Rz. 91

In Gesellschaftsverträgen von Familienpools gibt es oft ein Bedürfnis für Gewinnbezugs-, Entnahme- und Stimmrechte, die sich nicht nach dem Festkapitalanteil der jeweiligen Gesellschafter richten, sondern davon abweichend geregelt sind. Grundsätzlich sind sog. disquotale Gewinnbezugs- und Stimmrechte zulässig.[92] Damit die gesellschaftsvertraglichen Regelungen aber auch bei einer zwar aktuell nicht absehbaren, aber dennoch natürlich immer möglichen Änderung der Rechtsprechung nicht unwirksam werden, sollte von zu extremen Gestaltungen abgesehen werden. Schließlich kann gerade ein Familienpool als generationenübergreifendes Gestaltungsmittel noch vielen Gesetzes- und Rechtsprechungsänderungen ausgesetzt sein. Zudem müssen die teilweise strengeren steuerrechtlichen Anforderungen bei der Gestaltung berücksichtigt werden.

[92] Mutter, ZEV 2007, 512; Schulz/Brunner/Werz, Spezial zu BB 2005, Heft 32.

a) Gewinnbezugsrecht

 

Rz. 92

In Literatur und Rechtsprechung besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass die Regelung zur Gewinnverteilung im Gesellschaftsvertrag von den gesetzlichen Vorgaben und damit auch vom Verhältnis der Kapitalanteile abweichen kann. Für die KG regelt § 168 Abs. 2 HBG dies ausdrücklich. Auch für die GmbH wird in § 29 Abs. 3 S. 2 GmbHG ausdrücklich eine abweichende Regelung in der Satzung zugelassen. Kritisch sind nur sehr stark disquotal ausgestaltete Gewinnverteilungsschlüssel (z.B. Gewinnanteil 95 % bei einem Kapitalanteil von 5 %).

 

Rz. 93

Muster 8.6: Disquotale Gewinnbeteiligung

 

Muster 8.6: Disquotale Gewinnbeteiligung

§ _________________________

Gewinnverteilung

(1) Abweichend von der Beteiligung der Gesellschafter am Festkapital nehmen diese am Gewinn und Verlust in folgendem Anteilsverhältnis teil:

a) der Gesellschafter M zu 35 %

b) die Gesellschafterin F zu 35 %

c) der Gesellschafter S zu 11 %

d) die Gesellschafterin T zu 11 %

e) der Gesellschafter E1 zu 2 %

f) der Gesellschafter E2 zu 2 %

g) der Gesellschafter E3 zu 2 %

h) der Gesellschafter E4 zu 2 %.

(2) Das Gewinnbezugsrecht von M und F geht nach dem Tode des erstversterbenden von beiden auf den überlebenden Ehegatten über. Nach dem Ausscheiden von M und F nehmen die Gesellschafter am Ergebnis im Verhältnis ihrer Festkapitalanteile teil.

 

Rz. 94

Die Finanzverwaltung erkennt eine disquotale Gewinnverteilung bei Personengesellschaften einkommensteuerrechtlich in gewissen Grenzen an.[93] Einschränkungen gelten jedoch jedenfalls bei schenkweiser Aufnahme von nicht mitarbeitenden Kindern in gewerbliche Personengesellschaften. Eigene Einkünfte können dem Kind dann steuerlich nur im Rahmen der Angemessenheit zugerechnet werden; hiervon ist bei einer Durchschnittsrendite von bis zu 15 % des tatsächlichen Werts des geschenkten KG-Anteils auszugehen.[94] Zu beachten ist, dass die Einräumung eines überhöhten Gewinnbezugsrechts an einer Personengesellschaft auch schenkungsteuerrechtlich relevant sein kann (§ 7 Abs. 6 ErbStG).[95] Möchten die Senioren die Gewinne der Gesellschaft vollständig oder ganz überwiegend weiter erhalten, sollten die Gesellschaftsanteile unter Vorbehalt eines Nießbrauchs auf die nächste Generation übertragen werden.

[93] Steht die Gewinnverteilung in offensichtlichem Missverhältnis zu den Leistungen der Gesellschafter, kann ein Missbrauch i.S.d. § 42 AO vorliegen; vgl. R 15.9 Abs. 3 S. 2 EStR.
[94] H 15.9 Abs. 3 EStH; Schmidt/ Wacker, EStG, § 15 Rn 776 m.w.N. Für vermögensverwaltende Personengesellschaften ergeben sich Grenzen der Anerkennungsfähigkeit disquotaler Gewinnverteilungsabreden jedenfalls aus Fremdvergleichsgrundsätzen; vgl. hierzu Birnbaum/Escher, DStR 2014, 1413, 1417. Zu Möglichkeiten und Grenzen einer disquotalen Gewinnverteilung bei Kapitalgesellschaften vgl. BMF v. 17.12.2013, IV C 2 – S 2750-a/11/10001, BStBl I 2014, 63; Birnbaum/Escher, DStR 2014, 1413 ff.
[95] Vgl. hierzu ausf. Birnbaum/Escher, DStR 2014, 1413, 1418 m.w.N.

b) Entnahmerechte

 

Rz. 95

Zudem kann in dem Gesellschaftsvertrag eine die Gründungsgesellschafter begünstigende Entnahmeregelung enthalten sein.

 

Rz. 96

Muster 8.7: Entnahmerecht

 

Muster 8.7: Entnahmerecht

§ _________________________

Entnahmen

(1) Zur Bildung einer angemessenen Rücklage werden mindestens 15 % des Überschusses der gesamthänderisch gebundenen Rücklage zugeführt, solange und soweit die Gesellschafter nicht mit einer Mehrheit von 75 % der vorhandenen Stimmen eine abweichende Regelung beschließen.

(2) Der verbleibende Überschuss wird dem Privatkonto des jeweiligen Gesellschafters gutgeschrieben und kann entnommen werden, wenn die Gesellschafter nicht mit einfacher Mehrheit etwas anderes beschließen. Bei dem Gesellschafterbeschluss über die Entnahmen von dem Privatkonto ist die Ertrags- und Liquiditätslage der Gesellschaft sowie evtl. bereits existierende Vereinbarungen über die Rückführung von Darlehen zu berücksichtigen. Jeder Gesellschafter kann von seinem positiven Privatkonto stets mindestens die auf seinen Gewinnanteil entfallende Steuerbelastung zum Höchststeuersatz entnehmen.

(3) M und F können aus der Gesellschaft bis zu ihr...

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