I. Einleitung

 

Rz. 1

Dem Pflichtteilsberechtigten stehen die folgenden Auskunftsansprüche zur Verfügung:

Gemäß § 2314 Abs. 1 S. 1 BGB hat der Erbe dem Pflichtteilsberechtigten über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen.
Entsprechend § 2057 BGB kann der Pflichtteilsberechtigte im Hinblick auf § 2316 BGB Auskunft von dem Erben über dessen gem. §§ 2050 bis 2053 BGB erhaltene ausgleichungspflichtige Zuwendungen verlangen.[1]
Gemäß §§ 12, 12a GBO kann der Pflichtteilsberechtigte bei Vorliegen eines entsprechenden berechtigten Interesses Einsicht in das Grundbuch nehmen und gem. § 12 Abs. 2 GBO beglaubigte oder unbeglaubigte Abschriften verlangen.
Nach §§ 13 Abs. 2, 357 Abs. 1 FamFG kann der Pflichtteilsberechtigte Akteneinsicht in die nachlassgerichtliche Akte einschließlich der Nachlassaufstellung nehmen.
 

Rz. 2

Im Rahmen des § 2314 BGB ist hierbei zu beachten, dass dieser Anspruch nur dem pflichtteilsberechtigten Nichterben zusteht, nicht jedoch auch dem pflichtteils(ergänzungs)berechtigten Miterben.[2] Dies liegt darin begründet, dass dem pflichtteils(ergänzungs)berechtigten Miterben im Rahmen seiner Miterbenstellung kein allgemeiner Auskunftsanspruch gegenüber den Miterben zusteht. Seine Ansprüche richten sich insoweit nach den §§ 2027, 2028, 2038 BGB. Insoweit steht dem pflichtteils(ergänzungs)berechtigten Miterben ein Auskunftsanspruch im Hinblick auf die vom Erblasser an die Miterben zu Lebzeiten getätigten Zuwendungen grundsätzlich zu.[3]

 

Rz. 3

Weitergehende Ansprüche des Pflichtteilsberechtigten gegenüber Vertragspartnern des Erblassers, insbesondere also gegenüber Banken und Versicherungen, können aus § 242 BGB nicht hergeleitet werden. Insoweit ist der Pflichtteilsberechtigte auf die Angaben der Erben angewiesen. Etwas anderes gilt hier nur, sofern dem Pflichtteilsberechtigten hier Auskunftsansprüche seitens der Erben abgetreten wurden.[4]

[1] Palandt/Weidlich, § 2057 Rn 1.
[2] BGH NJW 1973, 1876.
[3] BGH NJW 1964, 1414.
[4] BGHZ 107, 104, 107.

II. Der Auskunftsanspruch des pflichtteilsberechtigten Nichterben, § 2314 BGB

1. Einleitung

 

Rz. 4

Der Auskunftsanspruch des pflichtteilsberechtigten Nichterben gem. § 2314 BGB soll diesem die notwendigen Kenntnisse zunächst über den Bestand und dann im Weiteren über den Wert des Nachlasses verschaffen, um ihm die Durchsetzung seiner Rechte zu ermöglichen. Anspruchsvoraussetzung ist insoweit nur das bestehende Pflichtteilsrecht, nicht aber ein konkreter Pflichtteilsanspruch.[5]

 

Rz. 5

Kann der Pflichtteilsberechtigte seinen Anspruch jedoch nicht mehr geltend machen und steht dies fest, ist auch der Auskunftsanspruch hier nicht mehr gegeben.[6] Gleiches gilt, sofern der Pflichtteilsanspruch dem Pflichtteilsberechtigten wirksam entzogen wurde.[7]

[5] BGHZ 28, 177, 179; BGH NJW 1981, 2051, 2052.
[6] BGHZ 28, 177.
[7] OLG Hamm NJW 1983, 1067.

2. Auskunftsberechtigter

 

Rz. 6

Gemäß § 2314 BGB ist nur der Pflichtteilsberechtigte, der selbst kein Erbe wurde, Anspruchsinhaber. Demnach ist der Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB auf folgenden Personenkreis beschränkt:

Den gem. § 2303 BGB enterbten Pflichtteilsberechtigten;
den Pflichtteilsberechtigten, der nach §§ 2306 Abs. 1 S. 2, 2305, 1371 Abs. 3 BGB sein Erbe ausgeschlagen, den Pflichtteilsanspruch jedoch behalten hat;[8]
den Pflichtteilsberechtigten, der mit einem Vermächtnis nach § 2307 BGB bedacht ist;
den Gläubiger, dem der Pflichtteilsanspruch gem. §§ 398, 2317 BGB abgetreten wurde.
 

Rz. 7

Nicht auskunftsberechtigt ist jedoch der pflichtteilsberechtigte Miterbe, der sich insoweit auf den allgemeinen Auskunftsanspruch nach § 242 BGB verweisen lassen muss (siehe Rdn 87 ff.).[9]

 

Rz. 8

Da auch der Nacherbe Erbe ist und ihm Auskunftsansprüche gem. §§ 2121, 2122, 2127 BGB zustehen, ist er kein Anspruchsberechtigter i.S.d. § 2314 BGB.

[8] Nach OLG Celle ZEV 2006, 557 (m. abl. Anm. von Damrau) soll der Miterbe, der seinen Erbteil ausgeschlagen hat und einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend macht, keinen Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB haben. § 1953 BGB dürfte der Ansicht des OLG Celle allerdings entgegenstehen.
[9] BGHZ 61, 180, 183, OLG München ErbR 2009, 228.

3. Auskunftsschuldner

 

Rz. 9

Auskunftsschuldner ist der Erbe, wobei mehrere Erben als Gesamtschuldner haften. Erteilt ein Miterbe die Auskunft mangelhaft, so haben sich dies die anderen Miterben zurechnen zu lassen.[10] Ist Vor- und Nacherbschaft angeordnet, so ist bis zum Eintritt des Nacherbfalls nur der Vorerbe Auskunftsschuldner. Erst mit Eintritt des Nacherbfalls wird auch der Nacherbe zur Auskunft verpflichtet.

 

Rz. 10

Der Auskunftsanspruch ist persönlich durch den Erben zu erfüllen.[11] Demzufolge richtet sich der Auskunftsanspruch auch bei Nachlassinsolvenz oder Nachlassverwaltung gegen den Erben. Entsprechend § 2213 Abs. 1 S. 3 BGB ist auch der Testamentsvollstrecker selbst nicht auskunftspflichtig. Allerdings steht dem Erben gegenüber dem Testamentsvollstrecker ein eigener Auskunftsanspruch nach § 2215 BGB zu, durch dessen Verwirklichung er in die Lage versetzt wird, seine Verpflichtung zu erfüllen.[12]

 

Rz. 11

Der zu Lebzeiten des Erblassers Beschenkte, der selbst nicht Erbe ist, hat in erweitert...

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