Rz. 444

Die Beschwerde ist frist- und formgerecht gem. §§ 63, 64 FamFG zu erheben.

1. Beschwerde beim Ausgangsgericht einlegen

 

Rz. 445

Die Beschwerde kann wirksam nur bei dem Gericht eingelegt werden, dessen Entscheidung angefochten wird, vgl. § 64 Abs. 1 FamFG. Es ist nicht möglich bei dem Beschwerdegericht selbst Beschwerde einzulegen. Die Beschwerde darf auch keinesfalls "bedingt" eingelegt werden, etwa durch VKH-Bewilligung. Dies ist unzulässig.[641]

Eine Auslegung dahin, dass ein Schriftsatz nicht unbedingt als Rechtsmittel oder Rechtsmittelbegründung bestimmt ist, kommt aber nur in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt. Der Rechtsmittelführer wird nämlich eher das Kostenrisiko auf sich nehmen wollen, als von vornherein zu riskieren, dass sein Rechtsmittel als unzulässig verworfen wird.

 

Rz. 446

 

Hinweis

Zulässig ist auch die Einreichung eines VKH-Antrages für ein beabsichtigtes Rechtsmittel. Wird dann VKH bewilligt, muss Wiedereinsetzung beantragt werden, d.h. das Rechtsmittel ist dann in der Wiedereinsetzungsfrist einzulegen.[642]

"Eine arme Partei, die ein Rechtsmittel einlegen will, hat grundsätzlich Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn sie ihr Prozesskostenhilfegesuch bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eingereicht hatte (st. Rspr.).[643] Das setzt allerdings voraus, dass dem Antrag auf Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Rechtsmittelverfahrens innerhalb der Rechtsmittelfrist neben der ausgefüllten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auch die insoweit notwendigen Belege beigefügt waren.[644] Denn für den Regelfall schreibt § 117 Abs. 4 ZPO zwingend vor, dass sich der Antragsteller zur Darlegung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des durch die Verordnung vom 17.10.1994 (…) eingeführten Vordrucks bedienen muss. Der Antragsteller kann deswegen grundsätzlich nur dann davon ausgehen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe dargetan zu haben, wenn er rechtzeitig vor Ablauf der Rechtsmittelfrist einen ordnungsgemäß ausgefüllten Vordruck nebst den erforderlichen Anlagen zu den Akten reicht (…)."[645]

 

Rz. 447

Eine Einlegung der Beschwerde beim Rechtsmittelgericht ist nicht zulässig, wahrt insbesondere nicht die Rechtsmittelfrist.[646] Allerdings ist das Beschwerdegericht gehalten, die Beschwerde im ordentlichen Geschäftsgang an das Ausgangsgericht weiterzuleiten. Kontaktaufnahme mit dem zuständigen Gericht) können vom unzuständigen Gericht freilich nicht verlangt werden.[647]

 

Rz. 448

 

Praxistipp zu VKH

Der VKH-Antrag für ein erstinstanzliches Verfahren ist beim Amtsgericht – Familiengericht zu stellen, vgl. § 64 Abs. 1 S. 2 FamFG.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Beschwerdefrist ist nach Bescheidung des VKH-Antrags innerhalb der zweiwöchigen Wiedereinsetzungsfrist (§ 234 ZPO) beim Beschwerdegericht einzureichen. Innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist ist auch die versäumte Rechtshandlung – Beschwerde – nachzuholen. Diese ist dann wieder beim Ausgangsgericht (Familiengericht) einzulegen und später gegenüber dem Beschwerdegericht zu begründen (vgl. § 117 Abs. 1 S. 2 FamFG für Familienstreitsachen und Ehesachen).[648]

Ist die Beschwerdebegründungsfrist bei VKH-Bewilligung bereits abgelaufen, kann und muss auch wegen Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt werden, ggf. verbunden mit einem Fristverlängerungsantrag.[649]

[641] Vgl. BGH FamRZ 2011, 366.
[642] Vgl. dazu auch BGH FuR 2012, 436.
[643] Seit BGHZ 16, 1 [3] = NJW 1955, 345; BGH NJW-RR 2008, 942.
[644] BGH NJW-RR 2006, 140 = FamRZ 2005, 1901 [1902].
[646] Schürmann, FuR 2009, 130, 137.
[648] Büte, FuR 2013, 81.
[649] Ausführlich dazu Roßmann, FuR 2018, 348.

2. Inhalt der Einlegungsschrift, § 64 Abs. 2 S. 3 FamFG

 

Rz. 449

Der angefochtene Beschluss ist in der Einlegungsschrift zu bezeichnen. Die Beschwerdeführerin/der Beschwerdeführer muss unbedingt erklären, dass Beschwerde eingelegt wird. Beschwerdeführer und Beschwerdegegner sind in der Einlegungsschrift anzugeben.[650]

3. Die Beschwerdefrist, § 63 Abs. 1 FamFG

 

Rz. 450

Die Beschwerdeeinlegungsfrist beträgt nach § 63 Abs. 1 FamFG einen Monat und beginnt mit der – von Amts wegen erfolgenden – Zustellung des in vollständiger schriftlicher Form abgefassten Unterhaltsbeschlusses (§ 63 Abs. 3 FamFG). Die Rechtsmittelfrist beginnt spätestens, wenn eine schriftliche Bekanntgabe nicht erfolgt, mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.

4. Die Beschwerdebegründung, § 117 FamFG

a) Die Begründungspflicht

 

Rz. 451

§ 117 Abs. 1 S. 1 FamFG statuiert abweichend von § 65 FamFG eine allgemeine Begründungspflicht für Beschwerden in Unterhaltssachen. Danach muss der Beschwerdeführer einen bestimmten Sachantrag stellen und diesen begründen. Diese Verpflichtung beruht auf der auch in zweiter Instanz grds. geltenden Parteimaxime. § 68 Abs. 3 FamFG verweist für den Gang des weiteren Beschwerdeverfahrens auf die erstinstanzlichen Verfahrensvorschriften in Ehe- und in Familienstreitsachen, also grd...

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