Rz. 41
Hat der Pflichtteilsberechtigte Grund für die Annahme, dass das Bestandsverzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt errichtet wurde, so hat der Erbe auf Verlangen gem. § 260 Abs. 2 BGB über das Bestandsverzeichnis eine eidesstattliche Versicherung abzugeben. Es obliegt insoweit dem Pflichtteilsberechtigten, näher zu erläutern, warum das Verzeichnis unsorgfältig ist.[98] Die Voraussetzungen für die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung liegen demnach vor, wenn
▪ | nach Würdigung des Gesamtverhaltens des Auskunftsverpflichteten nicht auszuschließen ist, dass die Erklärung nicht mit der erforderlichen Sorgfalt abgegeben wurde;[99] |
▪ | sich der Erbe mit allen Mitteln einer Auskunftserteilung entzieht;[100] |
▪ | die erteilte Auskunft nicht alle Bereiche umfasst, die für die Auskunft gefordert wurde;[101] |
▪ | die Angaben mehrfach berichtigt wurden;[102] |
▪ | Belege dem Bestandsverzeichnis nicht beigelegt wurden.[103] |
Rz. 42
Die Voraussetzung des § 260 Abs. 2 BGB sind jedoch nicht erfüllt, wenn der Erbe infolge fehlender Aufforderung das Verzeichnis ohne Zuziehung des Pflichtteilsberechtigten oder eines Notars erstellt.
Rz. 43
Auch genügt nicht, dass der Auskunftsverpflichtete die Auskunft früher verweigert hat.[104] Die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit begründen keinen Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, wenn sie auf entschuldbarer Unkenntnis oder einem unverschuldeten Irrtum beruhen; anderes gilt nur, wenn sie bei gehöriger Sorgfalt hätten vermieden werden können.[105] Auch eine objektiv unrichtige Wertangabe bestimmter Nachlassgegenstände im Verzeichnis kann grundsätzlich nicht den Vorwurf der mangelnden Sorgfalt begründen.[106]
Rz. 44
Ist das Bestandsverzeichnis unsorgfältig erstellt, so kann es vor Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ergänzt werden.[107] Durch Beheben der Mängel wird der Erbe von der Pflicht zur Rechenschaftslegung frei.[108] Ebenso wie die Auskunftserteilung kann auch die eidesstattliche Versicherung in Teilakten abgegeben werden, wenn die Summe der Teilauskünfte die Auskunft im geschuldeten Gesamtumfang darstellt.[109]
Rz. 45
Die eidesstattliche Versicherung ist das einzige Zwangsmittel zur Sicherstellung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskunft, da ein Anspruch auf Überprüfung durch einen Sachverständigen oder durch Bucheinsicht gesetzlich nicht vorgesehen ist.[110] Der Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung ist ausgeschlossen, wenn die Angelegenheit von geringer Bedeutung bzw. der beanstandete Mangel unbedeutend ist.[111]
Rz. 46
Zuständig für die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ist nach § 410 Ziff. 1 FamFG das Nachlassgericht am Wohnort des Verpflichteten, sofern die Abgabe freiwillig erfolgt[112] und dort der Rechtspfleger, § 3 Nr. 1b RPflG. Wird die eidesstattliche Versicherung nicht freiwillig abgegeben, sondern aufgrund eines rechtskräftigen Titels, z.B. als Teilurteil im Rahmen einer Stufenklage, ist die Zuständigkeit des Amtsgerichts als Vollstreckungsgericht (§ 764 Abs. 2 ZPO) begründet. Das dabei zu beachtende Verfahren ist in § 889 ZPO geregelt. Das Verfahren nach dem FamFG ist im Einvernehmen mit dem Anspruchsgläubiger jedoch auch noch während eines Rechtsstreits und sogar nach Erlass eines Urteils, mit dem der Schuldner zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verpflichtet wird, möglich.[113]
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