Rz. 4

Dem Grundsatz der Vertragsfreiheit in den §§ 241, 305 BGB lässt sich entnehmen, dass die Vertragsparteien ein bestehendes vertragliches Schuldverhältnis durch Vereinbarung eines neuen Vertrages beenden können. Dieser Grundsatz wird auch auf Berufsausbildungsverhältnisse angewendet.[4]

 

Rz. 5

Solange dieser Aufhebungsvertrag zwingende Kündigungsvorschriften nicht umgeht, was der Fall wäre, wenn der Zweck einer unabdingbaren Rechtsnorm dadurch vereitelt wird, dass andere rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten missbräuchlich verwendet werden,[5] bleibt er zulässig. Ebenso wie § 626 BGB ist § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG, nach dem ein Berufsausbildungsverhältnis nach Ablauf der Probezeit, von dem Fall der Berufsaufgabe abgesehen, nur noch aus wichtigem Grund gekündigt werden kann, zwingendes Recht.[6] Insofern darf auch der für die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung erforderliche wichtige Grund nicht durch besondere vertragliche Gestaltungen beseitigt oder eingeschränkt und dadurch die dem Ausschluss der ordentlichen Kündigung liegende Schutzvorschrift umgangen werden. Dies ist nach Auffassung des BAG dann anzunehmen, wenn das Ausbildungsverhältnis enden soll, sobald das Zeugnis des Auszubildenden in einem Fach die Note "mangelhaft" erreicht.[7]

 

Rz. 6

Da der Aufhebungsvertrag gerade im Ausbildungsverhältnis Rechtsfolgen auslöst, die bisweilen erhebliche Nachteile für den Auszubildenden darstellen, ist umstritten, ob den Arbeitgeber und Ausbilder eine umfassende Hinweis- und Aufklärungspflicht hinsichtlich dieser Nachteile trifft. Das BAG geht hier von einer restriktiven Aufklärungspflicht des Arbeitgebers aus und vertritt die Auffassung, dass sich der Arbeitnehmer vor Abschluss des Aufhebungsvertrages grundsätzlich selbst Klarheit über die rechtlichen Folgen verschaffen müsse, wenn er die Beendigung von diesen Folgen abhängig machen wolle.[8] Hinweispflichten können deshalb nur in engen Grenzen angenommen werden.[9] In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung[10] und der Literatur[11] wird demgegenüber die Auffassung vertreten, der Arbeitgeber müsse alles dafür tun, eventuelle Schäden, die dem Arbeitnehmer durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages entstehen können, abzuwenden. Insbesondere dann, wenn der Anstoß zum Abschluss des Aufhebungsvertrages vom Ausbilder ausgegangen ist.[12]

[4] Jagenlauf, BB 1970, 1356. Schaub/Vogelsang, § 174 Rn 111; Wohlgemuth/Pepping, § 22 Rn 108; Lakies/Malottke/Lakies, § 21 Rn 7.
[5] Müller, S. 116; Opolony, BB 1999, 1708; Wohlgemuth/Pepping, § 22 Rn 101.
[6] BAG v. 13.12.1984, DB 1985, 1026 = BB 1985, 930.
[7] BAG v. 13.12.1984, DB 1985, 1026 = BB 1985, 930.
[8] BAG v. 10.3.1988, DB 1988, 2006; BAG v. 13.11.1996, NZA 1997, 390, 392.
[9] Wißkirchen/Worzalla, DB 1994, 577.
[10] ArbG Freiburg v. 20.6.1991, DB 1991, 2600; ArbG Hamburg v. 10.12.1990, BB 1991, 625; ArbG Wetzlar v. 7.8.1989, DB 1991, 976.
[11] MüKo-BGB/Schwerdtner, vor § 620 Rn 15.
[12] Wohlgemuth/Pepping, § 22 Rn 111.

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