Rz. 126

Die Ausübungskontrolle greift in Fällen ein, wo der Ehevertrag zwar im Zeitpunkt seines Zustandekommens nicht sittenwidrig war und daher der Inhaltskontrolle standgehalten hat, der Begünstigte sich jedoch aufgrund veränderter Umstände nach § 242 BGB nicht mehr auf ihn berufen darf, weil dies einen Missbrauch seiner Rechtsmacht darstellen würde. Insoweit hat ein Vergleich der tatsächlichen Umstände zur Zeit des Vertragsabschlusses einerseits und zum Zeitpunkt der Anspruchsgeltendmachung andererseits stattzufinden.

 

Rz. 127

 

Beispiel

Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gingen beide Ehegatten davon aus, keine Kinder zu wünschen und aus biologischen Gründen auch keine bekommen zu können. Es wurde ein umfassender Ausschluss jeglichen Unterhalts vereinbart. F wird unerwartet schwanger. M will keinen Kindesbetreuungsunterhalt zahlen, weil dieser im Vertrag ausgeschlossen ist.

 

Rz. 128

Die Frage der Rechtsfolge stellt sich in anderer Weise als bei der Inhaltskontrolle. Da der Vertrag nicht sittenwidrig ist, kann er rechtlich nicht ignoriert werden.

 

Rz. 129

 

Praxistipp

Darf sich der begünstigte Ehegatte unter dem Gesichtspunkt des § 242 BGB auf die für ihn vorteilhafte, nicht sittenwidrige Klausel berufen?

Falls nein:

RECHTSFOLGE: Es gilt eine Regelung, die den jetzigen Belangen der (geschiedenen) Ehegatten an angemessener Weise Rechnung trägt.

Hält ein Vertrag der Ausübungskontrolle nicht Stand, führt dies also nicht dazu, dass das Gericht die gesetzliche Scheidungsfolge in Verzug setzt. Es erfolgt vielmehr eine Vertragsanpassung. Der Richter ordnet diejenige Rechtsfolge an, die den berechtigten belangen beider Ehegatten in angemessener Weise Rechnung trägt.[76]

Hierbei bildet die gesetzliche Rechtsfolge die Obergrenze.[77]

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