Rz. 279

Grundsätzlich geht der konkret nachgewiesene Nutzungsausfallzeitraum immer der bloßen Schätzung eines Sachverständigen vor. Das ignorieren die Versicherer oft. Soweit darüber Streit entsteht, wird jeder Sachverständige in einer – ggf. anzufordernden – gesonderten Stellungnahme zu dem konkret entstandenen Nutzungsausfallzeitraum im Rahmen gewisser Schätzungsimponderabilien bestätigen, dass es diesbezügliche und zuzugestehende Schätzungstoleranzen gibt.

 

Rz. 280

Auch für eine länger dauernde Ersatzteilbeschaffung, z.B. bei einem ausländischen Fahrzeug, steht dem Geschädigten eine Nutzungsausfallentschädigung zu (OLG Karlsruhe DAR 2019, 571: 114 Tage; OLG Köln DAR 1999, 264: 75 Tage; AG Würzburg zfs 2016, 683: 78 Tage). Allerdings hat der Geschädigte bei monatelanger Wartezeit den Versicherer zu warnen und eine Interimsreparatur zu erwägen (OLG Frankfurt DAR 2006, 23).

 

Rz. 281

Ein Anspruch auf Ersatz des Nutzungsausfalls kann z.B. für 52 Tage bestehen, wenn die Reparaturdauer für den Geschädigten nicht vorhersehbar war (AG Saarbrücken zfs 1999, 289). In dem gegebenen Fall hatte der Geschädigte unmittelbar nach Erhalt des Sachverständigengutachtens den Reparaturauftrag erteilt. Für ihn war aber nicht erkennbar, dass die von ihm beauftragte Werkstatt zu einer zügigen Reparaturausführung nicht in der Lage war, weil es unvorhersehbare Schwierigkeiten bei der Ersatzteilbeschaffung gab. Außerdem hatte sich der Geschädigte regelmäßig auch unter Erörterung anderweitiger Ersatzteilbeschaffung nach dem Fortgang der Arbeiten erkundigt. Er hatte damit das Erforderliche zur Beschleunigung der Fertigstellung der Reparatur unternommen (vgl. oben Rdn 82 ff.). Das Prognoserisiko einer Fehleinschätzung der Reparaturdauer trifft grundsätzlich allein den Schädiger.

 

Rz. 282

Soweit der Nutzungsausfallzeitraum allerdings davon mitbestimmt ist, dass der Geschädigte sein Fahrzeug statt in einer schnell arbeitenden, weil spezialisierten Fachwerkstatt in einer Karosserie- oder Hinterhofwerkstatt oder von Bekannten bzw. selbst repariert hat und dadurch tatsächlich ein längerer konkreter Nutzungsausfallschaden entstanden ist, geht die Verzögerung verständlicherweise nicht zu Lasten des Schädigers und ist von ihm auch nicht zu ersetzen.

 

Rz. 283

Selbstreparaturen werden oft auch nur sukzessive durchgeführt, d.h. an Wochenenden und abends und immer so viel, dass das Fahrzeug anderntags oder in der folgenden Woche in dem teilreparierten Zustand jedenfalls benutzt werden kann. Dann ist zwar oft vier Wochen an dem Fahrzeug repariert worden, es ist aber tatsächlich nur ein begrenzter oder gar kein Nutzungsausfall entstanden.

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