Rz. 289

Eine Reihe an Oberlandesgerichten zieht statt des Schwacke-Mietpreisspiegels die Befragung des Fraunhofer Instituts als taugliche Schätzungsgrundlage zur Bestimmung des Normaltarifs vor.[356] In erster Linie wird die Anwendung dieses Mietpreisspiegels mit der nachgestellten anonymen Anmietsituation begründet, die gegenüber der "offenen" Befragung des Schwacke-Mietpreisspiegels vorzugswürdig wäre.

 

Rz. 290

Muster 8.78: Anwendung des Fraunhofer Mietpreisspiegels

 

Muster 8.78: Anwendung des Fraunhofer Mietpreisspiegels

Der Klägerseite wäre es möglich gewesen, ein Ersatzfahrzeug zu dem üblichen Mietpreis anzumieten, der sich als sog. Normaltarif unter Grundlage des als Anlage _________________________ auszugsweise beigefügten Mietpreisspiegels des Fraunhofer Instituts ergibt. Hiernach kann ein Ersatzfahrzeug der einschlägigen Fahrzeuggruppe für eine Woche zum Preis von _________________________ EUR angemietet werden. Hieraus ergibt sich ein Tagespreis von _________________________ EUR. Der übliche Tarif bei einer Anmietzeit von _________________________ Tagen für ein Ersatzfahrzeug ist daher – ohne ersparte Eigenaufwendungen – auf _________________________ EUR zu schätzen

Die Schätzung des üblicherweise anfallenden Mietpreises ist nach dem Fraunhofer Mietpreisspiegel vorzunehmen, der nicht nur konkrete Zweifel an der Richtigkeit der sog. Schwacke-Liste weckt, sondern aufgrund der anonymen Befragung unter den Bedingungen einer realen Anmietung vorzugswürdig ist. Bei dieser Befragung hatten die betroffenen Firmen – anders als bei der Erstellung der Schwacke-Liste – keine Kenntnis von dem Hintergrund der Anfrage. Da die Preise der Schwacke-Liste aufgrund einer Selbstauskunft der Mietwagenvermieter in Kenntnis, dass die Angaben zur Grundlage einer Marktuntersuchung gemacht werden, erfolgten, während das Ergebnis des Preisspiegels des Fraunhofer-Instituts auf einer anonymen Befragung im Rahmen eines typischen Anmietszenarios beruht, sind die Preise zugrunde zu legen, wie sie sich nach der Studie des Fraunhofer-Instituts ergeben (OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.3.2015 – I-1 U 42/14, 1 U 42/14, MDR 2015, 454; OLG Frankfurt, Urt. v. 24.6.2010 – 16 U 14/10, SP 2010, 401; OLG Hamburg NZV 2009, 394; OLG Bamberg SP 2009, 330; OLG Köln NZV 2009, 600; OLG München r+s 2008, 439 und OLG Jena r+s 2009, 40). Insbesondere wegen dieser Anonymität der Erhebung erscheinen die vom so ermittelten Werte deutlich zuverlässiger als die interessensgeleiteten Auskünfte der Vermieter im Rahmen der offenen "Befragung", die zum Schwacke-Mietpreisspiegel geführt hat (OLG Zweibrücken, Urt. v. 22.1.2014 – 1 U 165/11 – zfs 2014, 619; OLG Köln NZV 2009, 600).

Insoweit ist auch zu bedenken, dass zum einen gegen die Heranziehung des Fraunhofer Mietpreisspiegel als taugliche Schätzungsgrundlage keine konkreten Bedenken bestehen und zum anderen in der Befragung des Fraunhofer Instituts die üblicherweise anfallenden Aufwendungen für die Vereinbarung einer Vollkaskoversicherung enthalten sind (Anschaulich: OLG Hamburg NZV 2009, 394).

 

Rz. 291

Es gibt jedoch auch einige Gerichtsentscheidungen, welche den Schwacke-Mietpreisspiegel bei einem Vergleich mit der Fraunhofer Befragung weiterhin vorzuziehen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund der detaillierten Untergliederung in verschiedene PLZ-Gebiete und der in Frage gestellten Aussagekraft der Internetangebote, welche das überwiegende Datenmaterial der Fraunhofer Befragung darstellen.

 

Rz. 292

Muster 8.79: Einwendungen gegen die Tauglichkeit des Fraunhofer Mietpreisspiegel als Schätzungsgrundlage

 

Muster 8.79: Einwendungen gegen die Tauglichkeit des Fraunhofer Mietpreisspiegel als Schätzungsgrundlage

Die Befragung des Fraunhofer Instituts stellt unter mehreren Gesichtspunkten keine taugliche Schätzungsgrundlage dar. Dies bereits deshalb nicht, da diese Befragung aufgrund einer Auftragsstellung des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft erfolgt ist und daher mit ihr eine einseitige Zielvorgabe erfolgt.

Grundlage des vom Fraunhofer-Institut im einseitigen Auftrag der Versicherungswirtschaft erstellten Marktpreisspiegels ist eine Erhebung von Daten über Telefon und Internet. Die Datenerfassung hat sich auf Situationen beschränkt, in denen ein Mietwagen per Telefon oder über das Internet gebucht wird. Die dadurch ermittelten Preise beruhen auf Sonderkonditionen, die bei einer normalen Anmietsituation nicht gewährleistet sind (Anschaulich: OLG Köln NZV 2009, 447; LG Frankfurt MRW 2014, 58; LG Dortmund, Urt. v. 5.11.2009 – 4 S 72/09 – juris). Auch der BGH hat in seiner Entscheidung vom 2.2.2010 (VI ZR 7/09, zfs 2010, 561, dort Rn 21) darauf hingewiesen, dass der Gesichtspunkt des auf diese Weise eröffneten Sondermarktes seitens des Tatrichters zu berücksichtigen ist. Im Übrigen ist für den vorliegenden Fall gar nicht nachgewiesen, dass vor einer Anmietung eine umfassende Recherche über das Internet mit einer anschließenden Buchung möglich gewesen wäre.

Zudem sind die Preise ausschließlich auf der Grundlage einer einw...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge