Rz. 127

Zu einer Doppelbesteuerung kommt es neben der Sicherung von persönlichen Anknüpfungsmerkmalen in mehreren Staaten auch dann, wenn ein Land wegen des Wohnsitzes eine persönliche Steuerpflicht und ein anderes Land wegen des Belegenheitsortes des Nachlassvermögens eine sachliche Steuerpflicht annimmt. Vor diesem Hintergrund stellen sich zahlreiche Fragen, die neben dem inländischen Steuerrecht auch das ausländische nationale Recht betreffen.

 

Rz. 128

So wird beispielsweise die Beteiligung an einer Personengesellschaft, die keine Gewinneinkünfte erzielt, im deutschen Steuerrecht als "transparent" behandelt und daher auf die Beteiligung an den der Personengesellschaft gehörenden Wirtschaftsgütern abgestellt (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO, § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG), während es denkbar wäre, dass andere Länder eine derartige Beteiligung als solche besteuern. Fraglich könnte auch sein, wie ein Treuhandanspruch auf Herausgabe des Treugutes behandelt wird, um ein weiteres Beispiel zu nennen. Hier käme sowohl die Besteuerung des Anspruchs selbst in Betracht als auch die wirtschaftliche Betrachtungsweise mit der Folge, dass wie § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 AO auf das Treugut abgestellt wird. Diese bereits für die inländische Erbschaftsteuer sehr umstrittene Frage ist – soweit ersichtlich – noch nicht abschließend geklärt. Während die Finanzverwaltung früher die erste Lösung favorisiert hat, stellt sie derzeit auf die Rechtsfolgen des § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 AO ab.[104] Die möglichen unterschiedlichen Betrachtungsweisen könnten dann auch noch in verschiedenen betroffenen Staaten zu völlig unterschiedlichen steuerlichen Ergebnissen führen. Anders als wenn dem Erblasser das Treugut als solches zugerechnet wird, könnte möglicherweise nach der anderen Betrachtungsweise eine Besteuerung im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht dadurch vermieden werden, dass ein Treuhänder eingeschaltet wird, der ein Grundstück für den Erblasser hält. Vererbt würde dann nicht das Grundstück selbst, sondern ein Treuhandanspruch, also ein einseitiger Sachleistungsanspruch des Treugebers gegen den Treuhänder, auf Übereignung des Grundstücks. Ein Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks würde aber jedenfalls nach deutschem Verständnis nicht zum Inlandsvermögen gehören, da er in § 121 BewG nicht genannt ist.[105] Eine Ausnahme würde freilich dann gelten, wenn der Anspruch durch eine Auflassungsvormerkung gesichert wäre, da es sich dann auf jeden Fall um eine durch Inlandsvermögen gesicherte Forderung handelt (§ 121 Nr. 7 BewG).

 

Rz. 129

Steuerplanung bedeutet zu untersuchen, wie derartige Fälle im In- und im Ausland behandelt werden. Eine Doppelbesteuerung droht beispielsweise auch dann, wenn der eine Staat auf den Wohnsitz des Erblassers und der andere Staat auf den Wohnsitz des Erben abstellt. Es ist bereits dargelegt (siehe Rdn 11), dass auch die unterschiedlichen Anknüpfungspunkte im internationalen Erbrecht gerade in den Fällen des internationalen Entscheidungsdissenses ebenfalls mittelbar zu einer Doppelbesteuerung führen können.

[104] Vgl. zum Meinungsstand Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13b Rn 73 ff.
[105] Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 21 Rn 78.

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