Leitsatz (amtlich)

Für die Frage, ob eine im Ehevertrag vereinbarte Regelung über den Ausschluss des Versorgungsausgleichs im Wege der Ausübungskontrolle gem. § 242 BGB anzupassen ist, kommt es auf die tatsächliche - nicht notwendig einverständliche - Gestaltung der Ehe an.

Zur Vertragsanpassung eines Ehevertrages gem. § 242 BGB, wenn der selbständig tätige Ehepartner, dessen Praxis Bestandteil seines Altersvorsorgekonzepts ist, diese Tätigkeit Ehe bedingt aufgegeben hat.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Urteil vom 20.05.2010; Aktenzeichen 134 F 4506/09)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 08.10.2014; Aktenzeichen XII ZB 318/11)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird das am 20.5.2010 verkündete Urteil des AG Tempelhof-Kreuzberg - 134 F 4506/09 - im Ausspruch über den Versorgungsausgleich geändert:

Zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei dem Versorgungswerk der Zahnärztekammer B. werden durch Realteilung für die Antrags-gegnerin bei dem Versorgungswerk der Zahnärztekammer B. Ren-tenanwartschaften von monatlich 386,07 EUR, bezogen auf den 31.03.2009, begründet.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.000 EUR festgesetzt

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der am 11.7.1947 geborene Antragsteller und die am 26.5.1959 geborene Antragsgegnerin haben am 26.5.1994 geheiratet. Am 18.5.1994 haben die Parteien einen Ehevertrag geschlossen (Vertrag des Notars R.K. vom 18.5.1994, UR-Nr. 180/1994), mit dem der Versorgungsausgleich ausgeschlossen, auf nachehelichen Unterhalt mit Ausnahme von Betreuungsunterhalt wechselseitig verzichtet und Gütertrennung vereinbart worden ist.

Für beide Parteien handelte es sich um die zweite Ehe. Die frühere Ehefrau des Antragstellers war verstorben, die Antragsgegnerin war geschieden. Beide Ehegatten haben je ein Kind mit in die Ehe gebracht, der Antragsteller einen 11 jährigen Sohn (C.), die Antragsgegnerin eine 10jährige Tochter (L.). Der Sohn des Antragstellers zog im Jahr 2000 aus dem elterlichen Haushalt aus, die Tochter der Antragsgegnerin im Jahr 2001 oder 2004, was zwischen den Parteien streitig ist.

Im März 2008 kam es zur räumlichen Trennung. Die Antragsgegnerin hatte zu diesem Zeitpunkt eine neue Beziehung und zog zu ihrem jetzigen Lebensgefährten. Der Antragsteller hat mit am 23.4.2009 zugestellten Schriftsatz die Scheidung beantragt.

Der Antragsteller ist von Beruf Zahnarzt und betreibt eine eigene Praxis. Mit der Praxis erzielte er zwischen 1993 und 1996 jährliche Gewinne i.H.v. 385.000 DM, 459.000 DM, 315.000 DM und 546.000 DM. Er hat in der Ehezeit Anwartschaften bei dem Versorgungswerk der Zahnärztekammer B. i.H.v. 772,13 EUR erwirtschaftet (Unterakte Bd. I Bl. 92f UA VA). Nach seinen Angaben beläuft sich seine Anwartschaft bei der Zahnärztekammer auf insgesamt 1.282,89 EUR monatlich. Weiterhin habe er eine Lebensversicherung über 100.000 EUR angespart. Bis 1967 hat er Rentenanwartschaften i.H.v. 73,52 EUR erworben (Auskunft der Deutsche Rentenversicherung Bund vom 14.12.2009, Bd. I Bl. 76 ff. UA VA).

Der Antragsteller war Eigentümer eines Hauses mit einer Wohnfläche von ca. 400 qm, in der die Familie zunächst lebte. Der Erwerb war Kredit finanziert. Die Parteien hatten eine Haushälterin, die an drei bis vier Tagen pro Woche für 6 Stunden beschäftigt war.

Die Antragsgegnerin ist von Beruf Physiotherapeutin. Sie betrieb im Zeitpunkt der Heirat eine eigene Praxis mit acht Angestellten in der S. 41b in B. Die Praxis hatte die Antragsgegnerin im Jahr 1988 zu einem Kaufpreis i.H.v. 180.000 DM gekauft. Zur Finanzierung hatte die Antragsgegnerin bei der B. ein endfälliges Darlehen über 140.000 DM bei einem Zinssatz von 6,10 % jährlich aufgenommen, dessen Tilgung durch eine bei der K. Lebensversicherungs AG abgeschlossene Lebensversicherung erfolgen sollte. Die Tilgung des Darlehens war zum 1.12.1999 vorgesehen. Die Lebensversicherung war auf 15 Jahre abgeschlossen, sollte jedoch nach zwölf Jahren durch Abruf der Überschussbeteiligung abgekürzt werden können. Auf die Lebensversicherung waren zunächst 2.134,16 DM und ab Januar 2000 2.108,20 DM im Quartal zu zahlen. Die Antragsgegnerin hatte ein weiteres Kontokorrentdarlehen über 50.000 DM bei einem Zinssatz von 7 % aufgenommen, dessen Tilgung aus den Geschäftseinnahmen erfolgen sollte. Die Antragsgegnerin hatte außerdem im Jahr 1991 eine Kapitallebensversicherung bei der N. Lebensversicherung AG abgeschlossen, die zum 1.10.2009 ablaufen sollte und ein Rentenwahlrecht beinhaltete (Versicherungsnummer 26...). Die Beiträge beliefen sich im Jahr 1993 auf 14.635,44 DM (durchschnittlich 1.219,62 DM monatlich). Eine weitere im Jahr 1992 abgeschlossene Kapitallebensversicherung bei der N. Lebensversicherung AG belief sich auf eine Kapitalsumme von 10.800 DM bei einer Laufzeit von 12 Jahren (Versicherungsnummer 06...), auf die Beiträge i.H.v. 150 DM monatlich vereinbart waren (Anlagen zu den Schriftsätzen der Antragsgegnerin vom 9.12.2010...

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