Rz. 17

Sieht das Gericht nicht ausnahmsweise mangels Erfolgsaussicht von deren Durchführung ab, ist eine Güteverhandlung vor einer streitigen Verhandlung durchzuführen, §§ 278 Abs. 2, 272 Abs. 3 ZPO. Das persönliche Erscheinen der Parteien soll dazu angeordnet werden, § 278 Abs. 3 ZPO. Die erschienenen Parteien sollen zur Erörterung des Sach- und Streitstands angehört werden, § 278 Abs. 2 S. 3 ZPO.

 

Rz. 18

In der Güteverhandlung ist zunächst zu klären, ob die Parteien den Rechtsstreit noch einvernehmlich beilegen können. Sollte dieser Versuch erfolglos bleiben, wird unmittelbar im Anschluss daran die (streitige) mündliche Verhandlung durchgeführt.

 

Rz. 19

In der Güteverhandlung wird das Gericht den Sach- und Streitstand kurz referieren und möglicherweise knappe Ausführungen zu dem weiteren Procedere geben, z.B. zur Frage der Notwendigkeit einer Beweiserhebung und der Entstehung weiterer Kosten. Das Gericht wird eine grundsätzliche Einigungs-/Kompromissbereitschaft erfragen, sich in den meisten Fällen an beide Prozessparteien wenden und erörtern, ob eine – vergleichsweise – Einigung der Parteien in Betracht kommt, es sei denn, die – vorläufige – juristische Beurteilung fällt eindeutig zulasten einer Partei aus. Dann wird das Gericht vornehmlich auf die voraussichtlich unterliegende Partei eingehen und dem Beklagten ggf. empfehlen, die Klageforderung zu erfüllen oder, wenn die Klage keine Erfolgsaussichten hat, dem Kläger empfehlen, sie zurückzunehmen.

 

Rz. 20

In welcher Weise und Intensität eine Güteverhandlung stattfindet, hängt vom Ermessen des Vorsitzenden ab. Teilweise wird eine anberaumte Güteverhandlung lediglich formal abgehandelt, indem der Vorsitzende nur knapp fragt, ob Vergleichsmöglichkeiten bestehen oder nicht. Falls nicht beide Parteien Vergleichsbereitschaft signalisieren, wird die Güteverhandlung sofort für gescheitert erklärt. Teilweise werden Güteverhandlungen aber auch stark ausgedehnt geführt; es muss sogar damit gerechnet werden, dass Gerichte nachdrücklich auf die Parteien hinwirken, um den Streitfall vergleichsweise zu beenden. Gemäß § 278 Abs. 1 ZPO soll das Gericht in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.

 

Rz. 21

Da das Haftungsrisiko eines Vergleichs beim Anwalt – und nicht bei Gericht – liegt, sollte ein Vergleich nicht auf Drängen der Gegenseite oder gar des Gerichts geschlossen werden, wenn man in der Sache nicht dahintersteht.[6]

 

Rz. 22

Zudem empfiehlt es sich – auch mit Blick auf die Rechtsschutzversicherung des Mandanten hinsichtlich der Kostenregelung – vor dem Vergleichsschuss, dass die geäußerte (vorläufige) Entscheidungstendenz des Gerichts protokolliert wird. Dies entbindet zwar den Anwalt nicht von seiner Beratungspflicht gegenüber dem Mandanten, kann aber als Indiz herangezogen werden, wie das Gericht im Falle einer streitigen Entscheidung entschieden hätte oder weiterverfahren (z.B. mit einer Beweisaufnahme) wäre.

 

Rz. 23

Ist der Mandant nicht im Termin anwesend und auch nicht im Rahmen einer Sitzungsunterbrechung telefonisch erreichbar und wurde auch nicht ein Vergleichsrahmen vorher als instruierter Vertreter i.S.d. § 141 Abs. 3 ZPO verbindlich vorbesprochen, sollte ein Vergleich nur widerruflich geschlossen werden. Die Widerruffrist sollte nicht zu kurz bemessen sein, da eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist nicht möglich ist.[7] Seit der Einführung von § 278 Abs. 6 ZPO, d.h. der Einführung eines Vergleichsschlusses durch schriftsätzliche Erklärungen (zu einem eigenen Vergleichsvorschlag, des Gegners oder des Gerichts), ist die Bereitschaft der Gerichte zum Abschluss von Widerrufsvergleichen gesunken. Denn den Parteien bleibt es unbenommen, bis zum (üblicherweise dreiwöchigen) Verkündungstermin eine Vergleichsbereitschaft außergerichtlich abzustimmen und sodann durch schriftsätzliche Erklärung mitzuteilen, um dann nach § 278 Abs. 6 ZPO zu verfahren.

 

Rz. 24

Anstelle eines widerruflichen Vergleichsabschlusses im Termin kann das Gericht auch um einen zu Protokoll diktierten Vergleichsvorschlag nach § 278 Abs. 6 ZPO gebeten werden, welchen dann die Parteien binnen einer bestimmten Frist durch schriftsätzliche Erklärung annehmen können.

 

Rz. 25

Besteht Interesse an einer Güteverhandlung, z.B. weil man eigene Beweisschwierigkeiten fürchtet, kann bei Gericht ausdrücklich beantragt oder angeregt werden, die Güteverhandlung durchzuführen. Das Gericht wird ein solches streitschlichtendes Gespräch dann nicht als von vornherein aussichtslos betrachten können. Um zu erreichen, dass über die eigenen Vorstellungen einer vergleichsweisen Regelung gesprochen wird, kann in einem Schriftsatz bereits ein Vergleichstext vorgelegt werden. Es besteht dann die Aussicht, dass dieser zur Grundlage der weiteren Erörterungen wird; möglicherweise sogar, dass das Gericht diesen als eigenen Vorschlag übernimmt.

 

Rz. 26

Lassen sich die Parteien in der Güteverhandlung nicht auf einen Vorschlag des Gerichts ein...

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