Rz. 228

Der Schädiger hat die durch die Einschaltung eines Sachverständigen verursachten Kosten grundsätzlich und uneingeschränkt zu erstatten, soweit die Begutachtung erforderlich und zweckmäßig gewesen ist. In der Praxis werden jedoch von den Sachverständigen unterschiedlich hohe Kosten in Rechnung gestellt. Erstattungsfähig ist aber nur der nach § 249 Abs. 2 BGB erforderliche Geldbetrag. Der Geschädigte ist im Rahmen des ihm Zumutbaren gehalten, den wirtschaftlichsten Weg der Schadensbeseitigung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung erforderlichen Kosten beeinflussen kann.

 

Rz. 229

Der Geschädigte ist allerdings im Regelfall berechtigt, einen Gutachter seiner Wahl zu beauftragen und muss den für ihn zugänglichen Markt nicht auf einen möglichst günstigen Sachverständigen untersuchen.[270] Anders als im Bereich der sog. Unfallersatztarife hat sich auf dem Markt der Kfz-Sachverständigen kein gesonderter erhöhter "Unfalltarif" gebildet, der eine Übertragung der von der Rechtsprechung im Bereich des Unfallersatztarifes gebildeten Grundsätze rechtfertigen könnte.[271]

 

Rz. 230

Der Vertrag mit dem Sachverständigen ist ein Werkvertrag, bei dem die zu zahlende Vergütung sich in erster Linie aus der getroffenen Vereinbarung und bei deren Fehlen aus der üblichen Vergütung i.S.d. § 632 BGB ergibt. Auch über AGB kann ggf. eine wirksame Vergütungsvereinbarung erfolgen.[272] Letztendlich kann die Wirksamkeit der getroffenen Vergütungsvereinbarung jedoch dahinstehen: In jedem Fall ist durch den Schädiger nur die Vergütung zu erstatten, die als erforderlich i.S.d. § 249 BGB angesehen werden kann.[273] In der Rechtsprechung überwiegt dabei die Auffassung, dass hinsichtlich des Grundhonorars ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar als erforderlicher Herstellungsaufwand i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erstattet verlangt werden kann.[274] Der BGH hat diese Einschätzung nicht beanstandet und fordert für eine abweichende Einschätzung, dass der erkennende Richter – ggf. mit sachverständiger Hilfe – Feststellungen trifft, die eine andere Vergütung als üblich erscheinen lassen.[275] Der BGH stellt zudem klar, dass die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs grundsätzlich Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters ist.[276]

 

Rz. 231

Dieses vorausgeschickt ist im Hinblick auf die Erstattungsfähigkeit des Sachverständigenhonorars wie folgt zu unterscheiden:

[272] AG Saarbrücken, Urt. v. 22.3.2007 – 5 C 826/06 – juris.
[274] OLG München, Urt. v. 28.2.2016 – 10 U 579/15 – juris; OLG München, Beschl. v. 14.12.2015 – 10 U 579/15 – juris; LG Stuttgart, Urt. v. 29.7.2015 – 13 S 58/14 – juris; LG Halle zfs 2006, 91; AG Berlin-Mitte SP 2005, 175; AG Nürnberg zfs 2004, 131; AG Weinheim zfs 2004, 18; AG Dresden DAR 2002, 459; a.A. dagegen LG Köln SP 2002, 320.

a) Erstattungsanspruch des Geschädigten

 

Rz. 232

Verfolgt der Geschädigte selber das angefallene Sachverständigenhonorar ist eine Prüfung in zwei Schritten vorzunehmen:

aa) Schätzungsgrundlagen

 

Rz. 233

Zum einen ist zu prüfen, ob das Sachverständigenhonorar sich im Bereich des üblichen bewegt und damit als objektiv erforderlich i.S.d. § 249 Abs. 2 BGB angesehen werden kann.

Als Schätzungsgrundlage greifen die Gerichte (wie auch bei den Mietwagenkosten) zunehmend auf entsprechende Befragungen zu dem anfallenden Honorar zurück. Der BGH hat ausdrücklich gebilligt, dass geeignete Listen oder Tabellen Verwendung finden können und falls das Gericht Zweifel an der Eignung einer Tabelle hat, sein Ermessen hinsichtlich der Anwendung dieser Tabelle beschränkt sein kann.[277] In der Praxis werden zwei Schätzungsgrundlagen herangezogen.

 

Rz. 234

Dabei handelt es sich zum einen um die in Abständen von mehreren Jahren erfolgende Befragung des BVSK Verbandes, dem mit über 900 Mitgliedern etwa 20 % der im Bundesgebiet tätigen Sachverständigen angehören und die im Internet vollständig heruntergeladen werden kann. Die Angaben aus dieser Tabelle in Form des dort genannten Grundhonorars wie auch der Nebenkosten werden von vielen Gerichten als taugliche Schätzungsgrundlage angesehen. Kritisiert wird an ihr allerdings, dass es sich um eine Befragung handelt, deren Zweck offengelegt und den Mitgliedern wohlbekannt ist, die sich durch ihre eigenen, nicht überprüften Angaben die Grundlage für ihre eigene "gerichtsfeste" Abrechnung schaffen. Überprüfungen durch unabhängige Sachverständige haben ergeben, dass in dieser Befragung im Einzelfall ein deutlich überhöhtes Sachverständigenhonorar verfolgt wird.[278] Dies auch häufig unter dem Gesichtspunkt einer "verdeckten Erhöhung" des Grundhonorars durch eine Abrechnung der Nebenkosten, welche soda...

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