Rz. 109

Im Hinblick auf die neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle empfiehlt es sich, dem Vertragswerk eine Präambel voranzustellen, welche die aktuelle Situation beschreibt sowie die Entwicklung, welche die Ehe nach den gemeinsamen Vorstellungen der (künftigen) Eheleute nehmen soll.

 

Rz. 110

Wichtig ist der Personenstand, also ob die Erschienenen bereits miteinander oder (noch) anderweitig verheiratet sind und dass sie, falls noch nicht miteinander verheiratet, beabsichtigen, miteinander die Ehe zu schließen.

 

Rz. 111

Anhängige Familiensachen sollten unter Angabe von Verfahrensgegenstand, Gericht und Aktenzeichen benannt werden. Das gilt auch für Scheidungsverfahren mit "Noch-Ehegatten", falls mindestens einer der Erschienenen noch verheiratet ist.

 

Rz. 112

Ferner sollten sämtliche Kinder mit Vor- und Nachnamen, Geburtsdatum und Aufenthaltsort angegeben werden unabhängig davon, aus welcher Beziehung sie hervorgegangen sind (auch dies ist festzuhalten).

 

Rz. 113

Angegeben werden sollten sämtliche bisherigen ehebezogenen Rechtsgeschäfte, auch mit lediglich erbrechtlichem Bezug, seien sie notariell beurkundet oder nicht. Dies gilt auch für aufgehobene oder veränderte Verträge.

 

Rz. 114

Sodann sollte festgehalten werden, was die Erschienenen mit dem Ehe- oder Scheidungsfolgenvertrag erreichen wollen (z.B. Vorsorge für beabsichtigte Eheschließung; Vorbereitung der beabsichtigten Scheidung incl. Vorabregelung der Folgesachen und ggf. anderer regelungsbedürftiger Fragen).

 

Rz. 115

Folgende tatsächlichen Umstände eignen sich je nach Fallkonstellation für die Präambel:

Sämtliche bisherigen Ehe- und Scheidungsfolgen- sowie erbrechtliche Vereinbarungen, sofern sie nicht bereits eingangs der Urkunde erwähnt worden sind.
Bisherige und aktuelle berufliche Situation (zwei stichwortartige Berufsbiografien).
Einkommensverhältnisse.
Vermögensverhältnisse.
Beabsichtigtes Ehemodell und Rollenverteilung (bei vorsorgendem Ehevertrag).
Motivation der Beteiligten bei Scheidungsfolgenvertrag.
Kinderwunsch (fehlender oder gegebener), ggf. die (angenommene) biologische Unmöglichkeit, Kinder zu bekommen.
Gemeinsame oder einseitige und vom anderen Ehegatten akzeptierte Motive zur Modifizierung der gesetzlichen Regelungen.
bereits erworbene Altersversorgungsanrechte.
Bestätigung des Erhalts eines Urkundsentwurfs.
 

Rz. 116

Von besonderer haftungsrechtlicher Relevanz ist die Aufnahme aller bisherigen Verträge, am besten unabhängig von der Frage, ob die Beteiligten selbst der Ansicht sind, ob sie noch gültig sind oder nicht. Bereits im Rahmen der Notarhaftung, erst recht bei der den Notar privilegierenden Anwaltshaftung (vgl. § 13 Rdn 5 ff.) kann später Streit darüber aufkommen, was der Notar oder der Rechtsanwalt über das Vorhandensein älterer Verträge gewusst hat oder nicht. Eine allgemeine Nachforschungspflicht besteht insofern zwar nicht. Konkrete Anhaltspunkte können jedoch haftungsbegründend sein.[75]

 

Rz. 117

Muster 8.3: Präambel

 

Muster 8.3: Präambel

Die Erschienenen baten um die Beurkundung eines Ehevertrages und erklärten:

Wir sind beide deutsche Staatsangehörige und sind fest entschlossen, miteinander die Ehe einzugehen. Der standesamtliche Termin soll am _________________________ stattfinden.

Wir haben zu keinem Zeitpunkt vertragliche Regelungen über unsere künftige Ehe, eine Trennung oder eine Scheidung getroffen.

Wir haben keine gemeinsamen Kinder. Ich, der Erschienene zu 1., habe die Adoptivtochter _________________________, geb. am _________________________. Ich, die Erschienene zu 2., bin Mutter meines Sohnes aus erster Ehe v, geb. _________________________. Weitere Kinder sind nicht vorhanden

Ich, der Erschienene zu 1., habe ein Einkommen von monatlich netto _________________________ EUR, ich, die Erschienene zu 2., von _________________________ EUR.

Ich, der Erschienene zu 1., habe ein Vermögen von _________________________ EUR nach Abzug der Verbindlichkeiten, ich, die Erschienene zu 2., von _________________________ EUR.

Wir gehen davon aus, unser Einkommen und Vermögen damit gegenseitig im Wesentlichen dargelegt zu haben. Eine darüber hinausgehende Offenlegung in dieser Urkunde wird von keinem von uns gewünscht.

Wir wollen in unserer Ehe beide vollzeitig berufstätig sein. Wir gehen davon aus, dass aus unserer Ehe keine weiteren Kinder mehr hervorgehen und wollen eine partnerschaftliche Ehe ohne unterschiedliche Rollenverteilung führen, in welcher jeder Ehegatte vollzeitig berufstätig ist. Hieran sind wir in auch nicht durch gesundheitliche Einschränkungen gehindert. Wir sind beide Beamte auf Lebenszeit und wirtschaftlich jeder für sich abgesichert, sodass keiner auf den anderen abgesichert ist.

Mit diesem Ehevertrag wollen wir eine Regelung treffen, die im Falle von Trennung und Scheidung wechselseitige finanzielle Ansprüche ausschließt, soweit dies gesetzlich möglich ist, weil wir davon ausgehen, dass wir wirtschaftlich in keiner Weise aufeinander angewiesen sein werden.

Beide ...

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