Rz. 7

§ 623 BGB begründet seit dem 1.5.2000 ein konstitutives Schriftformerfordernis und verlangt bei Kündigungen oder Aufhebungsverträgen zu ihrer Wirksamkeit die Schriftform. Dass sich das Schriftformerfordernis i.S.v. § 623 BGB auch auf den Aufhebungsvertrag im Ausbildungsverhältnis bezieht, ist dabei im Hinblick auf § 10 Abs. 2 BBiG unstreitig.[13] Soweit es sich um einen Auszubildenden handelt, der volljährig ist, wird man eine Mitwirkung des Betriebsrates bei einem Aufhebungsvertrag ebenso wenig fordern müssen, wie die Zustimmung oder Genehmigung staatlicher Stellen[14] bei einer eventuellen Schwerbehinderung oder Schwangerschaft.[15]

 

Rz. 8

Ist der Auszubildende allerdings selbst Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung oder des Betriebsrats, so kann er auf seine Rechte aus § 78a BetrVG nur dann wirksam verzichten, wenn der Aufhebungsvertrag innerhalb der letzten sechs Monate des Ausbildungsverhältnisses abgeschlossen wurde. Vor diesem Zeitpunkt abgeschlossene Aufhebungsverträge sind unwirksam.[16]

 

Rz. 9

Ist der Auszubildende zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch minderjährig und damit beschränkt geschäftsfähig i.S.d. § 106 BGB, ist nach § 131 Abs. 2 S. 1 BGB die Kündigung gegenüber dem gesetzlichen Vertreter, also regelmäßig den Eltern auszusprechen. Liegt das elterliche Sorgerecht bei beiden Elternteilen, so ist nach § 1629 Abs. 1 S. 2 BGB jeder Elternteil empfangsberechtigt. Die Kündigung muss in diesem Fall zu ihrer Wirksamkeit nur einem Elternteil gegenüber ausgesprochen werden.[17] Der Ausnahmetatbestand des § 113 Abs. 1 S. 1 BGB kann auf Ausbildungsverhältnisse nicht angewendet werden, da von dieser Norm nur die Dienst- und Arbeitsverhältnisse erfasst sind, während beim Ausbildungsverhältnis gem. § 1 Abs. 2, 3 BBiG der Ausbildungszweck im Vordergrund steht.[18]

 

Rz. 10

Während dem außergerichtlichen Aufhebungsvertrag einige Unsicherheiten anhaften, kann dieser auch in der Form eines Prozessvergleichs vereinbart werden und hat dann, nach Vermittlung durch das Gericht, die höchste Akzeptanz unter den Beteiligten, da jede Hinweispflicht des Arbeitgebers dort endet, wo der Auszubildende durch einen Anwalt oder Gewerkschaftsfunktionär vertreten wird.[19] In diesen Fällen obliegt dem Arbeitgeber keinerlei Aufklärungspflicht.

 

Rz. 11

 

Praxishinweis

Ein Aufhebungsvertrag, der die vorzeitige Beendigung der Berufsausbildung regelt, bedarf grundsätzlich keiner Begründung. Diese empfiehlt sich allerdings, wenn von Seiten des Auszubildenden die Kündigung betrieben wird, da einige Manteltarifverträge für Aufhebungsverträge eine Widerrufsfrist von bis zu vier Wochen vorsehen. Durch die Fixierung der Kündigungsgründe des § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG wird für diesen Fall einer Anfechtung des Aufhebungsvertrages Einhalt geboten.

[13] ErfK/Müller-Glöge, § 623 BGB Rn 16; so auch Preis/Gotthardt, NZA 2000, 348, 354; Richardi/Annuß, NJW 2000, 1231, 1232.
[14] LAG München v. 2.11.1977, EzA § 305 BGB Nr. 3.
[15] Große, BB 1993, 2081.
[16] LAG Frankfurt v. 9.8.1974, EzA § 87a BetrVG Nr. 2 (allerdings zur alten Drei-Monats-Frist des § 5 Abs. 1 a.F.); Wohlgemuth/Pepping, § 24 Rn 57 m.w.N.; a.A. Künzl, in: Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, § 78a BetrVG Rn 87; Fitting, BetrVG, Rn 27: nur binnen der Drei-Monats-Frist des § 78a BetrVG mit strengen Maßstäben an die konkludente Verzichtserklärung – z.B. Aufnahme eines Studiums nach Abschluss der Ausbildung.
[17] ArbG Stade v. 19.11.1965, ARSt 1966 Nr. 35; Wohlgemuth/Pepping, § 22 Rn 77 m.w.N.
[18] Grüneberg/Ellenberger, § 113 Rn 2; Bauer, Rn 308; Große, BB 1993, 2981; Wohlgemuth/Pepping, § 22 Rn 77 m.w.N.; ErfK/Preis, § 113 BGB Rn 6.
[19] Hoß/Erich, DB 1997, 625.

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