Rz. 584

Im Erbprozess – und verwandten Rechtsgebieten – kommt die selbstständige Beweiserhebung bei folgenden Fallkonstellationen in Betracht:

Bewertungen

Bewertung von ausgleichungspflichtigen Zuwendungen (§§ 2050, 2057a BGB) im Zusammenhang mit der Erbteilung bzw. im Feststellungsprozess zur Vorbereitung der Erbteilung
Bewertung einzelner Nachlassgegenstände bei Übernahmerechten
Bewertung einzelner Nachlassgegenstände bei Teilungsanordnungen
Bewertung des Nachlasses bei Wertvermächtnissen (x Prozent des Netto-Nachlasswertes)
Bewertung eines geschenkten Gegenstandes im Zusammenhang mit Ansprüchen gem. §§ 2287, 2288 BGB.

Zustand einer Person in Bezug auf die Geschäfts-/Testierfähigkeit

des Testators/künftigen Erblassers im Zeitpunkt der Errichtung einer Verfügung von Todes wegen
im Zeitpunkt des Widerrufs einer Verfügung von Todes wegen
bei Entgegennahme der Widerrufserklärung beim gemeinschaftlichen Testament (§§ 2271 Abs. 1, 2296 BGB)[716]
im Zeitpunkt der Erklärung des Rücktritts von einem Erbvertrag (§ 2296 BGB)
bei Entgegennahme der Rücktrittserklärung
bei der Anfechtung einer bindenden Verfügung von Todes wegen (§ 2281 BGB)
bei der Entgegennahme der Anfechtungserklärung
bei der Anfechtung der Erbschaftsannahme/Erbschaftsausschlagung bzw. Vermächtnisannahme/Vermächtnisausschlagung
des Vollmachtgebers bei der Erteilung einer transmortalen bzw. postmortalen Vollmacht
des Vollmachtgebers beim Widerruf einer Vollmacht.
Zustand einer Person in Bezug auf Abstammungsfragen

Zustand einer Sache

bei der Miterbengemeinschaft: Zustand einer Sache nach einer Notverwaltungsmaßnahme seitens eines einzelnen Miterben gem. § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB (zur Klärung der Frage, ob der allein handelnde Miterbe sein Notverwaltungsrecht überschritten hat)[717]
bei der Vor- und Nacherbschaft: Zustand von Nachlassgegenständen bei einer Herausgabeverpflichtung seitens des nicht befreiten Vorerben bezüglich des Nachlasses an den Nacherben im Zustand einer fortgesetzt ordnungsgemäßen Verwaltung (§ 2130 Abs. 1 S. 1 BGB)
beim Erbschaftsbesitzer: Zustand von Nachlassgegenständen vor Bösgläubigkeit bzw. Rechtshängigkeit (im Hinblick auf die unterschiedliche Haftungssituation gem. § 2021 BGB einerseits und § 2024 BGB andererseits)
beim Testamentsvollstrecker: wenn der Verdacht einer nicht ordnungsgemäßen Verwaltung besteht unter dem Aspekt der Pflichtverletzung, die zum Schadensersatz bzw. zur Entlassung aus dem Amt führen kann (§§ 2219, 2227 BGB)
im Nießbrauchsrecht gem. §§ 1034, 1067, 1075 BGB.
[716] Die herrschende Auffassung in Rspr. und Lit. geht davon aus, dass ein Widerruf auch im Falle der Geschäftsunfähigkeit des anderen Ehegatten möglich ist, dann aber gem. § 131 BGB dem gesetzlichen Vertreter des Geschäftsunfähigen zugehen muss, um wirksam zu werden; LG Hamburg DNotI-Report 2000, 86; Helms, DNotZ 2003, 104; Zimmer, ZEV 2007, 159. A.A. Damrau/Bittler, ZErb 2004, 77: Mit Eintritt der Geschäftsunfähigkeit eines Ehegatten seien wechselbezügliche Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament schlechthin nicht mehr widerrufbar.
[717] Notverwaltungsmaßnahmen begründen eine Nachlassverbindlichkeit, für die nicht nur der Nachlass, sondern die Miterben gem. § 2058 BGB gesamtschuldnerisch haften.

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