Rz. 98

Die Rechtsverteidigung des Beklagten im Urkundenprozess hängt im Wesentlichen davon ab, wie er seine Verteidigung gestalten will.[110] Insoweit ist zu klären, ob und in welcher Weise die Verteidigung erfolgversprechend ist. Hier kann auf die Ausführungen in § 6 Rdn 1 ff. zur Klageerwiderung verwiesen werden.

 

Rz. 99

 

Hinweis

Kommt der Beklagte zu dem Ergebnis, dass die Rechtsverteidigung in der Sache weder im Urkundenprozess noch im Nachverfahren Erfolg verspricht und auch keine anderweitigen Interessen für die Aufnahme des Prozesses sprechen, kann er den Anspruch umfänglich anerkennen. Kündigt der Beklagte schriftsätzlich als seinen Antrag im Termin zur mündlichen Verhandlung an, den Klageanspruch unter Verwahrung gegen die Kosten anzuerkennen und auf die Ausführung der Rechte im Nachverfahren zu verzichten, so ist er an diese Entscheidung auch gebunden und kann sie im Termin nicht widerrufen und Klageabweisung beantragen, wenn er nicht schriftsätzlich deutlich gemacht hat, dass er sich die endgültige Entscheidung bis zum Verhandlungstermin vorbehalten wolle.[111]

 

Rz. 100

Dabei muss er grundsätzlich beachten, dass Einwendungen in der Sache im Urkundenprozess nach § 598 ZPO als in diesem unstatthaft zurückzuweisen sind, wenn der Beklagte die Einwendungen nicht im Sinne von § 595 Abs. 2 ZPO mit Urkunden oder im Wege der Parteivernehmung nachweisen kann. Der Beklagte unterliegt also den gleichen Beschränkungen wie der Kläger in der Beweisführung.[112]

 

Rz. 101

Stehen dem Beklagten keine Einwendungen zu, die er mit den zugelassenen Beweismitteln belegen kann, so kann er sich seine Rechte für das Nachverfahren vorbehalten, ohne dass er im Einzelnen seine Einwendungen darlegen muss. Es genügt insoweit, dass er dem Klageanspruch ausdrücklich oder jedenfalls erkennbar widerspricht.[113]

 

Rz. 102

Der Widerspruch muss dabei entweder im schriftlichen Vorverfahren unter gleichzeitigem Anerkenntnis der Klageforderung mit dem Vorbehalt der Rechte für das Nachverfahren erfolgen, sodass nach § 307 ZPO ein Anerkenntnisvorbehaltsurteil ergehen kann, oder aber in der mündlichen Verhandlung erfolgen. Ein schriftlicher Widerspruch außerhalb des schriftlichen Vorverfahrens mit anschließender Säumnis im Termin zur mündlichen Verhandlung führt anderenfalls zur vorbehaltslosen Klagestattgabe durch Versäumnisurteil.[114]

 

Rz. 103

 

Hinweis

Der Möglichkeit, ein Anerkenntnis allein für den Urkundenprozess abzugeben, kann nicht mit dem Argument entgegengetreten werden, dass das Anerkenntnis mit dem Vorbehalt der Rechte für das Nachverfahren gerade nicht unbedingt sei.[115] Der BGH hat diese Frage bisher offen gelassen.[116] Allerdings hat er dies in entsprechenden Verfahren auch nicht problematisiert, sondern allein in der Sache entschieden.[117] Es ist streng zwischen dem Urkundenprozess und dem Nachverfahren im ordentlichen Erkenntnisverfahren zu trennen. Diese folgen unterschiedlichen Regeln, sodass auch die Frage des Anerkenntnisses und der Säumnis für beide Verfahren gesondert zu betrachten ist. Für den Urkundenprozess erfolgt das Anerkenntnis uneingeschränkt.[118]

 

Rz. 104

Beachtet werden muss allerdings, dass das Anerkenntnisvorbehaltsurteil nach § 708 Nr. 1 ZPO ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären ist und in diesem Fall – anders als nach § 708 Nr. 4 ZPO bei "streitigem" Vorbehaltsurteil – der Beklagte als Schuldner die Zwangsvollstreckung nicht nach § 711 ZPO durch Erbringung einer Sicherheitsleistung abwenden kann.

 

Rz. 105

 

Tipp

Dieses Anerkenntnis unter Vorbehalt empfahl sich zu Zeiten der BRAGO, da sich die Gebühren des Rechtsanwalts bei einem Anerkenntnis reduzierten. Diese Ermäßigung ist mit Einführung des RVG ersatzlos weggefallen. Ein Anerkenntnis unter Vorbehalt führt auch nicht zu einer Reduzierung der Gerichtskosten, da sich der Rechtsstreit gerade nicht insgesamt erledigt, sondern vielmehr im Nachverfahren fortgesetzt werden soll. Demnach stehen dem Nachteil der fehlenden Abwendungsbefugnis keine kostenrechtlichen Vorteile gegenüber. Demzufolge ist von einem Anerkenntnis unter Vorbehalt dringend abzuraten. Ein Anerkenntnis kommt demnach nur in Betracht, wenn der Rechtsstreit insgesamt durch Anerkenntnis erledigt werden soll. Beachtet werden sollte hierbei aber immer, dass nach der Reform der Rechtsanwaltsgebühren das Versäumnisurteil i.d.R. insgesamt günstiger ist.[119] Noch günstiger kann sich die kostenrechtliche Seite darstellen, wenn der Beklagte den Klageanspruch erfüllt und in der Folge beide Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklären. Beides kommt allerdings nur in Betracht, wenn der vom Kläger verfolgte Anspruch tatsächlich begründet ist, mithin ein Nachverfahren nicht in Betracht kommt.

Anders liegt der Fall nur dann, wenn Versäumnisurteil im Urkundsprozess ergangen ist und der Beklagte direkt ins Nachverfahren wechseln möchte. Ein Versäumnisurteil ist ohnehin gem. § 708 Nr. 2 vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung. Eine Abwendungsbefugnis gem. § 711 ZPO ko...

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