Rz. 58

Die Obergrenze für Nebenkosten, die sich für den Geschädigten als noch erforderlich darstelle, schätzte das Landgericht für den Fall eines routinemäßigen Schadensgutachtens für den regionalen Bereich auf 100 EUR. Dieser Betrag ergebe sich unter Berücksichtigung des Aufwands, der unter Wahrung des sachverständigen Ermessensspielraums in Routinefällen regelmäßig nicht überschritten werde. Dabei seien in die Schätzung folgende ersatzfähige Positionen eingeflossen, die bei der Erstellung eines Routinegutachtens regelmäßig anfielen:

Fahrkosten von 0,70 EUR pro Kilometer x 50 km = 35 EUR.
Kosten für das Drucken, Vervielfältigen und Heften des Gutachtens. Lege man maximal zwölf Lichtbilder in Farbe zugrunde und räume man dem Sachverständigen die Möglichkeit ein, über die Lichtbilddokumentation hinaus auch einen Teil seines Gutachtens zur besseren Übersichtlichkeit in Farbe zu drucken, so sei ein Umfang von zehn Seiten Farbdruck und 14 Seiten Schwarz-Weiß-Druck pro Ausfertigung ausreichend. Zu berücksichtigen seien deshalb im Rahmen einer Mischkalkulation die Kosten für drei Ausfertigungen mit je zehn Farbseiten à 1 EUR und 14 Schwarz-Weiß-Seiten à 0,25 EUR zuzüglich jeweils 3 EUR für die Heftung = rund 50 EUR.
Porto, Versand- und Telefonkosten in Höhe von 15 EUR.
Kosten für die Fahrzeugbewertung und die EDV-Abrufgebühr seien dagegen nicht zu berücksichtigen, da sie einen originären Bestandteil der eigentlichen Sachverständigentätigkeit darstellten.

Rechne ein Sachverständiger für die Erstellung eines routinemäßigen Schadensgutachtens seine eigentliche Gutachtertätigkeit pauschal ab und mache er zusätzlich Nebenkosten von bis zu 100 EUR geltend, so dürfe der Geschädigte diese Nebenkosten hiernach auf dem regionalen Markt grundsätzlich für erforderlich halten. Soweit die Nebenkosten diesen Betrag überstiegen, seien sie nur erstattungsfähig, wenn die besonderen Umstände des Einzelfalls einen gesteigerten Begutachtungsaufwand erforderlich machten, der unter Würdigung einer Gesamtschau aller Nebenkosten mit einem pauschalen Betrag von 100 EUR nicht mehr abgegolten sei. Derartige besondere Umstände seien hier weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.

 

Rz. 59

Der Antrag auf Feststellung der Ersatzfähigkeit von Zinsen für verauslagte Gerichtskosten sei dagegen unbegründet. Es könne dahinstehen, ob dem Geschädigten unter Verzugsgesichtspunkten oder aus § 7 Abs. 1 StVG, § 823 BGB ein Anspruch auf Ersatz eines konkreten Zinsschadens zustehe. Denn einen solchen Anspruch mache der Kläger nicht geltend. Er begehre vielmehr Ersatz des abstrakten Zinsschadens nach § 288 Abs. 1 BGB. Hierfür fehle es indes an einer Rechtsgrundlage. Der Anspruch auf Erstattung von Gerichtskosten werde nämlich nach § 103 Abs. 1 ZPO erst mit dem Vorliegen eines Vollstreckungstitels fällig. Liege ein entsprechender Titel noch nicht vor, fehle es an einer für die Verzinsung nach § 288 Abs. 1 BGB notwendigen Voraussetzung.

 

Rz. 60

Diese Erwägungen hielten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in vollem Umfang stand. Die Beurteilung des Leistungsantrags durch das Berufungsgericht begegnete durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Dagegen hatte das Berufungsgericht den Feststellungsantrag zu Recht abgewiesen.

aa) Leistungsantrag

 

Rz. 61

Zutreffend hatte das Berufungsgericht angenommen, dass Frau R. dem Grunde nach ein Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz der Kosten des eingeholten Sachverständigengutachtens aus § 18 Abs. 1 S. 1 StVG zustand. Denn diese Kosten gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung – wie im Streitfall – zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist.

Die Revision und Anschlussrevision beanstandeten auch die Annahme des Berufungsgerichts nicht, dass der Frau R. zustehende Ersatzanspruch durch Abtretung gemäß § 398 BGB auf den Kläger übergegangen war. Diese Annahme ließ Rechtsfehler nicht erkennen.

 

Rz. 62

Sowohl die Revision als auch die Anschlussrevision wandten sich aber mit Erfolg gegen die vom Berufungsgericht angenommene Höhe der für die Begutachtung des beschädigten Fahrzeugs erforderlichen Kosten.

Allerdings ist die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat. Es ist insbesondere nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, dem Tatrichter eine bestimmte Berechnungsmethode vorzuschreiben.

 

Rz. 63

Im Streitfall hatte das Berufungsgericht seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt.

Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforde...

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