Rz. 525

Nach den vom BGH im Urt. v. 11.2.2004[627] entwickelten Grundsätzen besteht keine Beschränkung der Ehevertragsfreiheit bei der Güterrechtswahl. Allerdings darf der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen nicht durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden.[628] Insofern unterliegen auch güterrechtliche Vereinbarungen, vor allem die Vereinbarung der Gütertrennung (= Ausschluss des Zugewinnausgleichs), der Wirksamkeitskontrolle (§ 138 BGB) und der Ausübungskontrolle (§ 242 BGB) durch die Gerichte.

So hat das OLG Stuttgart im Urt. v. 11.11.2004[629] einen Ehevertrag, der auch eine güterrechtliche Vereinbarung enthielt, für sittenwidrig erachtet.

Nach BGH[630] kann der Ausschluss des Versorgungsausgleichs in solchen Fällen zur Gesamtnichtigkeit des Ehevertrags führen, wenn die Ehefrau bei seinem Abschluss im neunten Monat schwanger ist und ihr der Vertragsentwurf erstmals in der notariellen Verhandlung bekannt gegeben wird.

Ist in einem Ehevertrag die Gütertrennung wirksam vereinbart, so bestimmt sich bei Vorhandensein von einem Kind oder zwei Kindern neben einem überlebenden Ehegatten die gesetzliche Erbfolge nach § 1931 Abs. 4 BGB (paritätische Beteiligung), bei Vorhandensein von mehr Kindern nach § 1931 Abs. 1 BGB (¼ für den überlebenden Ehegatten und ¾ für die Kinder).

Sollte die Gütertrennung nicht wirksam vereinbart sein, so würde der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelten mit einer Erbquote von der Hälfte für den überlebenden Ehegatten bei Vorhandensein von Kindern gem. §§ 1931 Abs. 1, 1371 Abs. 1 BGB.

Wird nach anderen Erbenordnungen geerbt, so ist der nach § 1931 BGB zu ermittelnde Erbteil nur dann um ¼ zu erhöhen, wenn der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft bestanden hat.

 

Rz. 526

Wegen dieser Unterschiede ist die Frage der Wirksamkeit eines Ehevertrags als Vorfrage im Erbenfeststellungsprozess zu klären. Möglicherweise sind diese Fragen bereits in einem Feststellungsurteil zu Lebzeiten beider Ehegatten rechtskräftig festgestellt.

Ist der Ehevertrag, der neben weiteren einseitig belastenden Regelungen auch einen Ausschluss des Güterstands der Zugewinngemeinschaft enthält, wegen einseitiger Dominanz des späteren Ehemanns sittenwidrig, beläuft sich der Erbteil der Ehefrau nach dem Tod des Ehemanns neben den Kindern auf 50 %.[631]

[627] BGH, Urt. v. 11.2.2004 – XII ZR 265/02, BGHZ 158, 81 = NJW 2004, 930 = FamRZ 2004, 601 m. Anm. Borth = ZNotP 2004, 157 = BGHR 2004, 516 m. Anm. Grziwotz = FPR 2004, 209 = FuR 2004, 119 = FF 2004, 79 = RhNotZ 2004, 150 = NotBZ 2004, 152 = MDR 2004, 573 = JuS 2004, 539; BGH FamRZ 2005, 1444 (sehr lesenswert!) m. Anm. Bergschneider und BGH FamRZ 2005, 1449.
[628] Aus BGH, Beschl. v. 6.10.2004 – XII ZB 110/99, FuR 2004, 545 = FamRZ 2005, 26, 28 (m. Anm. Bergschneider) = DNotI-Report 2004, 210 = ZFE 2005, 31: "Wie der Senat in seinem … Urt. v. 11.2.2004 (XII ZR 265/02 – FamRZ 2004, 601, für BGHZ 158, 81 vorgesehen) dargelegt hat, darf die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. …"
[629] OLG Stuttgart FamRZ 2005, 455.
[631] OLG Oldenburg ErbR 2018, 112 = FamRZ 2017, 2010 = ZEV 2017, 732.

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