Rz. 115

Wird der Rücklage – aus welchen Gründen auch immer, berechtigt oder unberechtigt – Geld entnommen, müssen die betreffenden Ausgaben zwangsläufig in der Gesamtabrechnung auftauchen. Dort wird allerdings nicht zwingend darauf hingewiesen, dass die betreffende Ausgabe aus der Rücklage entnommen wurde. Sinnvollerweise sollten deshalb auch die rücklagenfinanzierten Ausgaben Gegenstand der Einzelabrechnungen sein (str.).[200] Die Gegenauffassung verweist darauf, dass der Zweck der Einzelabrechnung in der Ermittlung der Nachschüsse bestehe und dass hierfür rücklagenfinanzierte Ausgaben keine Rolle spielen. Das stimmt zwar, ist aber zu kurz gedacht. Die Einzelabrechnungen sind aus der Gesamtabrechnung zu entwickeln und sollen die Ausgaben der Gemeinschaft deshalb vollständig ausweisen; und eine Ausgabe bleibt eine Ausgabe, auch wenn das Geld dafür aus der Rücklage stammt. In den Einzelabrechnungen darf die rücklagenfinanzierte Ausgabe nur nicht "ergebniswirksam" werden. Sie ist entweder mit einem Vermerk "Finanzierung aus der Rücklage" zu versehen und weist dann als Umlagebetrag "0" aus; oder ihr folgt zur "Neutralisierung" eine entsprechende Einnahme "Finanzierung aus der Rücklage" (so im Muster → § 8 Rdn 12). Andernfalls würden die Wohnungseigentümer keine Kenntnis über die Entnahmen aus der Rücklage erlangen, da eine separate Darstellung von deren Entwicklung nicht (mehr) zu den Pflichtbestandteilen der Jahresabrechnung gehört. Eine andere Frage ist es, ob die Finanzierung über die Rücklage zur Voraussetzung hat, dass dies zuvor beschlossen wurde. Die Frage ist zu verneinen, denn mit dem Beschluss über Nachschüsse legen die Eigentümer zugleich fest, welche Ausgaben über die Einzelabrechnungen refinanziert werden und welche über die Rücklage, somit also auch über die endgültige Höhe der Zuführung zur Rücklage im abgerechneten Jahr.[201] – dies allerdings nur, wenn die rücklagenfinanzierten Ausgaben auch in den Einzelabrechnungen aufgeführt werden. Werden sie darin nicht aufgeführt und gibt es auch keinen (ausdrücklichen) Beschluss darüber, die betreffenden Ausgaben aus der Rücklage zu finanzieren, ist der Abrechnungsbeschluss anfechtbar. Das Ergebnis ist dann nämlich falsch (zu niedrig), weil die betreffenden Ausgaben "ergebniswirksam" in den Einzelabrechnungen verteilt werden müssten.

[200] AG Unna v. 30.10.2019 – 18 C 8/19, ZMR 2020, 243; LG Frankfurt/M. v. 28.5.2020 – 13 S 6/19, WuM 2020, 670 m.w.N. A.A. LG Dortmund v. 13.12.2019 – 17 S 140/19, ZMR 2020, 216, Rn 19 (ohne erkennbares Problembewusstsein).
[201] So auch Bärmann/Pick/Emmerich, § 28 Rn 159.

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