1. Übersicht

 

Rz. 2

Es liegt keine Obliegenheitsverletzung des VN gegenüber dem RSV vor, wenn der VN – nach erfolgter Deckungszusage des RSV für eine arbeitsrechtliche Auseinandersetzung – einen Aufhebungsvertrag erhält und er dies dem RSV erst nachträglich mitteilt. Die Deckungszusage für eine arbeitsrechtliche Auseinandersetzung umfasst auch den Aufhebungsvertrag als einen im Arbeitsrecht üblichen Geschehensablauf und bedarf daher keiner gesonderten Anzeige des VN gegenüber dem RSV.

2. Fall

 

Rz. 3

Der VN möchte eine arbeitsrechtliche Auseinandersetzung mit seinem Arbeitgeber wegen einer drohenden Änderungskündigung führen. Der RSV erteilt Deckungsschutz für die arbeitsrechtliche Auseinandersetzung zur Abwendung einer Änderungskündigung gem. § 26 Abs. 3c) ARB 75. Schließlich einigt sich der VN mit seinem Arbeitgeber über einen Aufhebungsvertrag, der u.a. eine angemessene Abfindung beinhaltete. Nach Abschluss des Aufhebungsvertrages setzte der VN den RSV darüber in Kenntnis. Der RSV weigert sich nunmehr, die aufgrund der geführten Vertragsverhandlungen hinsichtlich des Aufhebungsvertrags entstandenen Kosten für die Inanspruchnahme des Rechtsanwalts zu zahlen. Die Ablehnung begründet der RSV damit, dass zum einen der Aufhebungsvertrag nicht von der Deckungszusage umfasst sei und zum anderen eine Anzeigepflichtverletzung durch den VN gem. § 15 Abs. 2 i.V.m Abs. 1a) ARB 75 vorläge, die zur Leistungsfreiheit des RSV führe.

3. Muster

 

Rz. 4

Muster 8.1: Aufhebungsvertrag

 

Muster 8.1: Aufhebungsvertrag

_________________________ Rechtsschutzversicherungs-AG

_________________________ (Anschrift)

Schaden-Nr.: _________________________

_________________________ (Anrede),

in der vorbezeichneten Angelegenheit nehme ich Bezug auf Ihr Schreiben vom _________________________, in dem Sie die Übernahme der Rechtsanwaltskosten ablehnen und sich auf Leistungsfreiheit gem. § 15 Abs. 2 ARB 75 berufen.

Vorliegend haben Sie mit Schreiben vom _________________________ Deckungsschutz für die arbeitsrechtliche Auseinandersetzung zur Abwendung der drohenden Änderungskündigung erteilt. An diese Deckungszusage sind Sie auch gebunden, da ein Aufhebungsvertrag dem üblichen Geschehensablauf einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung entspricht und somit von der Deckungszusage mit umfasst ist (vgl. dazu AG Buxtehude Urt. v. 10.11.1997 – 33 C 1324/96 –, r+s 1998, 246). Es bedarf daher auch keiner gesonderten Anzeige an den RSV (AG Buxtehude a.a.O.).

Ihnen waren zum Zeitpunkt der Erteilung der Deckungszusage alle tatsächlichen Umstände bekannt, u.a. auch der Umstand, dass noch keine Änderungskündigung ausgesprochen wurde. Der Aufhebungsvertrag war vorliegend eine Maßnahme zur Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens, das einer Änderungskündigung nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge nachfolgt (vgl. AG Buxtehude a.a.O.).

Abgesehen von der Tatsache, dass der Abschluss des Aufhebungsvertrages vorliegend nicht anzeigepflichtig war, fehlt es für die Annahme einer Obliegenheitsverletzung seitens des Versicherungsnehmers bereits an der gem. § 15 Abs. 2 ARB 75 erforderlichen Kausalität im Hinblick auf die Feststellung des Versicherungsfalles oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung (AG Buxtehude a.a.O.).

Alles in allem fordere ich Sie daher höflich auf, meine Gebührenrechnung vom _________________________ zu begleichen und die Rechtsanwaltsgebühren

in Höhe von _________________________ bis spätestens zum _________________________ auf mein o.g. Konto zu überweisen.

Freundliche Grüße

(Rechtsanwalt)

4. Hinweise

 

Rz. 5

Es besteht grundsätzlich keine Leistungspflicht mangels Eintritt des Versicherungsfalls bei einem bloßen Angebot eines Aufhebungsvertrages vonseiten des Arbeitgebers.[1]

 

Rz. 6

Will der Arbeitgeber mit dem Angebot des Aufhebungsvertrages aber zum Ausdruck bringen, dass er das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer in jedem Fall beenden will, ist ein Versicherungsfall gegeben.[2] Ein Versicherungsfall ist somit dann anzunehmen, wenn Tatsachen seitens des Arbeitgebers vorgetragen werden, die die Kündigung begründen können.[3]

 

Rz. 7

Gleiches gilt für den Fall, dass Umstände durch den Arbeitgeber herbeigeführt werden, die einer (Änderungs-)Kündigung gleichkommen, so insbesondere die Freistellung vom Arbeitsplatz und die Besetzung des Arbeitsplatzes mit einem Nachfolger.[4]

[2] OLG Saarbrücken, Urt. v. 19.7.2006 – 5 U 719/05–107 – zfs 2006, 703 = AnwBl 2006, 764.
[3] Prölss/Martin/Armbrüster, § 14 ARB Rn 3.
[4] AG Buxtehude a.a.O.

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