Rz. 73

Durch das Betriebsverfassungsgesetz und andere Vorschriften ist der Betriebsrat als Interessenvertretung der Arbeitnehmer mit vielen Aufgaben, Rechten und Pflichten in Bezug auf den betrieblichen Arbeitsschutz ausgestattet worden. Hierbei handelt es sich um Informations-, Anhörungs-, Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte. Die Ausübung dieser Rechte steht indes nicht im freien Ermessen des Betriebsrats; vielmehr ist er aufgrund seiner Stellung im Betrieb verpflichtet, hiervon auch Gebrauch zu machen. Ein Eingriff in die Betriebsführung ist ihm aber nicht gestattet.

 

Rz. 74

Folgende Rechte kann der Betriebsrat ausüben:

Dem Betriebsrat obliegt ein allgemeiner Überwachungsauftrag gem. § 80 Abs. 1 BetrVG. Danach hat er darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden. Hierzu gehören insbesondere das Arbeitsschutzgesetz, Unfallverhütungsvorschriften nach dem SGB VII, sowie Betriebsvereinbarungen nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG sowie § 88 Abs. 1, 1a BetrVG. Im Rahmen dieser Befugnis muss der Betriebsrat den Arbeitgeber und die sonstigen Vorgesetzten auf Unzulänglichkeiten im Arbeits- und Unfallschutz hinweisen und auf die Beseitigung der Mängel drängen.

Zur Durchführung seiner Verpflichtung nach § 80 Abs. 1 BetrVG kann der Betriebsrat eine rechtzeitige und umfassende Unterrichtung verlangen.

Dabei handelt es sich im Bereich des Arbeitsschutzes um die Mitteilung der diesen und die Unfallverhütung betreffenden Auflagen und Anordnungen gemäß § 89 Abs. 2 S. 2 BetrVG, die Planung bei Gestaltung von Arbeitsplatz, Arbeitsablauf und Arbeitsumgebung nach § 90 BetrVG, die Personalplanung nach § 92 Abs. 1 S. 1 BetrVG und bei geplanten Betriebsänderungen nach § 111 BetrVG.

Dem Betriebsrat sind nach § 80 Abs. 2 BetrVG auf sein Verlangen vom Arbeitgeber Unterlagen zur Verfügung zu stellen, soweit diese zur Durchführung der gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats erforderlich sind.[58] Der Informationsanspruch betreffend die Vorlage von Unterlagen besteht jederzeit. Der Nachweis von Verdachtsmomenten ist nicht erforderlich.[59] Unterlagen im Sinne der Vorschrift sind alle Schriftstücke, Fotos und elektronische Datenträger, die der Arbeitgeber im Besitz hat und die Angaben erhalten, welche für die Aufgabe des Betriebsrat von Belang sind, zu deren Durchführung ihre Vorlage verlangt wird.[60] Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat das Original, eine Durchschrift oder Fotokopie für eine angemessene Zeit auszuhändigen,[61] wobei sich das Informationsrecht auf die bei ihm vorhandenen Unterlagen beschränkt.[62] Dem Betriebsrat muss eine Auswertung ohne Anwesenheit und Kontrolle durch den Arbeitgeber möglich sein.[63]

Mitarbeiterbeschwerden über Arbeitsschutzfragen nach § 84 Abs. 1 BetrVG muss der Betriebsrat nachgehen, § 85 BetrVG.

In Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer haben die Betriebsparteien gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG die Befugnis, in Betriebsvereinbarungen neben allgemeinen Regelungen wie z.B. der Nutzung betrieblicher Einrichtungen zu privaten Zwecken, wie des Telefons oder Internets oder eines Email-Systems[64] auch Fragen des betrieblichen Gesundheits- und Umweltschutzes zu regeln. So sind trotz der Regelungen in § 5 Arbeitsstättenverordnung zum Nichtraucherschutz betriebliche Bedürfnisse an einer konkreten Regelung vor Ort gegeben, um unter Berücksichtigung der Interessen des rauchenden Teils der Belegschaft und Wahrung der Schranke des § 75 Abs. 2 BetrVG[65] ein betriebliches Rauchverbot zu erlassen.[66] Zum betrieblichen Gesundheitsschutz gehört auch die Vereinbarung eines Alkoholverbots, soweit es sich nicht um eine Konkretisierung der arbeitsvertraglichen Pflicht des Arbeitnehmers handelt.[67]

Der Betriebsrat ist berechtigt, über die Lage der Arbeitszeit und über die Lage und Dauer der ­Pausen, soweit diese nicht in Gesetz oder Tarifvertrag abschließend und zwingend geregelt sind, mitzubestimmen.[68] Der Begriff der Pause ist gesetzlich nicht definiert. Nach der Rechtsprechung des BAG ist unter Pause jede im Voraus festgelegte Unterbrechung der Arbeitszeit zu verstehen, in denen der Arbeitnehmer weder Arbeit zu leisten, noch sich dafür bereit zu halten hat und die der Arbeitnehmer frei gestalten kann.[69] Dem Pausenbegriff des Abs. 1 Nr. 2 unterfallen nur unbezahlte Arbeitsunterbrechungen.[70] Vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach Abs. 1 Nr. 2 nicht erfasst sind Erholungszeiten beim Akkord,[71] Lärmpausen,[72] Arbeitsunterbrechungen bei der Bildschirmarbeit[73] sowie Arbeitsunterbrechungen aus technischen Gründen.[74] Die Regelung der Dauer und Lage bezahlter Pausen kann zur Vermeidung von arbeitsspezifischen Überbelastungen, Stress und sonstigen Gesundheitsbeeinträchtigungen dem Mitbestimmungstatbestand des Abs. 1 Nr. 7 unterfallen.[75] Hierbei sollten insbesondere vertragliche, tarifvertragliche oder gesetzliche Höchstarbeitszeiten beachtet werden.

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