
 

Rz. 17

Die Dienstaufsichtsbeschwerde ist bei dem Dienstvorgesetzten des Richters einzulegen, meist beim Präsidenten des zuständigen Landgerichts. Sie ist äußerst sachlich zu begründen.

[3] BGH Dienstgericht des Bundes, Urt. v. 10.1.1985 – RiZ (R) 7/84, juris Rn 16 f. = NJW 1985, 1471–1473.
[4] BGH Dienstgericht des Bundes, Urt. v. 27.9.1976 – RiZ (R) 3/75, juris = AnwBl. 1977, 215–216; BGH Dienstgericht des Bundes, Urt. v. 5.2.1980 – RiZ (R) 2/79, juris = DRiZ 1980, 312–313; BGH, Urt. v. 24.6.1991 – RiZ (R) 3/91, juris = DRiZ 1991, 410–411.

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