1. Aufstellung und Beschluss des Wirtschaftsplans

 

Rz. 151

Für die Vorbereitung der Beschlussfassung gilt beim Wirtschaftsplan prinzipiell das Gleiche wie bei der Jahresabrechnung. Der Wirtschaftsplan wird vom Verwalter "aufgestellt", d.h. als Entwurf beschlussfähig vorbereitet. (Zum Rechtsschutz bei Untätigkeit → § 8 Rdn 126). Nach der Prüfung durch den Verwaltungsbeirat (→ § 11 Rdn 10) muss der Entwurf den Miteigentümern übersandt werden,[257] was üblicherweise in der Weise geschieht, dass er dem Einberufungsschreiben zur Eigentümerversammlung als Anlage beigefügt wird. Es genügt, jedem Miteigentümer "seinen" Wirtschaftsplan zu schicken; die Übersendung oder Vorlage sämtlicher Einzelwirtschaftspläne ist nicht erforderlich.[258] Die Eigentümerversammlung kann den vom Verwalter vorgelegten Gesamtwirtschaftsplan bei der Beschlussfassung abändern (z.B. höhere oder niedrigere Kostenansätze oder weitere Positionen einstellen).[259] Solange die Änderungen nicht so umfassend sind, dass ihre Auswirkungen auf die bei Beschlussfassung vorliegenden Einzelwirtschaftspläne nicht mehr nachvollziehbar sind, muss deswegen keine neue Eigentümerversammlung stattfinden;[260] es gilt insoweit das Gleiche wie bei der Jahresabrechnung (→ § 8 Rdn 7). Wenn Änderungen beschlossen wurden, sollte der Verwalter den Eigentümern sinnvoller Weise die entsprechend der Beschlussfassung aktualisierten Einzelwirtschaftspläne zusammen mit dem Protokoll der Versammlung zukommen lassen.

 

Rz. 152

Wie erwähnt beschließen die Wohnungseigentümer im Rechtssinne über die Vorschüsse, nicht aber über den Wirtschaftsplan als solchen. Da sich die Tatsache, dass Vorschüsse auf Basis eines zu diesem Zweck erstellten Wirtschaftsplans zu zahlen sind, aus dem Gesetz und die Höhe der jeweiligen Vorschüsse aus den Wirtschaftsplänen ergibt, kann wie eh und je "der Wirtschaftsplan" (als Oberbegriff aller Einzelwirtschaftspläne) oder "die Wirtschaftspläne" beschlossen werden;[261] auch insoweit gilt das Gleiche wie bei der Jahresabrechnung (→ § 8 Rdn 5). Die wohl h.M. befürwortet aber einen an den Gesetzeswortlaut angelehnten Beschlusstext.

 

Rz. 153

Muster 8.10: Beschluss von Vorschüssen gemäß Wirtschaftsplan

 

Muster 8.10: Beschluss von Vorschüssen gemäß Wirtschaftsplan

Die Vorschüsse zur Kostentragung und zu den Rücklagen gemäß den Einzelwirtschaftsplänen für das Jahr 2023 (Druckdatum 17.5.2022) werden beschlossen. Die Vorschüsse gelten so lange, bis ein neuer Beschluss gefasst wird. Oder (nach hier vertretener Auffassung ausreichend): Die Einzelwirtschaftspläne für das Jahr 2023 (Druckdatum 17.5.2022) werden beschlossen. Sie gelten bis zum Beschluss eines neuen Wirtschaftsplans.

[257] LG Frankfurt/M. v. 15.3.2018 – 13 S 184/16, ZMR 2018, 537, Rn 27; BGH v. 13.1.2012 – V ZR 129/11, ZWE 2012, 125, Rn 12.
[260] BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, ZMR 2005, 547, Rn 55; LG Frankfurt/M. v. 30.11.2017 – 13 S 6/15, ZMR 2018, 430.
[261] So auch Lehmann-Richter/Wobst, § 10 Rn 790.

2. Wirtschaftsjahr, Fortgeltungsklausel, Zahlungsmodalitäten

 

Rz. 154

Gem. § 28 Abs. 1, 2 und 4 WEG ist der für den Wirtschaftsplan und die Abrechnung maßgebliche Zeitraum "das Kalenderjahr" (= Zeitraum 1.1. – 31.12.). Wenn nicht die Gemeinschaftsordnung eine abweichende Wirtschaftsperiode vorgibt oder ermöglicht (was nur selten der Fall ist), ist diese Regelung zwingend. Trotzdem legen viele Verwalter ihrem Rechnungswesen abweichende Wirtschaftszeiträume zugrunde, z.B. den Zeitraum vom 1.5. bis 30.4. Grund dafür ist meistens der (nachvollziehbare) Wunsch der Verwalter, die jährlichen Versammlungen nicht für alle von ihnen verwalteten Gemeinschaften im ersten Kalenderhalbjahr abhalten zu müssen, sondern über das Jahr verteilen zu können. Aber der Beschluss von Vorschüssen bzw. deren Anpassung auf Basis einer Jahresabrechnung oder eines Wirtschaftsplans, die nicht das (ganze) Kalenderjahr umfassen, dürfte auch nach neuem Recht anfechtbar sein.[262] Es hilft auch nichts, wenn die Abweichung vom Kalenderjahr einmal durch einen "Grundsatzbeschluss" eingeführt wurde; ein solcher Beschluss ist nichtig, weil zur Änderung des Gesetzes (Wirtschaftszeitraum = Kalenderjahr) keine Beschlusskompetenz besteht. Eine von Verwaltern freudig aufgegriffene und vielzitierte Ausnahme schuf das LG München I: Demnach sei es unzulässig, weil treuwidrig, entgegen einer jahrelangen Praxis "aus heiterem Himmel" die Jahresabrechnung mit Begründung anzufechten, sie weiche vom Kalenderjahr ab.[263] So unerfreulich derartige "überraschende Anfechtungen" auch sein mögen, man kann dem LG München I aus prinzipiellen Gründen trotzdem nicht zustimmen. Vielmehr gilt: "Es gibt keinen Vertrauensschutz für Verwalter, dass die bisher praktizierte von den Eigentümern hingenommene (falsche) Abrechnungsweise beibehalten werden darf. Es ist nicht treuwidrig, wenn der Anfechtende erstmals bisher akzeptierte Fehler zur Grundlage seiner Beschlussanfechtung macht."[264]

 

Rz. 155

 

Praxistipp

Das Wirtschaftsjahr sollte dem Gesetz entsprechend das Kalenderjahr...

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