Rz. 316

Anfechtungsberechtigt ist jeder, dem die Anfechtung der Verfügung unmittelbar zustatten kommt, also bspw. der gesetzliche Erbe, der Ersatzerbe, der Beschwerte bei Vermächtnisanordnung. Mehrere Anfechtungsberechtigte sind je einzeln anfechtungsberechtigt. Der Erblasser selbst hat kein Anfechtungsrecht, er kann das Testament widerrufen. Anders beim Erbvertrag: Dort hat auch der Erblasser wegen der bestehenden Bindung ein Anfechtungsrecht, §§ 2281 ff. BGB. Diese Vorschrift wird auf das bindend gewordene gemeinschaftliche Testament, das nicht nur von Ehegatten, sondern auch von eingetragenen Lebenspartnern errichtet werden kann (§ 2265 BGB, § 10 LPartG), analog angewandt.[396]

 

Rz. 317

Anfechtungsrecht beim wechselbezüglichen gemeinschaftlichen Testament:

§ 2285 BGB ergänzt das Selbstanfechtungsrecht, das dem Erblasser beim Erbvertrag gem. § 2281 BGB und in entsprechender Anwendung auch dem überlebenden Ehegatten beim gemeinschaftlichen Testament hinsichtlich seiner vertragsmäßigen bzw. wechselbezüglichen Verfügungen zusteht.[397] Die Selbstanfechtung erfordert dieselben Anfechtungsgründe i.S.v. §§ 2078, 2079 BGB wie die Anfechtung durch einen Dritten und kann gem. § 2283 Abs. 1, 2 BGB nur innerhalb eines Jahres ab Kenntnis vom Anfechtungsgrund oder Beendigung der Zwangslage erklärt werden. Falls das Anfechtungsrecht des Erblassers durch Ablauf der Anfechtungsfrist oder durch Bestätigung, § 2284 BGB, beim Erbfall bereits erloschen ist, ist daher gem. § 2285 BGB auch eine Anfechtung durch einen Dritten, die auf denselben Anfechtungsgrund gestützt werden soll, ausgeschlossen. Hat der Erblasser dagegen keine Kenntnis vom Anfechtungsgrund, beginnt auch die Anfechtungsfrist für ihn nicht zu laufen, so dass sein Anfechtungsrecht beim Erbfall nicht erloschen sein kann und eine Drittanfechtung daher möglich bleibt.

Aber: § 2285 BGB kann auf die Anfechtung von wechselbezüglichen Verfügungen des erstversterbenden Ehegatten durch Dritte – vor oder nach dem Tod des Überlebenden – nicht entsprechend angewendet werden, weil dem erstversterbenden Ehegatten selbst kein Anfechtungsrecht, sondern gem. § 2271 Abs. 1 BGB ein Widerrufsrecht hinsichtlich seiner wechselbezüglichen Verfügungen zusteht.[398]

[396] BGHZ 37, 333; BGH FamRZ 1970, 71.
[397] BGH FamRZ 1970, 79; BGHZ 37, 331.
[398] BGH ZErb 2016, 236 = ErbR 2016, 505 = FamRZ 2016, 1260 = NJW 2016, 2566 = ZEV 2016, 442.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge